Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!
Daniel Boone 6 versucht hast.«
»Du kannst dir deine Witze sparen, Harvey Willard!« Wütend funkelte sie ihn an. »Ich finde das nämlich ganz und gar nicht lustig!«
Abwehrend hob er die Hände, als fürchtete er, sie könne die Flinte jeden Augenblick wieder auf ihn richten. »Okay, kein Wort mehr darüber!«, versprach er, um sofort das Gegenteil davon zu tun, indem er vergnügt fortfuhr: »Aber wenn einer von uns beiden das Recht hat, wütend zu sein, dann bin ich wohl derjenige. Immerhin hättest du Moharala und mir beinah eins auf den Pelz gebrannt. Ich hätte guten Grund, dir das übel zu nehmen. Aber wie gesagt: kein Wort mehr darüber. Und auf meinen Freund, die wilde, blutrünstige Rothaut, die hinter seiner Hütte Mais und Bohnen anbaut und dessen größte Heldentat bisher der Fang eines Stinktieres mit bloßen Händen war, auf Moharala kannst du dich auch verlassen. Er wird sich vermutlich von dem Schrecken in seiner Schwitzhütte erholen und sich in seine heiligen Stammesträume versenken. Und dass ein junger Weiberrock ihn beinahe mit Schrotkugeln gespickt hätte, darüber wird er wie ein Grab schweigen!« Er zwinkerte ihr zu.
Becky hatte sehr deutlich das Gefühl, dass er sich immer noch über sie lustig machte. Wütend und entschlossen, ihn keiner Antwort mehr zu würdigen, presste sie die Lippen zusammen, drehte ihm abrupt den Rücken zu und ging ins Haus zurück. Vom Küchenfenster aus beobachtete sie voller Ingrimm über seinen Spott, wie er seinen Durst in aller Ruhe am Brunnen löschte, sich zum Schluss noch einen Eimer Wasser über den Kopf goss und sich seinen klatschnassen, strohblonden Haarschopf glatt strich, bevor er seinen alten Filzhut wieder aufsetzte, dann sein Pferd holte und davonritt. Und sie schwor sich, nie wieder auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln!
43
D AS Wetter hielt sich in diesem Jahr prächtig. An Sonnentagen herrschte kein Mangel und auch der gelegentlich nötige Regen blieb nicht aus. So fiel die Ernte im Obsthain, auf den Mais- und Weizenfeldern und auf den Äckern ungewöhnlich gut aus. Aber dementsprechend viel gab es auch auf Deer Creek Farm und den anderen Farmen in ihrem Landstrich bis in den Spätherbst hinein zu tun.
Becky arbeitete wie alle anderen bis zum Umfallen, doch es machte ihr nichts aus, besonders nicht nach jenem letzten Montag im August.
An diesem Morgen waren Winston und Emily noch vor ihr aufgestanden, ohne dass sie das mitbekommen hatte. Und als sie zu ihnen in die Küche hinunterkam, roch es im ganzen Haus schon nach frisch gebackenem Obstkuchen. Auch war der Tisch schon gedeckt, was doch eigentlich zu ihren Aufgaben gehörte. Und dann sah sie zu ihrer Verwunderung neben ihrem Platz zwei Päckchen liegen, ein größeres dickes und ein kleineres flaches, jedes mit einem hübschen blauen Band verziert, das zu einer Schleife gebunden war. Und ein Brief von Daniel, dessen krakelige Schrift auf dem Umschlag sie sofort erkannte, lag auf dem oberen Päckchen.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Becky!«, begrüßte Winston sie fröhlich, umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Auch Emily beglückwünschte sie, wenn auch nicht ganz so überschwänglich. Aber sie hatte ihren Lieblingskuchen für sie gebacken!
Beckys Überraschung und Freude waren vollkommen. Es war der 26. August! Sie hatte doch tatsächlich ihren eigenen fünfzehnten Geburtstag vergessen!
»Ist das für mich?«, fragte sie gerührt und deutete auf die Päckchen.
Winston lachte. »Natürlich ist das für dich! Zu einem Geburtstag gehören doch Geschenke! Der Brief von deinem Bruder kam übrigens schon gestern. Wir haben ihn für heute zurückgehalten, weil wir denken, dass er ihn dir sicherlich zu deinem Geburtstag geschrieben hat. Ich hoffe, du bist uns deshalb nicht böse.«
»Natürlich nicht!«, versicherte Becky. Wie hätte sie ihnen auch böse sein können!
»Nun mach die Päckchen schon auf!«, drängte Winston. »Am besten nimmst du dir erst das dicke Päckchen vor.«
Mit freudiger Erwartung band Becky die Schleife auf, schlug das Papier zurück - und enthüllte mehrere zusammengelegte Bahnen eines herrlichen pflaumenblauen, samtigen Wollstoffs. Obenauf lagen zudem noch ein Dutzend flacher Messingknöpfe mit einem winzigen Rosenknospenmotiv und eine Rolle Paspelierungsband in einem warmen honigfarbenen Ton. Becky hatte ihre Hand noch nie zuvor auf einen so schönen und weichen Stoff gelegt.
»In einigen Wochen beginnt für dich die Schule in
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