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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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Kleiner im Schlamm versinkt und immer magerer und schwächer wird. Und eines Tages, nach Jahren, entdeckt jemand sein |29| Gerippe. Aber womöglich schlägt er auch beim Verhungern Krach und bricht mit letzter Kraft aus seinem Käfig aus.
    Ich stelle mir eine Wiese voller toter Schafe vor und einen schwarzen Schatten, der zielstrebig auf ein abgelegenes Häuschen zutappt. Ich stelle mir vor, dass ein Baby weint.
    Er weiß, dass er nicht brüllen darf, solange es hell ist. Das hoffe ich jedenfalls. Einmal habe ich mich vormittags angeschlichen. Er hat mich offenbar gehört und hat sich von seiner Stufe ins Wasser gleiten lassen, denn als ich durchs Gitter spähte, waren nur noch ein paar kleine Wellen im Becken und eine feuchte Schleifspur auf dem Beton zu sehen, wo er sich gesonnt hatte. Vielleicht fürchtet er sich ja vor Menschen. Hoffentlich.

    Vier Jahre ist es jetzt her, dass ich ihn hierher an den Stausee verfrachtet habe.
    Ich halte mich nicht gern an öffentliche Wege, ich streune lieber herum, krieche durch Zäune, klettere auf Bäume und nehme Abkürzungen durch fremde Gärten. Als Kind bin ich abends oft mit meinem Bruder Selby zur Hauptstraße gegangen. Gleich neben dem alten Fernmeldegebäude ist eine Feuerleiter, und wenn man auf den Zaun steigt, kann man über die Leiter aufs Dach klettern. Von da kann man aufs Dach vom Einkaufszentrum springen und von dort aus kommt man dann auf fast alle Dächer entlang der Hauptstraße. Wir haben oft dort oben gesessen und Leute beobachtet. Es war verlockend runterzuspucken, aber uns war klar, dass wir nicht mehr herkommen |30| könnten, wenn wir erwischt würden. Es war unser Geheimnis. Meins und Selbys.
    Auch damals habe ich den befestigten Weg verlassen, weil ich einen Fuchs verfolgt habe. (Zugegeben, ich war ziemlich schräg drauf zu der Zeit.) Der Fuchs und ich sind um die Bäume herum und durchs hohe Gras gelaufen, dann ist er mitten durch eine Dornenhecke und ich hinterher. Wir kamen auf einer Lichtung zwischen dem Seeufer und ein paar Bäumen heraus und da war so eine komische Konstruktion halb in die Böschung reingebaut.
ACHTUNG – BETRETEN VERBOTEN
, stand auf einem Schild. Aus einem Loch an der Vorderseite kam Wasser gesprudelt und lief durch eine Rinne in den Stausee. Ich ließ den Fuchs Fuchs sein und sah mir die Sache an.
    Es war eine Art ins Ufer einbetonierter Käfig, ungefähr fünf Meter lang, zwei Meter hoch und mit Brombeerranken zugewachsen. Das Dach und die Wände waren aus rostigen Eisenstangen und im Dach war eine Luke mit einem alten Vorhängeschloss dran. Der Käfig war in ein moosbewachsenes Betonbecken eingelassen. Durchs Gitter konnte man erkennen, dass das Becken voll Wasser war. Es sah tief aus. Man konnte nicht bis auf den Grund sehen. Stufen führten hinein und ein rostiger Pumpenschwengel schaute heraus. Aus der hinteren Wand ragte ein Plastikrohr, aus dem es tröpfelte.
    Das Ganze sollte offenbar irgendwie dazu dienen, Wasser aus einer unterirdischen Quelle oder so in den Stausee zu pumpen. Oder es hatte mit dem Grundwasserspiegel zu tun. Ist ja auch egal, jedenfalls sah es nicht aus, als ob es noch benutzt würde. Ein senkrechter Gitterstab war oben |31| schon herausgebrochen und das Dach war fast zugewuchert. Das Ganze machte den Eindruck, als wäre es genau das, was ich suchte.

    Ich passe immer höllisch auf, wenn ich hingehe. Ich bleibe ewig im Dunkeln stehen und horche, damit keiner mitkriegt, dass ich mich in die Büsche schlage. Ich bin viel vorsichtiger als der blöde Fuchs damals. Wenigstens ist mein Kleiner jetzt wieder still. Ein Glück. Sein Gebrüll hört sich schrecklich an. Man will sofort kehrtmachen und wegrennen. Erst wenn ich ganz sicher bin, dass mich niemand beobachtet, verlasse ich den Weg. Ich husche zwischen den Bäumen durch und zwänge mich durch die Brombeerhecke. Weil ich so oft herkomme, ist an der Stelle schon eine Lücke. Jetzt bin ich gleich da und höre ihn schon schnauben und plätschern. Er knurrt, ein dumpfer, heiserer Laut, der sich anhört, als käme er ganz tief aus seinem Bauch.
    Er hat mich gerochen.
    Ich höre ihn in seinem Käfig herumplanschen. Ein Wasserspritzer trifft mich ins Gesicht. Ich knie mich auf die Umrandung und spähe durchs Gitter. Im Dämmerlicht sieht man ein Auge funkeln. Den Schlüssel zum Vorhängeschloss habe ich in der Tasche. Ich habe Angst. Ob ich will oder nicht. Du hättest garantiert auch Schiss. Die Luke ist oben im Dach. Er kann nicht raus. Trotzdem zittere

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