Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Zeitschrift arbeitet, kann Alex sie alle Nase lang nach Paris begleiten.
»Ach, schaut mal.« Sie zeigt lässig auf eine Patisserie, in der sie vor ein paar Jahren ein fantastisches coq au vin mit einigen Schauspielern aus Amelie gegessen hat. »Einer von den Typen hat mir gesagt, dass mein Französisch das beste sei, das er je aus dem Mund eines Amerikaners gehört hat.«
»Ach echt?«, keuche ich und werde mir sofort meines eigenen Französisch bewusst. Mal abgesehen von meiner Ballettlehrerin in San Diego habe ich noch nie versucht, mit einem echten Franzosen französisch zu sprechen. Nicht mal unsere Französischlehrerin zu Hause war eine waschechte Französin, sondern aus Fresno. Es ist echt beneidenswert, wie selbstsicher Alex sich in Paris bewegt. Irgendwie schließe ich sie von Sekunde zu Sekunde mehr in mein Herz.
»Da!«, sagt Alex wieder. »Seht ihr das Moulin Rouge? Das war einer meiner Lieblingsfilme.« Sie zeigt auf die Windmühle oben auf dem berühmten Pariser Cabaret. Ihr Lächeln wirkt ansteckend.
»Meiner auch!«, rufen Zack und ich wie aus einem Mund.
Ich selbst war noch nie in Paris. Kaum sind wir von der Schnellstraße runter, ist die Stadt echt - mit einem Wort - unglaublich. Ich habe das Gefühl, in den Universal Studios zu sein: Alles ähnelt einer alten Filmkulisse. Frauen mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen und einer Tüte Baguettes unter dem Arm gehen gemütlich mit riesigen Deutschen Doggen spazieren. Die Blumenläden an den Ecken quellen fast über mit Rosen in allen Farben, mit Lilien, Tulpen und anderen wunderschönen, erlesenen Blumen. Männer in ordentlich geschnittenen Anzügen rennen mit Handys und Aktentaschen die Straße entlang und sehen trotz der Eile so geschmeidig aus wie Baryschnikow. Paris wirkt so meisterhaft durchchoreographiert wie ein Grand Ballet. Jeder Tänzer und Darsteller kennt seine Rolle und weiß, wie stark er hervortreten oder sich zurückhalten muss. Es ist echt atemberaubend.
Und ich kann an nichts anderes denken, als dass ich mir wünschte, mein Freund Vince wäre jetzt bei mir, würde den Arm um mich legen und mich beschützen.
»Paris ist so schön«, säuselt das texanische Mädchen hinter mir ihrer Zwillingsschwester zu. »Ist das nicht supertoll?«
Wieder rollen Alex und Zack mit den Augen. Die Zwillinge nerven wirklich ein bisschen, das muss ich zugeben. Ihr Gekreische macht einen ganz wild - das erschwert es mir auch ziemlich, das Gefühl des Grauens loszuwerden, das mich überkommen hat, als mein Flugzeug in San Diego von der Startbahn abgehoben hat.
Mir wäre es echt hochnotpeinlich, wenn das jemand wüsste, aber wenn mich noch vor fünf Stunden jemand gefragt hätte, wie ich es finde, nach Paris zu fahren, wäre ich wahrscheinlich in lautes Schluchzen ausgebrochen und hätte mich an dessen Schulter ausgeheult. Vielleicht weil ich über einen unheimlichen dunklen Ozean fliegen musste, den ich noch nie gesehen hatte, oder auch weil ich ganz ausgetrocknet war oder verkrampft vom langen Stillsitzen. Aber ein paar Stunden nach dem Abflug bin ich aufgewacht und zur Toilette geschlurft. Dort habe ich mir dann am kleinen Waschbecken die Augen aus dem Kopf geweint. Am liebsten hätte ich sofort mit dem Flugzeug kehrtgemacht und wäre auf dem direktesten Wege wieder zurückgeflogen nach San Diego, wo ich hingehöre.
Aber jetzt, wieder auf festem Boden und mit dem Adrenalinkick wegen all dem Neuen hier, bin ich aufgeregt und begeistert, wenn auch immer noch etwas unsicher.
Selbst wenn sich irgendwann rausstellt, dass du Alex, Zack und diese Zwillinge, einfach alle, nicht ausstehen kannst, denke ich, während ich tief und entschlossen Luft hole, darfst du nicht vergessen, dass das eine einmalige Chance ist. Du bist hergekommen, um zu tanzen. Und weil du später mal ein Stipendium an der UCLA haben willst. Das musst du dir immer vor Augen halten. An erster Stelle steht das Tanzen. Alles andere ist zweitrangig.
Kurzzeitig kriege ich wieder totale Panik, als mir einfällt, dass ich mich ja - anders als die anderen - auf das Vortanzen vorbereiten muss.
»Das ist das Lycee«, verkündet Mme. Cuchon vom Fahrersitz aus, als wir uns einem beeindruckenden Steingebäude nähern. Ich blicke auf. Mit seinen vielen Stockwerken ähnelt das Lycee eher einer Festung als einer High School. Ich erkenne es von der glänzenden Werbebroschüre des Lycees wieder. Genau wie die Gebäude drum herum und auch alle anderen Häuser, an denen wir auf unserer Fahrt ins
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