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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter B. Hermann
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für unvorstellbar lange Zeiten gesichert. Dazu mußte sich der Sonnendurchmesser von knapp 1,5 Millionen Kilometern lediglich um 60 Meter pro Jahr durch Kontraktion verringern - lächerlich wenig. Durch Messungen hätte man diesen Wert gar nicht feststellen können, denn eine derart geringe Zusammenziehung mindert den scheinbaren Sonnendurchmesser von rd. 30 Bogenminuten nur um eine Bogensekunde in 12000 Jahren!
    Die Entdeckung der Radioaktivität chemischer Elemente im Jahre 1896 brachte aber das harmonische Bild erheblich ins Wanken: Nunmehr war man nämlich in der Lage, aus der quantitativen Bestimmung von Zerfallsprodukten radioakti- ver Elemente in Sedimentgesteinen das Alter der zugehörigen Erdschichten zu bestimmen. Das Ergebnis war niederschmetternd für die Anhänger der Kontraktionshypothese: Die Erde mußte nämlich den neuen Messungen zufolge viel älter sein als die Sonne - ein paradoxes Resultat. Auch andere Argu- mente - z. B. die Darwinsche Evolutionstheorie - sprachen zu- gunsten eines bedeutend höheren Sonnenalters, als bis dahin angenommen. Doch welche Energiequelle sollte die konstante Abstrahlung der beträchtlichen Sonnenenergie für die Zeit-räume von Milliarden von Jahren sichern können?
    Die Relativitätstheorie brachte bereits die erste prinzipielle Hoffnung: Bestand tatsächlich eine Äquivalenz zwischen Masse und Energie, dann konnte man den Energieinhalt der Sonne aufgrund ihrer bekannten Masse abschätzen. Das Ergebnis war beruhigend: Der Energieinhalt reichte nämlich für die unvorstellbar lange Zeitspanne von 15 Billionen Jahren. Genug Energieinhalt war also vorhanden. Doch wie sollte die Ener- gie aus der Masse freigesetzt werden? Welche Prozesse waren denkbar? Um jene Zeit, als Dirac zum ersten Mal das Kon- zept von der Antimaterie formulierte, waren die Diskussionen der Astrophysiker und Atomphysiker um die Herkunft der Strahlungsenergie der Sterne in vollem Gang.
    In seinem Buch „Der innere Aufbau der Sterne“ brachte der englische Astrophysiker A. S. Eddington unumwunden zum Ausdruck, daß man eine befriedigende Theorie der Sternentwicklung erst dann würde schaffen können, wenn die „Gesetze der subatomaren Energie“ bekannt seien. Er hatte damit deutlich ausgesprochen, daß ein wesentliches Problem der Astrophysik nur unter Mitwirkung der Atomphysiker zu lösen war.
    Damals wußte man jedoch bereits, daß Energie aus Masse nicht unbedingt durch vollständige Zerstrahlung, wie bei der Begegnung von Teilchen und Antiteilchen, zustande kommen muß. Denkbar war auch das Eindringen von Atomkernen in andere. Dies würde unter Energiefreisetzung zur Entste- hung neuer Atomkerne anderer chemischer Elemente führen. Tatsächlich wurde der Aufbau schwererer aus leichteren Elementen im Innern von Sternen durch Kernfusion zum Schlüssel des Verständnisses für die Herkunft der Sternenergie. Wenn auch Teilchen und Antiteilchen dabei keine Rolle spielen, so handelt es sich jedenfalls um die Umwand- lung von Masse in Energie gemäß der Beziehung von Einstein. Jedoch wird nur ein extrem geringer Bruchteil von Masse in Energie verwandelt, nämlich die Differenz zwischen der Aus- gangsmasse von Wasserstoffatomen und der Endmasse daraus gebildeter Helium-Atome, z. B. im sogenannten Proton-Proton-Prozeß.
     
     
Protonen - negativ und so weiter
     
    Nach der Theorie von Dirac mußten für alle Teilchen mit ei- nem Spin V2, d.h. für alle sogenannten Fermionen, ebenfalls Antiteilchen existieren. Die innere Konsistenz der Theorie, aber vor allem der gelungene experimentelle Nachweis des Positrons ließen die anderen Antiteilchen der Fermionen nun keineswegs mehr als Phantasieprodukte erscheinen. Das Anti- teilchen des wohlbekannten Protons sollte demnach ein Teil- chen mit derselben Masse, jedoch negativer Ladung sein, die ihrerseits dem Betrage nach mit der des Protons übereinstimmen müßte.
    Die Herstellung eines Partikelpaares Proton-Antiproton be- gegnete nun aber einer nicht geringen Schwierigkeit: Da die Masse des Protons die des Elektrons knapp um den Faktor 2000 übertrifft, benötigte man zur Umwandlung von Energie in ein Proton-Antiproton-Paar auch rund 2000mal soviel Energie wie zur Erzeugung eines Elektron-Positron-Paares. Gammaquanten dieser Energie (rund 2000 MeV = 2 GeV) vermochte man jedoch Anfang der dreißiger Jahre nicht zu erzeugen.
    Obschon für Antiprotonen zunächst kein praktischer Be- darf bestand, war der Nachweis ihrer Existenz doch eine so grundlegende

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