BE (German Edition)
ehemaligen DDR gedreht. Bernd kam nur ein halbes Dutzend Mal am Set vorbei und hat sich überhaupt nicht eingemischt. Er hatte mir den Produktionsleiter vermittelt, der vor Ort war. Bernd kam nur zu den Mustervorführungen. Er sah die Bilder und sagte: »Das wird ein wunderschöner Film!« Er liebte die Bilder! Das war für mich eine erstaunliche Situation, dass da ein wirklicher Cineast mit einer echten Liebe zu Bildern in den Produktionssektor drängte. Das hat auch das Spiel zwischen Gernot und mir sehr angeregt. Wir fühlten uns beide sehr bestätigt. Die Mustervorführungen fanden in einem von diesen fünfziger Jahre Kinos in Helmstedt, mitten in der Provinz, statt. Das hatte eine große Leinwand, und alles war ein bisschen schäbig und heruntergekommen. Da saßen wir und sahen unsere Bilder in Schwarz-Weiß. Bernd hatte mich bestärkt darin, Schwarz-Weiß zu drehen. Das fand ich auch sehr erstaunlich, denn damals war es schon lange üblich, in Farbe zu drehen. Aber das war eben Bernds cineastisches Gemüt.
Was ist dann mit dem fertigen Film passiert?
ER: Bernd hat dann noch eine kleine Premiere für den Film im ARRI Kino in München organisiert. Aber leider hat »Stunde Null« nie einen Verleih gefunden und kam nie in die Kinos. Das ist natürlich sehr schade, denn ich finde, das ist einer meiner schönsten Filme. Aber es ist eben ein richtiger Arthouse-Film. Wirklich vollkommen kompromisslos in der Schilderung atmosphärischer Dinge und nahezu ohne Handlung. Ein Stimmungsbild des Kriegsendes, wie es eigentlich bis dahin nie gemacht worden war. Das war meine erste Begegnung mit Bernd.
Dass Bernd so einen atmosphärischen Arthouse-Film produziert hat und sich dafür auch begeistern konnte, finde ich interessant. Denn so sehr er auch immer auf den erzählerischen Sog gepocht und im Schneideraum Druck gemacht hat, hatte ich immer das Gefühl, dass er eine heimliche Liebe zu Stimmungsbildern und handlungsfreien, rein atmosphärischen Szenen hatte. Diese heimliche Liebe kommt zum Beispiel in der großen Ball-Szene in »Das Mädchen Rosemarie« zum Vorschein.
ER: Ja, dass er diese Liebe hatte, glaube ich auch. So habe ich ihn auch kennengelernt. Er war damals noch nicht als der Erfolgsproduzent bekannt. Damals war er einfach nur Cineast, so von der Schule und seinen Neigungen. Was ich wirklich am meisten an ihm bewundert habe, war seine direkte Art, Menschen zusammenzubringen. Sich da überhaupt nicht beirren zu lassen. Sein Gefühl sagte ihm: Die und die passen zusammen. Denn eine Beziehung zwischen einem Regisseur und einem Kameramann ist etwa so schicksalhaft und tiefgreifend wie eine Ehe.
Wie hat Bernd damals auf Sie gewirkt?
ER: Er schien noch nicht entschieden, wo sein Weg hinführt. Einerseits hatte er dieses Cineastische, liebte Bilder und hatte alle möglichen Vorbilder, aber dass es mal massiv in Richtung Produktion gehen würde, das war noch nicht so deutlich zu erkennen. Ich hatte das Gefühl, dass er ein Suchender ist, und das machte ihn auch sympathisch. Denn gerade im deutschen Film hatte man die Leute satt, die immer wussten, wie es geht. Nun war ich ein Stück älter als er. Wir waren in meiner Generation diejenigen, die mit dem Suchen und dem Versuch, die ganze Szene neu zu gestalten, angefangen hatten. Aber wir waren erfolglos dabei gewesen. Das muss man auch sehen. Bernd war sehr viel stärker als die Leute in meinem Alter erfolgsorientiert. Das war etwas, was er ausstrahlte: Er wollte Erfolg haben mit dem, was er macht.
Gab es Konflikte zwischen Ihnen?
ER: Also in meinem Fall nie.
Bernds zweite berufliche Begegnung mit Edgar Reitz sollte durch dessen legendäre Fernsehserie »Heimat« stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt war Bernd allerdings schon in die Constantin Film eingestiegen. Während Bernds Solaris-Zeit gab es zwei Regisseure, mit denen er mehrmals zusammenarbeitete: Hans-Jürgen Syberberg und Hans W. Geißendörfer. Nachdem er bei »Perahim – die zweite Chance« sowohl als Co-Drehbuchautor mitgewirkt als auch die Produktion durchgezogen hatte und bei »Die Eltern« ebenfalls am Drehbuch mitgeschrieben hatte, führte er bei der Solaris die Produktionen »Die Wildente«, »Die gläserne Zelle« sowie die TV-Serie »Theodor Chindler – Die Geschichte einer deutschen Familie« durch. Dabei war es »Die Wildente«, die Bernd unfreiwilligerweise zurück in ein Casino führte. Geißendörfer hatte nämlich den Drehplan überschritten. Bernd kam eines Tages zu seinem Regisseur und
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