Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
unmöglich ernst meinen. »Wie könnte ich? Diese ganze ... Sache übersteigt meine Fähigkeiten bei Weitem.«
»Sei nicht albern«, sagt Kiki und schiebt damit kurzerhand meine Zweifel so beiseite, wie sie es auf der Bühne mit den Blüten gemacht hat. »Das ist doch gar nichts. Das andere Mädchen wird dir den Ablauf zeigen. Bitte sag Ja. Dir werden die Herzen nur so zufliegen.«
Gleichermaßen geschmeichelt wie ängstlich weiß ich nicht, was ich antworten soll.
»Nimm noch ein Schlückchen«, sagt André und reicht mir die Flasche. »Und danach entscheidest du.« Er zwinkert mir zu, und mir wird plötzlich klar, dass Kiki und er eine Menge gemeinsam haben: Beide können einen fast von allem überzeugen.
* * *
***
Und so kommt es, dass ich im grellen Scheinwerferlicht vom Le Zèbre lande, die Hüften kreisen lasse und im Takt der ausdrucksstarken Musik einer Jazzband an einem Freitagabend meinen derrière, also meinen Hintern, vor einer schwitzenden Menge schüttle. Die andere Tänzerin hat mir, nachdem André wieder an unseren Tisch zurückgegangen ist, um die zweite Hälfte der Show zu verfolgen, den Tanz beigebracht. Die Schritte sind einfach, und nachdem ich mir mit dem Absolut-Wodka ein bisschen Mut angetrunken habe, fällt mir die freizügige Art des Tanzes gar nicht mehr so schwer.
Um ehrlich zu sein, ist es sogar ziemlich irre, dort oben zu stehen und zu wissen, dass mich ein Raum voller Menschen bewundert. Ich fühle mich so stark und mächtig. Ich trage schwarze Netzstrümpfe, eine schwarze Bikinihose, einen schwarzen Push-up-BH und darüber ein langes weißes Männerhemd. An meinen hochhackigen Pumps sind kleine goldene Glöckchen angebracht, die bei jedem Schritt klingeln. Mit jeder Note der Musik wird mein Lächeln strahlender und strahlender. Mein Spagat und meine Beinschwünge sind absolut synchron zu den Bewegungen der anderen Backgroundtänzerin. Fast kommt es mir so vor, als befände ich mich in einem Traum, wenn da nicht Zacks Gesichtsausdruck wäre. Er lächelt und schüttelt gleichzeitig den Kopf. Er kann nicht glauben, was er da sieht. Was für ein tolles Gefühl, ihn zu schocken! Alle denken immer, ich sei so ein Unschuldslamm und gar nicht fähig, irgendwie anders zu sein.
Dann verstummt die Musik und das Lied ist zu Ende. Die andere Backgroundtänzerin und ich flankieren Kiki in einer Art Las-Vegas-Show-Pose mit triumphierend gereckten Armen, die weißen Hemden offen, damit man den knappen BH darunter sieht.
Als letzte Bewegung lassen wir dann unsere Hemden zu Boden fallen. Während donnernder Applaus ertönt und Pfiffe an mein Ohr dringen, weiß ich nicht, was über mich kommt: Kurzentschlossen drehe ich mich um, hake meinen schwarzen BH auf und werfe ihn hinter mich in die Menge. Dann laufe ich, die Arme über den nackten Brüsten, hysterisch lachend hinter die Bühne.
Kiki umarmt mich und wiegt mich wie ein betrunkenes Baby. »Du bist die Beste! La meillure! Du bist ein echtes Naturtalent!«
Ich bin so stolz auf mich! Allein der Applaus war es schon wert!
* * *
Mit dem Gefühl, nur noch so dahinzuschweben wegen all des Lobs, suche ich erst meine Kleidung und dann die Jungs, die vor dem Bühneneingang auf mich warten. Als ich rauskomme, brechen sie in lautes Gejohle aus!
Während wir zu einer nahe gelegenen Bar laufen, schaut Zack mich immer wieder an und schüttelt ungläubig den Kopf. »Das war nicht Olivia. Das war dein heimlicher Stripper-Zwilling. Habe ich recht?«
Ich bin zwar noch angetrunken von Kikis Wodka, aber als ich an die Bar gehe, um etwas zu ordern, habe ich wieder Lust auf etwas Stärkeres als nur einen Wein. Ich möchte etwas trinken, das ein Cabaret-Star nach einem Auftritt trinken würde! Also bestelle ich mir einen Martini, das ist irgendwie das Erste, was mir in den Sinn kommt.
Zack legt den Arm um mich und drückt mich fest. »Das war der Oberhammer, Olivia. Manchmal bin ich echt überrascht, wie viel Spaß wir haben, trotz allem.«
Zack wird sonst eigentlich nicht so rührselig, wenn er betrunken ist, aber mir entgeht nicht, dass seine braunen Augen verschleiert sind. Ob ihn wohl noch immer Schuldgefühle wegen PJ plagen und er das Gefühl hat, er dürfe sich eigentlich gar nicht amüsieren? So habe ich mich jedenfalls manchmal gefühlt, als ich noch mit Thomas zusammen war und nicht wusste, dass PJ sicher und wohlbehalten bei Jay in Paris ist.
»Weißt du, Zack«, flüstere ich. »Es gibt da etwas, das ich dir noch nicht erzählt habe. Es
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