Baustelle Baby (German Edition)
darüber nicht enttäuscht, sondern total happy bei meinem ausgiebigen Stöckchenwerf-Workout.
Und plötzlich dachte ich: Würde ich nicht eigentlich auch eine wunderbare Mutti abgeben? Gegenfrage: Musste ich denn? Meine Hundis waren schließlich die beste Psycho-Anti-Babypille, denn sämtliche Gutschi-Gutschi-, Kümmer- und Kuschelbedürfnisse waren durch die beiden schwarzen Riesenbabys top befriedigt. Falls es also mit eigenen Kindern tatsächlich nix wurde, bevor meine hauseigene Legebatterie geschlossen wurde, konnte ich mir immer noch ein paar Hunde zusätzlich anschaffen. Der Gedanke beruhigte mich. Ich kuschelte mich an meinen Freund und schlief wieder ein ...
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Doch irgendetwas war ab sofort anders. Ich tat plötzlich Dinge, die mir nie zuvor eingefallen wären. Bei Google gab ich zum Beispiel »Wechseljahre Beginn« ein. Bei medizinischen Themen im Internet zu recherchieren war doch sonst immer ein Fest. Sie wollen das Ergebnis wissen, kurz zusammengefasst? Gerne: Sie leiden an Schlaflosigkeit, gepaart mit Übermüdung, Gereiztheit, fliegender Hitze und einem unregelmäßigen Zyklus? Bingo! Die Vorboten des Klimakteriums klopfen an. Meistens so um die 40. Plus minus. Wenige Jahre später heißt es dann endgültig »over and out« für die Familienplanung – auf alle Fälle für die auf natürlichem Wege. Hmm!
Früher war die Idee »Baby« für mich eine abstrakte Möglichkeit gewesen wie die, dass man theoretisch irgendwann mal Machu Picchu besichtigen oder mit Yoga anfangen konnte – eben eine Option, über die man meistens nicht weiter nachdachte. Doch jetzt war dieser Gedanke auf einmal in meinem Unterbewusstsein implantiert. Das zarte Pflänzlein wurde immer dann gedüngt und gewässert, wenn coole und grundsätzlich sehr emanzipierte selbstbestimmte Frauen in meiner Umgebung plötzlich ein Plädoyer pro Kind hielten. Frauen, mit denen ich mich identifizieren konnte. Keine weichgespülten Liebchen, sondern echte Powergeschosse.
Etwa meine Kollegin Janine Kunze. Die meinte eines Tages – nachdem sie gerade schon ihr zweites Kind bekommen hatte – ohne jede Vorwarnung: »Mensch, Sonya, das würde dir auch so Spaß machen, das weiß ich! Du wärst bestimmt 'ne Supermami –verpass es nicht.« Ich sagte bei solchen Gelegenheiten immer reflexartig was von: »Aber was ist dann mit meiner Arbeit? Dann bin ich doch in null Komma nix weg vom Fenster.« Ein Argument, das Janine nicht gelten ließ, und sie musste es eigentlich wissen, wir arbeiteten ja in derselben Branche: »Papperlapapp! Ein Baby heißt doch nicht, dass du nicht mehr arbeiten kannst. Es wäre echt schade, wenn eine wie du nicht Mama werden würde.« Das ging runter wie Öl: Eine wie du. Also ich. Eine wie ich sollte ein Kind kriegen. Ja? Sollte sie? Wirklich?
Auch meine Gassigeh-Freundin Radost Bokel tutete plötzlich ins selbe Horn. Beim Spazierengehen mit unserer kleinen Hundeherde – ihre Jungs stehen meinen an Größe in nichts nach – und ihrem einjährigen Sohnemann sagte sie: »Du würdest ein Baby nicht bereuen, Sonya!« Merkwürdig: Sie sagte das einfach so, ich hatte nicht etwa gefragt, was ich tun soll. Nur gedacht. (Und, ich gebe es zu, vielleicht hatte ich gerade ein bisschen mit ihrem zuckersüßen Knirps geflirtet.)
Janine und Radost waren nur zwei von immer mehr Frauen um mich rum, die plötzlich aus dem Nichts anfingen, vom Mamadasein zu schwärmen. Und langsam geriet ich wirklich ins Grübeln: Was will mir diese Werbesendung sagen?
Irgendwie schienen sich jedenfalls alle verschworen zu haben. Und nicht nur in meinem direkten Umfeld, eigentlich die ganze Welt:
Plötzlich lauerten überall nur noch niedlich glucksende Babys und zuckersüße Kleinkinder, wo früher in meiner Wahrnehmung immer nur sabbernde und fußstampfende Terrorzwerge gehaust hatten. Außerdem wahre Invasionen von Schwangeren, die alle sensationell gesund und glücklich aussahen. Es gab kein Entkommen, überall waren sie: in der Fußgängerzone, in der Bahn, im Aufzug, sogar bei der Arbeit. Babys, Mütter und Schwangere. Dazu Männer, die begeistert von ihren Vaterfreuden berichteten. In denLäden lauerten niedlichste Babyklamotten, Design-Schnuller im Sonderangebot …
Kommt Ihnen das gerade alles unheimlich bekannt vor? Haben Sie sich schon mal gefragt, ob das ein Wink des Schicksals oder ähnlich Bedeutsames sein könnte? Ein kosmischer Fingerzeig? Eine Botschaft aus dem vierten Haus des Steinbocks oder gleich des ganzen Universums? Oder so
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