Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
Vom Netzwerk:
am Porsche, vielleicht an den schicken Alain-Delon-Anzügen, aber Geißendörfer vermutete dahinter einen faulen Devisentrick und erwähnte dies gegenüber dem WDR, der die Serie finanzierte. Der WDR hatte keine andere Wahl, als die Produktion einzufrieren, bis die Sache geklärt war. Bernd war fassungslos. Er konnte nicht mehr weiterdrehen, denn er konnte sein Team nicht bezahlen. Und er konnte es sich auch nicht leisten, das Team einfach herumsitzen zu lassen und auf eine Entscheidung des WDRs zu warten. Wenn diese Produktion den Bach runterging, dann stand er vor dem finanziellen Ruin.
    Dann tat er etwas, an das er sich immer mit einem leichten Gruseln erinnerte, denn es war eine der wenigen illegalen Aktionen während seiner Produzentenkarriere: Bernd stellte einen ungedeckten Scheck aus. Dann rief er den Leiter seiner Sparkassenfiliale an und erklärte: »Sie werden in ein paar Tagen einen von mir ausgestellten Scheck erhalten. Ich bitte Sie, lösen Sie den Scheck nicht ein, sondern tun Sie ihn einfach wieder unten in den Poststapel – so als hätten Sie ihn gar nicht bekommen. Ich verspreche Ihnen, ich werde die Sache lösen, und Sie werden keinen Ärger mit mir bekommen.« Der Plan ging auf. Jeden Morgen schnappte sich der Filialleiter die neue Post, bis schließlich der von Bernd erwähnte Scheck auftauchte. Diesen fischte er heraus und schob ihn so lange von der einen Seite seines Schreibtisches auf die andere, bis Bernd die Angelegenheit mit dem WDR geklärt hatte. Aber die Sache mit dem ungedeckten Scheck vergaß Bernd nie. »Das war knapp«, meinte er. »Ich hätte im Gefängnis landen können. Aber zum Glück hatte ich eben diesen Filialleiter meiner Sparkasse, der mich mochte.«
    »Theodor Chindler und der ungedeckte Scheck« ist eine von den Gruselgeschichten, die Bernd gerne seinen Drehbuchassistentinnen erzählte, denen er seine Drehbücher diktierte und die zumeist zwei Monate lang bei uns wohnten. In der Regel studierten sie an der Filmhochschule und wollten Produzentinnen werden. Und die Moral von der Geschicht’? Erstens: Schreibe keine ungedeckten Schecks, außer dein Sparkassenleiter findet dich toll und wäre am liebsten selbst gerne beim Film. Und zweitens: Werde Produzent und kein Quasi-Produzent, der eigentlich Herstellungsleiter ist, aber dennoch das finanzielle Risiko trägt. Denn obwohl Bernd offiziell bei seinen Solaris-Produktionen als Produzent gelistet ist, war seine Aktivität nicht die eines Produzenten, sondern die eines Herstellungsleiters. Die Filme, die Bernd bei der Solaris produzierte, hatten nicht wirklich etwas mit ihm zu tun. Es waren Auftragsarbeiten, Gesellenstücke. Für Bernd bedeutete es eine sportliche Herausforderung, Produktionen durchzuziehen, die alle anderen Produzenten oder Herstellungsleiter abgesagt hatten, weil sie meinten, dass nicht genügend Geld vorhanden sei. So entstanden neben den schon erwähnten Filmen von Wim Wenders, Edgar Reitz, Hans W. Geißendörfer und Hans-Jürgen Syberberg auch »Der starke Ferdinand« von Alexander Kluge, »Taugenichts« von Bernhard Sinkel und »Lieb Vaterland magst ruhig sein« von Roland Klick. 1977 arbeitete Bernd auch erstmals mit Wolfgang Petersen zusammen. Der Film hieß »Die Konsequenz«. Jürgen Prochnow, der später als Kapitän in Petersens »Das Boot« weltberühmt werden sollte, spielt darin einen Homosexuellen, der wegen Verführung Minderjähriger ins Gefängnis muss und sich dort in den Sohn eines Aufsehers verliebt. »Die Konsequenz« ist ein Fernsehfilm, der damals viel Aufmerksamkeit erregte, da er sich das Tabuthema Homosexualität vornahm. Die Liebesgeschichte der beiden Männer wurde genauso wenig hinterfragt, wie man eine heterosexuelle Liebe hinterfragen würde. Das provozierte und erregte viel Aufmerksamkeit – nicht nur für Wolfgang Petersen, sondern auch für Bernd.
    Maximilian Schells »Geschichten aus dem Wienerwald« führte ihn 1979 wieder nach Wien zurück. Bernd war gerne in Wien, vor allem weil er hier – laut seinen Erzählungen – ein ziemlich reges Sexualleben führte. Bernd erzählte mir, dass er während dieser Dreharbeiten mehrere Affären gleichzeitig mit Frauen hatte, die allesamt masochistisch veranlagt und bereit waren, gewisse Erniedrigungen auf sich zu nehmen.
    Wer diese Wiener Geschichten allerdings nicht besonders spannend fand, war Bernds feste Freundin zu Hause in München. Bernds Gefallen an der sexuellen Revolution und der freien Liebe konnte und wollte sie nicht

Weitere Kostenlose Bücher