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Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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Formularen, die der Arzt unterschreiben muss, ehe die Kinder wieder zur Schule gehen dürfen. Die Franzosen lieben Formulare!
    Aber Mme Sanxay hat mir auch eingeschärft, dass ich vor Emeline und Albert ja nichts von irgendwelchen Spritzen erzählen dürfe. Wie bei allen normalen Kinder (nicht dass diese Kinder normal wären - sie sind schlicht und ergreifend der absolute Horror) verstört sie allein der Gedanke daran, eine Spritze zu bekommen. Aber nun ist es passiert: Ich habe es ausgesprochen. Ich habe die Wörter vor ihnen gesagt. Jetzt werde ich dafür büßen.
    Emeline dreht total durch. Sie weint, spuckt und brüllt.
    Im Gegensatz zu ihr erstarrt Albert. Er bewegt sich nicht mehr vorwärts und nicht mehr rückwärts, nicht nach links oder rechts. Er weiß nicht, in welcher Richtung die Spritzen sind, deshalb will er kein Risiko eingehen. Er rührt sich also nicht mehr vom Fleck.
    »Pas de piqûres! Pas de piqûres!«, kreischt Emeline. »Non, non, non, non, non!«
    »Hör schon auf!«, schreie ich zurück. »Es muss aber sein! Und hinterher kaufe ich euch ein Eis. Wirklich! Versprochen! Los, kommt jetzt, alle beide!«
    Emeline wirft sich auf den gepflasterten Parkweg. »Non!« Sie trommelt mit ihren kleinen Fäusten auf den Boden. Eine tiefe Röte kriecht unter dem Kragen ihrer Schuluniform den Hals hoch und droht, ihr bis ins Gesicht zu steigen. »Non!«
    »Albert, sag deiner Schwester, dass sie aufstehen soll!«, bitte ich ihn. Aber Albert steht nur da und starrt geradeaus. »S'il te plait!«, flehe ich ihn an.
    Auf der anderen Seite des Parks sehe ich eine Gruppe Mütter beratschlagen. Beistand!, denke ich erleichtert. Aber als ich in ihre Gesichter schaue, sehe ich dort nur Verachtung. Noch eine Frau mehr, die mit ihren Kindern nicht fertig wird.
    »Bonjour!«, trällert da jemand hinter mir. »Bonjour, mes petits amis!«
    Ein Typ hat sich zu Albert hinuntergebeugt und spricht lebhaft mit ihm. »Stecken Sie fest, monsieur ? Brauchen Sie Hilfe, damit sich Ihre Füße wieder bewegen? Vielleicht war das nur eine kleine Betriebsstörung.« Er spricht Englisch, und als er von Albert zu mir blickt, halte ich erschrocken die Luft an.
    Dieser verrückte Kerl, Denny, vom Jardin du Luxembourg! Die Chinohosen mit Falten und diese Baseball-Kappe würde ich überall wiedererkennen. Schließlich sind sie der Stoff, aus dem Albträume sind. Die Welt wäre ein so viel schönerer Ort, wenn sich die Leute nicht so anziehen würden.
    Himmel! Ich blicke mich um, in der Hoffnung, dass niemand aus dem Lycée mich sieht und denkt, ich hatte mit diesem Typen so eine Art Date.
    »Was machst du denn hier? Ich dachte, du wohnst im Sechsten«, sage ich und stütze die Hände in die Hüften. »Wusstest du, dass wir hier sein würden?«
    »Ah, ich sehe mich hier nur nach kaputten Fahrzeugen um.« Er wechselt auf ein langsames kindgerechtes Französisch. Er erzählt etwas von einem Motor und dass vielleicht kein Benzin mehr drin sei. Dann hebt Denny Alberts Rucksack ein paar Zentimeter hoch und lässt ihn wieder fallen. »Le moteur n'est pas mal! Alles funktionstüchtig! Biep, biep! Sie halten den Verkehr auf!«
    Er saust um Albert herum, so als wären sie zwei Autos auf einer überfüllten Pariser Durchgangsstraße. Irgendwann muss Albert dann doch laut lachen. Das lenkt Emeline von ihrem Trotzanfall ab und sie blickt vom Boden hoch zu Denny. Trotz seiner Chinos und seiner popperhaften Jacke sieht er ein bisschen wie ein Clown aus. Nein, eigentlich verstärkt seine Kleidung den Eindruck sogar.
    »Tu as un Problème?«, fragt er mich spöttisch. »Wollen die Kinder nicht zum Arzt?«
    Noch immer etwas erschüttert, dass er hier so aus dem Nichts aufgetaucht ist, blicke ich ihn an. »Denny?«, sage ich zögernd, weil ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich mir seinen Namen richtig gemerkt habe.
    »Oui«, sagt er. »Wir haben uns neulich mal im Jardin du Luxembourg getroffen. Schön, dich wiederzusehen. Ich wohne hier in der Nähe, nicht im Sechsten. Ich war gerade auf dem Markt. Möchtest du ein paar myrtilles? Soweit ich gehört habe, ernähren sich Amerikanerinnen nur von McDonald's und Budweiser-Bier, aber vielleicht bist du ja nicht wie die meisten amerikanischen Mädchen.«
    Denny hält mir eine braune Papiertüte mit frischen Blaubeeren hin.
    »Nein«, sage ich. »Nein, danke, meine ich. Und ich habe noch nie Budweiser getrunken, wenn du's genau wissen willst.«
    »Aber McDo? Du musst doch McDo mögen! Selbst Französinnen lieben

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