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Beastly (German Edition)

Beastly (German Edition)

Titel: Beastly (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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Jetzt studierte ich erst mal das Zimmer. Die bis zur Perfektion gebohnerten Fußböden schimmerten neben Teppichen in Grün- und Goldtönen. Es roch nach Zitronenreiniger und Dutzenden von Rosen. Ich hatte gelbe ausgesucht, weil ich gelesen hatte, dass sie Freude, Frohsinn, Freundschaft und die Verheißung eines Neuanfanges symbolisierten, und sie überall in der Wohnung in Waterford-Kristallvasen verteilt. Ihr zu Ehren hatte ich eine neue Rose gekauft, eine gelbe Miniaturrose, die »Little Linda« hieß. Ich hatte noch keine davon geschnitten, aber ich würde sie ihr zeigen, wenn sie das erste Mal das Gewächshaus besuchte. Bald. Ich hoffte, sie würden ihr gefallen. Ich wusste, das würden sie.
    Ich ging zur Tür ihrer Wohnung und gab der Tür mit einer Schablone und einem winzigen, in Gold getauchten Pinsel den letzten Schliff. In meinem früheren Leben war ich nie akkurat gewesen, aber das hier war wichtig. In perfekter Schrift stand auf der Tür:
     
    Hier wohnt Lindy
     
    Als ich zurück in mein Zimmer ging, schaute ich in den Spiegel, den ich jetzt wieder neben dem Bett aufbewahrte. »Ich möchte Lindy sehen«, sagte ich.
    Er zeigte sie. Sie schlief, weil es bereits ein Uhr war. Neben der Tür stand ein kleiner, abgewetzter Koffer. Sie kam wirklich.
    Ich legte mich hin und fiel zum ersten Mal seit über einem Jahr in einen tiefen Schlaf – kein Schlaf der Langeweile, des Versagens oder der Erschöpfung, sondern ein Schlaf der Vorfreude. Morgen würde sie hier sein. Alles würde anders werden.

4
    Jemand klopfte. Jemand klopfte! Ich konnte die Tür nicht aufmachen. Ich wollte sie nicht gleich bei der Ankunft erschrecken. Ich blieb in meinen Zimmern, aber ich schaute in den Spiegel, als Will sie hereinließ.
    »Wo ist er?« Das war ihr Vater, dieser Mistkerl. Aber wo war das Mädchen?
    »Wo ist wer?«, fragte Will sehr höflich.
    Der Typ zögerte, und in dem Moment sah ich, dass sie bei ihm war. Sie stand hinter ihm im Schatten, aber ich konnte trotzdem sehen, dass sie weinte.
    Sie war es wirklich. Mir wurde bewusst, dass ich es gar nicht geglaubt hatte.
    Lindy. Linda. Sie war tatsächlich hier!
    Die Rosen würden ihr gefallen. Wirklich. Immerhin war sie es, die mich zum ersten Mal lehrte, sie zu schätzen. Vielleicht sollte ich trotzdem hingehen, um sie zu begrüßen, und ihr ihr Zimmer und das Gewächshaus zeigen.
    Dann hörte ich ihre Stimme. »Mein Vater hat die verrückte Vorstellung, dass es hier ein Monster gibt und dass ich in einen Kerker gesperrt werden müsste.«
    Ein Monster. Als solches würde sie mich sehen, wenn ich jetzt hinginge. Nein, ich würde warten, bis sie das Haus, die schönen Zimmer und die Rosen gesehen hatte, bevor sie meine schreckliche Gestalt zu sehen bekam.
    »Kein Monster, Miss. Zumindest keins, das ich sehen kann.« Will kicherte. »Mein Arbeitgeber ist ein junger Mann von – so sagte man mir – unvorteilhaftem Aussehen. Er geht deshalb nie nach draußen. Das ist alles.«
    »Dann darf ich also gehen?«, fragte Lindy.
    »Selbstverständlich. Aber mein Arbeitgeber hat mit deinem Vater einen Handel vereinbart, glaube ich – deine Anwesenheit hier im Tausch dafür, dass er gewisse kriminelle Handlungen, die auf Videoband festgehalten sind, nicht meldet. Da fällt mir ein…« Er griff in seine Tasche und holte die Tüte heraus, die ich dem Eindringling abgenommen hatte. »Ihre Drogen, Sir?«
    Lindy riss ihm die Tüte aus der Hand. »Darum geht es also? Du zwingst mich hierherzukommen, damit du deine Drogen zurückkriegst?«
    »Er hat mich auf Band aufgenommen, Mädchen. Beim Einbrechen und Eindringen.«
    »Ich nehme an, das war nicht Ihr erstes Vergehen«, sagte Will, und ich konnte an seinem Gesicht sehen, dass er mit seinem sechsten Sinn, den nur Blinde haben, genau erkannte, was für eine Art von Typ er vor sich hatte, und dass er ihn genau so empfand, wie ich ihn beschrieben hatte. »Und ich glaube, allein wegen des Drogenbesitzes würden Sie eine hohe Strafe bekommen.«
    Er nickte. »Gesetzliches Mindestmaß – fünfzehn Jahre bis lebenslänglich.«
    »Lebenslänglich?« Lindy wandte sich an Will. »Und Sie stimmen dem zu…dass ich eingesperrt werde?«
    Ich hielt den Atem an, als ich Wills Antwort abwartete.
    »Mein Arbeitgeber hat seine Gründe.« Will sah aus, als würde er Lindy gern die Hand auf die Schulter legen oder so etwas, aber er tat es nicht. Wahrscheinlich spürte er, dass sie ihm eine scheuern würde, wenn er es täte. »Und er würde dich, na ja, besser

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