Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
jetzt weg, nur weil ich… einfach nichts Rechtes zustande bringe!« Er brachte die Worte nur mühsam hervor und musste offensichtlich all seine Willenskraft aufbringen, um nicht auf offener Straße in Tränen auszubrechen. »Und dabei wollte ich so gerne...« Seine erstickte Stimme brach ab.
    Ihr Ärger fiel im Angesicht seiner Zerknirschung und Beschämung wie ein Strohfeuer in sich zusammen. Was passiert war, ließ sich nicht mehr ungeschehen machen. Das Geld war verloren, was schlimm genug war. Ihm jetzt noch Vorwürfe zu machen war ebenso sinnlos wie ungerecht. Die einzige Person, der sie wütende Vorhaltungen hätte machen können, war sie selbst.
    »Nimm es nicht so tragisch, Daniel«, tröstete sie ihn. »Einen Versuch war es allemal wert.«
    Störrisch schüttelte er den Kopf. »Du hast mir dein sauer verdientes Geld anvertraut und ich habe es in den Sand gesetzt! Ich weiß, dass du jetzt böse auf mich bist, und du hast ja auch allen Grund dazu. Mir gelingt einfach nichts! Der Vater hatte schon Recht, als er...«
    »Jetzt fang nicht wieder davon an, Daniel!«, fuhr sie ihm ins Wort und war nicht weit davon entfernt, ihren Vater in Gedanken dafür zu verfluchen, dass er ihrem Bruder jahrelang unter Schlägen eingebläut hatte, keinen Pfifferling wert zu sein. Diese bösartigen Tiraden vergifteten noch immer seine Seele. »Du kannst wirklich nichts dafür, dass dir die Fertigkeiten fehlen, um mit den anderen Zeitungsjungen mithalten zu können. Das macht dich noch längst nicht zu einem Versager. Dafür hast du andere Stärken.«
    Er lachte bitter auf. »Nur fallen mir die nicht ein, und dir auch nicht, wenn du ehrlich bist«, erwiderte er.
    »Dummes Zeug! Wir werden deine Talente schon noch finden, verlass dich drauf! So etwas braucht einfach seine Zeit, Daniel! Ich hätte es vor vier Jahren auch nicht besser hingekriegt. Und jetzt kein Wort mehr darüber. Komm, du wirst hungrig sein.«
    Daniel schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich so elend, dass ich nicht einen Bissen hinunterkriege«, murmelte er, was sich jedoch als Irrtum herausstellte, als das Essen schließlich vor ihm auf dem Tisch stand.
    In den folgenden Tagen zerbrach sich Becky aufs Neue den Kopf, wie sie Daniel bloß irgendeine halbwegs vernünftige Arbeit vermitteln konnte, die ihn von der elenden Bettelei an den Hintertüren befreien und ihm zu mehr Selbstvertrauen verhelfen würde.
    Zudem stand der Winter vor der Tür. Der erste Winter, den sie nach dem Tod der Eltern allein auf sich gestellt überstehen mussten! Wo sollten sie nur einen warmen und sicheren Unterschlupf finden, wenn bald eisiger Regen, Wind und Schnee auf New York niedergingen? Würden sie gezwungen sein, wieder in die stinkenden Höhlen der Kellerratten zurückzukehren?

22
    D ER Zufall brachte Becky schließlich auf die rettende Idee, als sie an einem regnerischen Oktobermorgen in einer Taverne auf der Canal Street einen anderen Zeitungsjungen, der für den Herald arbeitete, am Stammtisch von Captain Jeremy Walsh ausstach.
    »Tut mir Leid, aber ich kaufe nur die Sun «, sagte der breitschultrige Mann mit dem buschigen Walrossbart, der seinen Mund fast völlig verdeckte. »Und der junge Weiberrock hier hat zudem die flotteren Sprüche auf der Pfanne. Die machen mich jeden Tag neugierig, wie viel davon wahr und was raffinierte Aufschneiderei ist!«
    Der Junge vom Herald warf Becky einen bösen Blick zu und räumte das Feld.
    »Ich möchte ja nicht vorlaut sein, Captain«, sagte Becky nun keck, »aber von Aufschneiderei weiß ich wirklich nichts. Das steht alles so oder ähnlich in der Zeitung, wie ich es ausrufe!«
    »Ja, wohl eher ähnlich ! Du hast eine blühende Fantasie und scheust dich auch nicht, großzügig davon Gebrauch zu machen. Aber du machst das schon richtig, Mädchen. Klappern gehört zum Geschäft«, lobte er sie vergnügt, zog eine Zigarre aus seiner Weste und riss ein Streichholz an, um sie in Brand zu stecken. Und dicke Rauchwolken paffend, fuhr er fort: »Ich wünschte, alle meine Jungens wären so clever wie du. Wie heißt du überhaupt?«
    »Becky... Becky Brown, Captain.«
    Er drückte ihr zu den zwei Cent für die Zeitung noch einen Cent Trinkgeld in die Hand. »Eigentlich müsstest du mit deinem Talent nicht auf der Straße Zeitungen verkaufen, sondern in der Redaktion die Schlagzeilen machen.«
    Sie dankte ihm mit einem strahlenden Lächeln - und plötzlich kam ihr ein verrückter Gedanke. Dieser Captain Walsh hatte offensichtlich seine Freude

Weitere Kostenlose Bücher