Bedenke Phlebas
sprach wieder mit dem an der Wand
hängenden Mann und schüttelte dabei den Stab gegen ihn.
»Du wirst bald tot sein, Betrüger, und mit dir sterben die
Pläne deiner Herren, unser friedliches System zu unterjochen!
Das gleiche Schicksal erwartet sie, wenn sie versuchen, uns zu
erobern. Wir und die Kultur sind…«
Der Gefangene bewegte, so gut er konnte, verneinend den Kopf und
rief laut: »Frolk, du bist ein Idiot!« Der alte Mann zuckte
zurück, als sei er geschlagen worden. Der Wandler fuhr fort:
»Erkennst du nicht, daß ihr der Übernahme in keinem
Fall entrinnen könnt? Wahrscheinlich werden die Idiraner euch
kassieren, aber wenn nicht sie, dann die Kultur. Ihr habt keine
Gewalt mehr über euer eigenes Schicksal; der Krieg hat all dem
ein Ende bereitet. Bald wird dieser ganze Sektor Teil der Front sein,
es sei denn, ihr macht ihn zu seinem Teil der idiranischen
Sphäre. Ich bin bloß hergeschickt worden, um euch etwas zu
sagen, worauf ihr von allein hättet kommen sollen – redet
euch nicht ein, ihr müßtet etwas tun, was ihr später
bereuen werdet. Um Gottes willen, Mann, die Idiraner werden euch
nicht fressen …«
»Ha! Sie sehen ganz danach aus! Ungeheuer mit drei
Füßen, Invasoren, Killer, Ungläubige… Du willst,
daß wir uns mit ihnen verbünden? Mit dreimannshohen
Monstern? Um unter ihre Hufe gestampft zu werden? Um ihre
falschen Götter anbeten zu müssen?«
»Wenigstens haben sie einen Gott, Frolk. Die Kultur hat
keinen.« Die Konzentration aufs Sprechen bewirkte, daß der
Schmerz in seine Arme zurückkehrte. Er verlagerte seinen
Körper, so gut es gehen mochte, und blickte auf den Minister
nieder. »Sie denken wenigstens auf die gleiche Weise wie ihr.
Die Kultur tut es nicht.«
»O nein, mein Freund, o nein.« Amahain-Frolk hob dem
Gefangenen eine Handfläche entgegen und schüttelte den
Kopf. »Es wird dir nicht gelingen, auf diese Weise den Samen der
Zwietracht zu säen.«
»Mein Gott, du dummer alter Mann«, sagte der Wandler
lachend. »Möchtest du wissen, wer der wirkliche Vertreter
der Kultur auf diesem Planeten ist? Nicht sie«, er deutete mit
einem Kopfnicken zu der Frau hin. »Es ist dieser mit eigenem
Antrieb versehene Fleischschneider, der ihr überallhin folgt,
ihr fliegendes Messer. Sie mag die Entscheidungen treffen, es mag
tun, was sie ihm sagt, und trotzdem ist es der eigentliche
Abgesandte. Das ist der Kern der Kultur: Maschinen. Du glaubst, weil
Balveda zwei Beine und eine weiche Haut hat, mußt du ihre
Partei ergreifen, aber es sind die Idiraner, die in diesem Krieg auf
der Seite des Lebens stehen…«
»Nun, in Kürze wirst du auf der anderen Seite des Lebens
sein.« Der Gerontokrat schnaubte und streifte Balveda mit einem
Blick. Die Agentin betrachtete unter gesenkten Wimpern den an die
Wand geketteten Mann. »Gehen wir, Miss Balveda.«
Amahain-Frolk drehte sich um und nahm den Arm der Frau, um sie aus
der Zelle zu geleiten. »Die Anwesenheit dieses… Dings erzeugt einen übleren Geruch als die Zelle.«
Da sah Balveda zu dem Gefangenen auf. Sie ignorierte den neben ihr
zwergenhaften Minister, der versuchte, sie zur Tür zu ziehen.
Sie sah den Gefangenen mit ihren klaren schwarzen Augen an und
breitete die Hände aus. »Es tut mir leid«, sagte sie
zu ihm.
»Ob Sie es glauben oder nicht, das beschreibt recht gut auch
meine Empfindungen«, erwiderte er mit einem Nicken.
»Versprechen Sie mir nur, daß Sie heute abend ganz wenig
essen und trinken werden, Balveda. Ich möchte mir gern
vorstellen, daß eine Person da oben auf meiner Seite ist, und
das kann ebensogut meine schlimmste Feindin sein.« Er wollte
provozierend und witzig sprechen, aber es klang nur bitter. Er wandte
die Augen von dem Gesicht der Frau ab.
»Ich verspreche es«, sagte Balveda. Sie ließ sich
zur Tür führen. Das blaue Licht schwand aus der dumpfigen
Zelle. An der Tür blieb sie stehen. Wenn er seinen Kopf unter
Schmerzen vorreckte, konnte er sie gerade noch erkennen. Das
fliegende Messer war auch da, stellte er fest, gerade noch im Raum.
Wahrscheinlich war es die ganze Zeit dort gewesen, aber ihm war der
schlanke, scharfe kleine Körper, der dort in der Dunkelheit
schwebte, nicht aufgefallen. Er sah in Balvedas dunkle Augen. Das
fliegende Messer bewegte sich.
Eine Sekunde lang glaubte er, Balveda habe die Maschine
instruiert, ihn jetzt zu töten – lautlos und schnell,
solange sie Amahain-Frolk die Sicht versperrte –, und sein Herz
hämmerte. Aber der Apparat schwebte nur an Balvedas
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