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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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erzählen, und mir tun jetzt auch die Finger vom Schreiben ganz höllisch weh. Es war wohl richtig, dass wir uns getrennt haben, sonst hätten wir ja vermutlich wieder nach New York zurückgemusst. Da ist mir das Leben hier bei den Cormicks zehnmal lieber, auch wenn es nicht nur Sonnenschein ist. Aber du fehlst mir doch ganz schrecklich, Becky. Ich bete auch jeden Morgen und jeden Abend für dich, so wie wir es uns versprochen haben. Tust du es auch für mich? Wie schön, dass wir uns wenigstens schreiben können und ich deine Briefe immer wieder lesen kann, wenn ich traurig bin und mir wünsche, mit dir zusammen zu sein.
    Ich drücke dich ganz fest, liebe Schwester!
    Dein gar nicht mehr so kleiner Bruder Daniel
    John Fleming hatte sich wieder auf seinen Wagen geschwungen, und längst fiel auch das Gras wieder unter den scharfen Blättern der Sensen, die Winston und Joshua mit weitem und gleichmäßigem Schwung führten, als Becky noch immer im Schneidersitz auf der Erde hockte, vertieft in den Brief ihres Bruders. Drei Mal las sie ihn, und ihr kamen die Tränen vor Erleichterung wie vor Kummer, dass hunderte von Meilen sie trennten und es in den Sternen stand, wann sie sich wiedersehen würden.
    Noch am selben Abend schrieb sie ihren zweiten Brief an Daniel. Doch als sie am nächsten Morgen mit dem neuen Schreiben in die Küche kam, machte ihr Emily unverzüglich klar, diesmal nicht damit rechnen zu dürfen, dass er sofort seinen Weg zur Poststelle in Winchester fand.
    »Der Brief wird bis Sonntag warten müssen!«, teilte sie ihr mit, während sich Winston noch oben rasierte. »Und komm bloß nicht auf den Gedanken, ihn hier unten offen liegen zu lassen oder gar Winston damit in den Ohren zu liegen, Becky! Für Fahrten nach Winchester haben wir diese Woche keine Zeit. Wir müssen das gute Wetter nutzen, und für all die Arbeiten, die anstehen, wird jede Hand gebraucht! Also steck den Brief weg. Am besten bringst du ihn gleich wieder auf dein Zimmer. Da liegt er bis Sonntag besser als hier unten in der Küche!«
    Becky senkte beschämt den Kopf, hatte sie doch in der Tat insgeheim darauf gebaut, dass Winston sich beim Anblick des Briefes erbarmen und damit nach Winchester fahren würde. Emily hätte ihr diese Hoffnung weniger schroff nehmen können, aber in der Sache konnte man ihr nicht vorwerfen, übertrieben zu haben. Auf der Farm wurde wirklich jede Hand gebraucht. Und so murmelte Becky eine Entschuldigung, brachte den Brief wieder auf ihr Zimmer und ging danach in den Stall, um Molly zu melken und sie anschließend auf die Weide zu lassen.

42
    I N der heißen Sommerzeit gab es keinen angenehmeren Ort als den kühlen Keller unter der Küche. Die Kellerluke, die in die Dielenbohlen der Küche eingelassen war, ließ sich mittels eines Eisenrings aufklappen, und dann stieg man eine recht steile Holztreppe hinunter. Am besten nahm man eine Lampe oder zumindest eine Kerze mit, denn dort unten war es stockfinster. Lange Bretterregale, deren Fächer eine gute Hundertschaft von sorgfältig beschrifteten und zueinander ausgerichteten Einmachgläsern besetzt hielt, zogen sich an den Wänden entlang. Auf der fest gestampften Erde standen bauchige Fässer unterschiedlicher Größe sowie einige schwere Steinguttöpfe, die mit Mehl, Eiern, Butter, Gurken und anderen eigenen Erzeugnissen gefüllt waren. Und nach den Schlachttagen zu Beginn des Winters hingen von den Deckenbalken neben den Gebinden getrockneter Kräuter geräucherte Schinken, Speckseiten und Würste, während der Großteil des Fleisches in Fässern als Pökelfleisch eingesalzen und dadurch haltbar gemacht wurde.
    Becky liebte die Gerüche, die all den Vorräten entströmten und sich mit dem erdigen Geruch von dunkler, fruchtbarer Ackerscholle vermischten. Aber noch mehr genoss sie die erfrischende Kühle, die sich an diesem heißen Nachmittag im August wie ein feuchtes, kaltes Tuch um ihren erhitzten Körper legte.
    Im Licht der Kerze, die sie auf eines der letzten Fässer mit Pökelfleisch stellte, verrichtete sie die Arbeit, die sie in den Keller geführt hatte. Sie ließ sich Zeit dabei. Es war ungewöhnlich still im Haus, und auf Feld und Acker wartete niemand, dass sie unter die brennende Sonne zur Feldarbeit zurückkehrte. Winston und Emily befanden sich bei einem ihrer Nachbarn auf Krankenbesuch. Mit der gebrechlichen und schon seit Wochen bettlägrigen Mutter von Missis Breckenridge ging es wohl zu Ende, wie sie von Joshua erfahren hatten, und sie

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