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Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans 03 - Leben á la carte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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der unteren Ebene, unterhalb der Gleise, genau auf der Mitte. Als er mich küsst, denke ich zum ersten Mal, ich könnte sterben, wenn der Kuss endet. So sehr brauche ich seine Liebe und dass er für mich da ist.
    »Zack meinte, du seist vollkommen ausgerastet ...«, flüstert Jay und streichelt mir über Haare. Gerade muss aus beiden Fahrtrichtungen eine U-Bahn angekommen sein, denn überall um uns herum drängeln und schieben sich die Leute, als wären wir eine Insel mitten im Meer. Wir bewegen uns nicht von der Stelle. Jay legt mir die Arme um die Taille und schaut mir direkt in die Augen. »Was ist passiert?«
    Wie bei einer Sturzflut bricht alles aus mir heraus: »Monsieur Marquet ... er hat versucht ... und seine Frau ... sie hassen mich ... und Denis Marquet geht mit Alex aus, und Alex steckt mit ihm unter einer Decke ...«
    »Monsieur Marquet hat was versucht?« Jays dunkle Augen sind feucht. Er regt sich nicht, nicht mal das kleinste bisschen, bevor sich nicht sein Verdacht bestätigt.
    »Du weißt schon«, sage ich mit einem trockenen Schluchzen und beginne zu weinen.
    »Oh Gott, PJ, nein. Und Alex weiß davon?« Jay fasst meine Hand und läuft mit mir die Stufen zur Metro hoch.
    »Nein ... oder doch, ja«, antworte ich und spüre am starken Luftzug, dass gerade eine neue U-Bahn einfährt. Jay schiebt uns hinein und bugsiert mich sicher zwischen sich und der Tür. »Ich verstehe nur nicht, was ich getan habe, dass Alex mich so sehr hasst...«
    »Um Alex kümmern wir uns später.« Jay starrt angespannt aus dem Fenster der Metro auf die vorbeiziehenden Neonlichter von Paris.
    »Was meinst du damit?«, frage ich erschrocken, nicht sicher, wohin wir fahren.
    »Es ist genug, PJ«, sagt Jay. »Ich werde dem Ganzen heute Abend ein für alle Mal ein Ende bereiten. Du hast schon zu lange wegen etwas, wegen jemandem in Paris Qualen ausgestanden. Jetzt, wo ich weiß, wer es ist, werde ich ihm einen Riegel vorschieben.«
    »Nein, Jay«, flehe ich leise. »Ich wollte doch eine gute Tochter sein. Es waren nicht mal sie, die so schlimm waren, nicht wirklich ...«
    »Es ist nicht fair, PJ!«, fährt Jay mich an. »Sie haben dir das angetan!« Er wischt mir die Tränen von den Wangen. »Sie haben dir das angetan!«
    Jay will nicht auf mich hören, während die U-Bahn auf dem Weg nach Ternes, meiner alten Metro-Station, weiter durch Paris donnert. Dort angekommen, rennen wir durch die Station, die hell und weiß und steril im Licht der Neonlampen erstrahlt. Als wir auf die Straße kommen, weiß ich, dass ich Jay nicht aufhalten kann. Er denkt, er könne mit M. Marquet vernünftig reden. »Wir sagen ihm, dass er aus der Stadt verschwinden soll«, meint Jay. »Dass er dich in Ruhe lassen soll, sonst zeigst du ihn an. Du wirst es allen erzählen und dann verliert er sein Amt. Das wird Wirkung zeigen. Dann musst du dich nicht mehr verstecken, und wir können endlich wirklich zusammen sein.«
    Am Place de Ternes schnürt es mir fast die Luft ab bei den vertrauten und unvergesslichen Anblicken und Gerüchen meines alten Wohnviertels. Hier habe ich so viele Stunden allein verbracht und darauf gewartet, dass Sonia, das Hausmädchen, vorbeikommt und mit mir ein paar Worte wechselt. Ich habe mich so sehr nach Trost und Geborgenheit gesehnt. Aber das konnten mir die Marquets nicht geben. Alles, was sie mir anbieten konnten, waren Boshaftigkeiten.
    Sobald wir vor der Wohnung der Marquets stehen und sich mein Magen beklommen zusammenzieht, klopft Jay so laut an die Tür, dass er damit die Geister aus dem Speicher vertreiben könnte. Einen Moment später wird der Riegel der schweren Eichentür zurückgeschoben, und M. Marquet steht in der Tür.
    Der immer zum Flirten aufgelegte, höfliche und stattliche Mann, den ich in Erinnerung habe, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Dieser Mann hier ist betrunken und hält liebevoll eine Flasche Bourbon im Arm. Gierig trinkt er einen großen Schluck, wobei er etwas davon auf den Orientteppich zu seinen schuhlosen Füßen verschüttet. »Du!«, schreit er, als er mich sieht. »Du warst gar nie tot!«
    »Sprechen Sie sie ja nicht an!«, brüllt Jay ihn an, der offenbar jeglichen Versuch, vernünftig zu reden, sofort aufgegeben hat. »Sie sagen kein einziges Wort mehr zu ihr!«
    Mit einer schweren, harten Bewegung hechtet Jay vorwärts und reißt den älteren Mann mühelos mit sich zu Boden. Ich höre ein Knacken, als Jay ihm mitten ins Gesicht schlägt, und rieche den Bourbongeruch, als die Flasche

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