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Baustelle Baby (German Edition)

Baustelle Baby (German Edition)

Titel: Baustelle Baby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonya Kraus
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unverrückbar in der richtigen Position gehalten – und meinen Kleinen frei von blauen Flecken. Tja, und dann habe ich natürlich noch ein Möbelstück im Kinderzimmer, das eine, sagen wir, etwas spezielle Geschichte hat …
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    VERBRECHEN IN DER FRANKFURTER VORSTADT – AKTENZEICHEN XY UNGELÖST
    »Sonya? Sonya! Wach auf!« Völlig benommen öffnete ich die Augen – und vor mir stand ... Yeti?
    »Du, ich würde dich ja schlafen lassen, aber ich hab draußen was entdeckt, das wäre der optimale Stillsessel für dich!«, flüsterte das Wesen leise, aber bestimmt. Nein, es war doch nicht der Yeti, da stand meine Mutter in einem Outfit, das gegen jedes Vermummungsverbot verstieß und durchaus fürs Gassigehen am Polarkreis geeignet war. »Mama?! Was ist passiert?«
    »Pst, leise!« Sie deutete auf meinen selig neben mir pennenden Freund, zog die Fellmütze (ein Original aus den Siebzigern) ab und pustete ungeduldig den Schnee aus ihren dunklen Locken.
    »Hab ich doch gerade gesagt: Ich habe eben beim Gassigehen ein echtes Schmuckstück im Sperrmüll gefunden! Auf, zieh dir was Warmes an, ich kann das Ding alleine nicht schleppen!«
    Ich träumte anscheinend immer noch: »Du hast Schmuck im Müll gefunden? Und der ist so schwer, dass ich dir tragen helfen muss?« Meine Mutter stöhnte entnervt auf und zischte: »Jetztkomm, raus aus der Kiste! Nachher schnappt uns den noch einer weg.«
    Nach 35 Jahren des Zusammenlebens mit Marlene Kraus wusste ich, wann es angeraten war, einfach das zu tun, was sie wollte.
    Ein paar Minuten später stand ich also, dick eingepackt wie ein Michelin-Männchen, im Schneetreiben. Es war Anfang März, kurz nach Mitternacht und weit und breit keine Menschenseele auf der Gasse.
    »Komm, das Ding steht direkt an der Ecke!« Meine Mutter stapfte energisch voran und ich, immer noch völlig wirr, brav hinterher. Hey, ich war im fünften Monat und fiel spätestens um zehn in komatösen Tiefschlaf.
    »Da, siehste ihn? Gott sei Dank, er ist noch da!« Ich war allerdings gerade vollkommen schneeblind und sah gar nix, außerdem: Wer bitte schön sollte sich bei diesem Dreckswetter draußen rumtreiben? Außer meiner Mutter natürlich. Mama stoppte und wedelte hektisch den Schnee von einem undefinierbaren Haufen.
    »Guck dir das Möbel doch mal an!« Zärtlich strich sie die zentimeterdicke Schneeschicht beiseite und legte einen wuchtigen barocken Sessel frei. »Und so was stellt jemand auf den Sperrmüll!«, schimpfte sie. Allmählich begriff ich. Meine Mutter hatte sich von Schnee und Kälte nicht abhalten lassen und auf ihrer Abendrunde mit den Doggies im Sperrmüll getrüffelt. Trüffeln ist eine Kraus'sche Krankheit, die sie mir zu hundert Prozent vererbt hatte.
    »Oh Mama, der ist super.« Meine Mutter grinste triumphierend: »Sag ich doch! Der perfekte Stillsessel. Oder meinst du, ich hol dich für jeden Schrott aus dem Bett?« An dieser Stelle schwieg ich ausnahmsweise ganz diplomatisch. Auch die Entscheidung zum Stillen war für mich, im Gegensatz zu meiner Mutter, noch lange nicht gefallen ...
    »Komm, du schiebst, ich ziehe. Getragen wird das Monster keinen Zentimeter, Fräulein! Verstanden?« Klare Kommandos waren Mamas Stärke. »Aye-aye, Sir!«
    Und so schoben Mutter und Tochter Kraus den riesigen Sessel durchs nächtliche Schneegestöber. Die Beute wurde vorläufig in die Diele gestellt und begutachtet. »Also, der Bezug ist 'ne Vergewaltigung für den Sessel! Echt räudig, und die Polsterung ist total durch«, stellte ich nüchtern fest, als der Schnee runtergefegt war.
    »Ach, komm! Das machste doch gern neu.« Mama kannte meine Leidenschaft fürs Restaurieren alter Möbel mit Potenzial. »Wir müssen nur schauen, wie wir das Teil vor deinem Kerl verstecken. Der bekommt sonst einen Anfall, was wir hier wieder angeschleppt haben.«
    Leider war bei meinem »Mann im Haus« der Gehirnbereich »Heimwerken, Kreatives & Co.« schlichtweg nicht existent. Schraube oder Nagel? Zwischen beiden bestand für meine bessere XY-Hälfte keinerlei Unterschied. Mein Faible für »Schrott« – wie er sich ausdrückte – betrachtete er dementsprechend als hartnäckige psychische Störung. »Ach was!«, sagte ich. »Er soll den Sessel zu dir nach oben bringen, da möbel ich ihn auf und präsentiere dann später den fertigen Thron fürs Kinderzimmer.«
    Direkt nach dem Aufwachen wurde also der arme Kerl sofort missbraucht, allerdings nicht so, wie er sich das wünschte. Nur mit großem Murren fand der

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