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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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du genug Geld verdienst. Ich will wenigstens einen Dollar hier auf dem Tisch liegen sehen, bevor wir auch nur ein weiteres Wort miteinander reden!«
    Finanziell hatte sich Becky von den vier katastrophalen Septembertagen, an denen ihr Bruder nicht wenigstens seinen Einsatz wieder herausgeholt hatte, noch immer nicht erholt. Dank ihrer guten Zeitungsverkäufe und zusammen mit dem mageren Verdienst, den Daniel beisteuern konnte, kamen sie zwar gut über die Runden. Aber sie gingen mit ihrem Geld in Gesellschaft von Timothy, Coffin und den anderen ihrer Clique auch viel großzügiger um als in den Zeiten ihrer großen Not. Allein schon, dass Daniel und sie regelmäßig bei Maggie’s oder anderswo einkehrten, ging ordentlich ins Geld. Nach der Morgentour Kaffee und Pfannkuchen oder gar ein Tellergericht mit Fleisch schlug pro Kopf mit rund neun Cent zu Buche und ein anständiges Abendessen in einer der preiswerten Kellerwirtschaften war unter zehn bis zwölf Cent pro Person nicht zu haben. Das machte pro Tag fast einen halben Dollar aus, sodass ihnen vom Tagesverdienst bloß noch wenige Cent blieben. Zudem fielen jetzt im Winter auch noch Kosten für eine anständige Unterkunft an, denn auf der Straße wollte sie mit ihrem Bruder ebenso wenig übernachten wie in einer der abscheulichen Kellerabsteigen.
    Als Becky die Taverne verließ, hatte sie jedenfalls nur noch sieben Cent in ihrem Geldbeutel. Und Captain Walsh wollte einen ganzen Dollar als Anzahlung! Woher sollte sie bis zum nächsten Vormittag bloß die fehlenden dreiundneunzig Cent auftreiben? Sie konnte ihrem Bruder und sich einen Hungertag verordnen. Aber auch wenn sie ihren gesamten Tagesverdienst eisern zusammenhielt, nicht einen einzigen Penny davon für Essen ausgab und sich an den Kais am Hudson mit Koffertragen noch ein paar Cent dazuverdiente, würden am Ende des Tages immer noch rund dreißig bis vierzig Cent fehlen! Natürlich konnte sie warten, bis sie das Geld zusammenhatte, was auch bei sparsamster Lebensweise mehrere Tage dauern würde. Das Risiko jedoch, dass sich der Captain der bootblacks dann nicht mehr an seine Zusage gebunden fühlte oder er aus irgendeinem anderen Grund kein Interesse mehr hatte, wollte sie möglichst nicht eingehen.
    Timothy half ihr aus der Klemme. »Kommt ja gar nicht infrage, dass ihr euch das restliche Geld zusammenhungert«, sagte er. »Nicht bei dem Mistwetter! Da müsst ihr was im Magen haben. Ich strecke dir das Geld für Captain Walsh vor. Du kannst es mir nach und nach zurückzahlen.«
    »Das kann ich nicht annehmen!«, wehrte Becky erst verlegen ab.
    »Natürlich kannst du das!«, erwiderte er. »Bitte mach jetzt kein Theater! Wofür sind denn Freunde da?«
    »Aber mit dem Zurückzahlen wird es etwas dauern!«, wandte sie ein. »Wir müssen ja auch noch die restlichen vier Dollar bei Captain Walsh abzahlen!«
    »Lasst euch nur Zeit damit!«, beruhigte Timothy sie. »Ich muss nur für mich sorgen. Außerdem habe ich gestern beim Kartenspiel ganz hübsch was gewonnen. Ich kann es mir also leisten, den Großzügigen zu spielen. Und jetzt reden wir nicht weiter drüber!«
    »Das werde ich dir nie vergessen, Tim«, sagte sie gerührt und nahm das Geld an.
    Captain Walsh war überrascht, als sie am nächsten Vormittag zu der verabredeten Uhrzeit tatsächlich mit ihrem Bruder in seiner Stammwirtschaft erschien und den geforderten Dollar auf den Tisch legte. Und er stand zu seinem Wort.
    »Okay, dein Bruder kann bei mir anfangen«, sagte er, nachdem er ihren Bruder gemustert und ihm einige Fragen gestellt hatte, die Daniel zu seiner Zufriedenheit beantworten konnte. Becky hatte ihm vorher auch wiederholt eingeschärft, sich ja aufrecht zu halten, ihm offen ins Gesicht zu blicken, ihn respektvoll mit Captain oder Sir anzureden und einen tatkräftigen Eindruck zu machen. »Die restlichen vier Dollar zahlst du wöchentlich in Raten von jeweils fünfzig Cent ab, Becky.« Und zu Daniel gewandt, fuhr er fort: »Du lieferst mir jeden Tag die Hälfte deiner Tageseinnahmen ab, so wie es auch alle anderen tun, die für mich arbeiten, aber nie weniger als einen Quarter, verstanden?«
    »Ja, Sir!«, antwortete Daniel gehorsam und warf Becky einen besorgten Blick zu. Noch nie hatte er mit dem Verkauf von Streichholzschachteln an einem Tag einen Vierteldollar verdient, und insgeheim zweifelte er, dass er als Schuhputzer genug einnehmen würde, um Captain Walsh täglich diese Mindestsumme zahlen zu können.
    »Wer den Quarter bei mir

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