Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
besucht hatten – in der Schwärze des Sprungraums. Auch wenn McMasters es in diesem Moment nicht wusste – keiner der Menschen, die die Zor begleiteten, würde jemals ins Imperium zurückkehren.
Mancher würde wohl sagen, dass die Gerechtigkeit gesiegt hatte.
Epilog
Nach nicht einmal sechs Monaten hatten sich die Imperiale Regierung und das Hohe Nest der Zor auf einen Friedensvertrag geeinigt, auch wenn von allen Seiten Proteste kamen. Julianne Tollivers Mehrheit in der Versammlung schwand, noch bevor in Genf alle Bäume ihr Laub abgeworfen hatten. Die Commonwealth-Partei unter der Führung des Abgeordneten Tomas Hsien erzwang ein Misstrauensvotum, lange bevor der Versammlung ein Entwurf des Friedensvertrags zur Begutachtung vorgelegt wurde. Aus den anschließenden Wahlen ging die Dominion-Partei zum ersten Mal in fast einhundert Jahren als Verlierer hervor, und Imperator Alexander sah sich gezwungen, Hsien zum neuen Premierminister zu ernennen.
Die sterblichen Überreste von Captain Stone wurden zusammen mit dem verwandelten Leichnam von Captain Smith dem Imperialen Geheimdienst übergeben. Eine Untersuchung der Leichname ergab ebenso wie eine Analyse der wenigen Bruchstücke von Stones bizarrer Waffe keinerlei Hinweis auf die Hintermänner, ihre Motive oder ihre Herkunft. Von den beiden Toten abgesehen, gab es keinen Beweis dafür, dass überhaupt irgendetwas vorgefallen war. Niemand zeigte sich überrascht, dass die Agency aus allen offiziellen Aufzeichnungen jeden Hinweis auf diese Geschehnisse löschte.
Trotz seiner heftigen Schmähungen des vorangegangenen Krieges und dringenden Warnungen über ein Wiederaufleben der Feindseligkeiten sowie der Bedrohung, die von Admiral Marais ausging, unterzeichnete Premierminister Hsien den Vertrag von E’rene’e am 12. Februar 2312, ein Jahr nach dem Angriff auf Pergamum. Damit war das letzte Kapitel im Kampf zwischen der Menschheit und den Zor abgeschlossen.
Später an diesem Tag war Hsien damit beschäftigt, anstehende Gesetzesänderungen durchzuarbeiten, die in der Versammlung diskutiert werden mussten, als auf einmal die Türglocke ging.
»Ich habe doch gesagt, ich will nicht gestört werden«, zischte er und sah auf. Ein Besucher betrat das neu eingerichtete Büro und zog die Tür hinter sich zu. Der Mann war ein Weißer, trug aber weder eine Uniform noch irgendwelche Abzeichen. Vielmehr ließ sein unauffälliger Anzug ihn so wirken wie einen jener Geschäftsleute, denen man in der Großen Passage zu Dutzenden begegnete. Lediglich die Narbe über dem linken Auge verlieh seinem Gesicht einen etwas verdutzten Ausdruck. Hsien glaubte, den Mann schon einmal gesehen zu haben, konnte ihn jedoch nicht einordnen.
»Wer zum Teufel sind Sie denn?«
»Mein lieber Premierminister«, sagte der Mann. »Mein Name ist Smith.« Er hielt Hsien eine ID-Marke hin, die ihn als Agenten des Imperialen Geheimdienstes auswies. »Man hat mich geschickt, um mit Ihnen gewisse Angelegenheiten zu besprechen.«
»Ich habe jetzt keine Zeit.«
Der Agent gab einen Laut von sich, der leicht entrüstet klang. Dann zog er sich einen Sessel heran und setzte sich gegenüber von Hsien an den Schreibtisch. Der neue Premierminister war sichtlich verärgert, seine Hand wanderte zur Konsole seines Readers.
»Mr Hsien, ich glaube, Sie sollten Ihre Termine verlegen.«
»Warum sollte ich mich überhaupt mit Ihnen abgeben? Wenn ich die Hilfe Ihrer Agency benötige, werde ich den Direktor anrufen. Sie haben sich schon viel zu oft in Regierungsangelegenheiten eingemischt, aber jetzt ist damit Schluss.«
»Mr Hsien«, wiederholte der Agent in einem Tonfall, als würde er einen ungezogenen Schuljungen tadeln. »Nach der langen und lohnenswerten Beziehung zwischen unserer Organisation und Ihnen wollen Sie sich auf einmal auf das hohe Ross setzen?« Er musste sich zwingen, nicht lauthals zu lachen.
»Mir ist klar, dass Ihnen das nicht gefällt. Sie alle« – er meinte eindeutig die ganze Agency – »sind von dem Verlangen erfüllt, Ereignisse und Menschen so zu manipulieren, wie es Ihnen gefällt. Nun … lassen Sie sich gesagt sein, dass eine neue Zeit angebrochen ist. Ich werde mich von Ihnen nicht manipulieren lassen.«
»Ach ja?« Der Agent wurde wieder ernst. »Sie scheinen da zu vergessen, Premierminister, dass Sie vor sechs Monaten nach A’anenu gereist sind, um Admiral Marais Ihre Unterstützung anzubieten. Jenem Admiral Marais, den Sie seit kurzem Tag für Tag in der Versammlung als
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