Bedenke Phlebas
idiranische
Stuhl, auf dem er hockte, vermittelte ihm weniger stark das
Gefühl, ein Kind zu sein; seine Füße berührten
nicht einmal das Deck.
»Knapp. Jedenfalls danke. Ich bedauere, daß ihr den
ganzen Weg bis hierher habt machen müssen, um einen Versager zu
retten.«
»Befehl ist Befehl. Ich persönlich bin froh, daß
wir dazu imstande waren. Jetzt muß ich Ihnen erzählen,
warum wir diesen Befehl erhalten haben.«
Horza lächelte und wandte den Blick von dem alten Idiraner
ab, der ihm soeben eine Art Kompliment gemacht hatte; eine
Seltenheit. Er sah wieder zu ihm hin und beobachtete den Mund des
anderen Wesens – groß genug, dachte Horza, um ihm beide
Hände auf einmal abzubeißen –, aus dem die
präzisen, kurzen Worte der idiranischen Sprache
dröhnten.
»Sie waren einmal mit einer Verwalter-Mission auf Schars
Welt, einem der Dra’Azon-Planeten der Toten«, stellte
Xoralundra fest. Horza nickte. »Sie müssen für uns
dorthin zurückkehren.«
»Jetzt?« fragte Horza das breite, dunkle Gesicht des
Idiraners. »Dort sind nur Wandler. Ich habe Ihnen gesagt,
daß ich niemals einen anderen Wandler verkörpern werde.
Und ganz gewiß werde ich keinen töten.«
»Das verlangen wir auch nicht von Ihnen. Hören Sie zu,
ich will es Ihnen erklären.« Xoralundra lehnte sich auf
eine Weise gegen seine Rückenstütze, die so gut wie jeder
Vertebrate [ii] – oder sogar jedes einem Vertebraten ähnliche Wesen –
›müde‹ genannt hätte. »Vor vier
Standardtagen«, begann der Idiraner – dann gab sein
Anzughelm, der neben seinen Füßen auf dem Boden lag, ein
durchdringendes Heulen von sich. Er nahm den Helm hoch und legte ihn
auf den Tisch. »Ja?« fragte er, und Horza kannte die
idiranische Stimme gut genug, um sich zu sagen, daß es für
denjenigen, der den Querl da behelligte, gut wäre, einen
triftigen Grund zu haben.
»Wir haben die Kultur-Frau«, klang eine Stimme aus dem
Helm.
»Ahh…« Xoralundra richtete sich auf. Das
idiranische Gegenstück eines Lächeln – der Mund
schürzte sich, die Augen verengten sich – glitt über
seine Züge. »Gut, Captain. Ist sie schon an Bord?«
»Nein, Querl. Das Shuttle hat vor zwei Minuten abgelegt. Ich
ziehe die Gefechtsplattformen zurück. Wir sind bereit, das
System zu verlassen, sobald alle an Bord sind.«
Xoralundra beugte sich näher über den Helm. Horza
inspizierte die gealterte Haut auf seinen Handrücken. »Was
ist mit dem Kultur-Schiff?« fragte der Idiraner.
»Immer noch nichts, Querl. Es kann überall im System
sein. Unser Computer vermutet es außerhalb, möglicherweise
zwischen uns und der Flotte. Nicht mehr lange, und es muß
merken, daß wir hier ganz allein sind.«
»Captain, Sie werden in dem Augenblick, wo die Kultur-Agentin
an Bord ist, zu unserer Flotte aufbrechen, ohne auf die Plattformen
zu warten. Haben Sie verstanden?« Xoralundra gab Horza seinen
Blick zurück. »Haben Sie verstanden, Captain?«
wiederholte der Querl, ständig den Menschen ansehend.
»Ja, Querl«, antwortete die Stimme. Horza erkannte den
eisigen Ton noch durch den kleinen Helmlautsprecher.
»Gut. Treffen Sie die Entscheidung über die beste Route
zurück zur Flotte nach eigenem Ermessen. In der Zwischenzeit
werden Sie in Befolgung des Befehls der Admiralität die
Städte De’aychanbie, Vinch, Easna-Yowon, Izilere und Ylbar
mit Fusionsbomben zerstören.«
»Ja, Qu…« Xoralundra drückte einen Schalter in
dem Helm, und der Lautsprecher verstummte.
»Ihr habt Balveda?« fragte Horza überrascht.
»Wir haben die Kultur-Agentin, ja, ich betrachte ihre
Gefangennahme oder Vernichtung als verhältnismäßig
bedeutungslos. Aber nur, weil wir der Admiralität versicherten,
wir würden versuchen, sie festzunehmen, wurde die risikoreiche
Mission, Sie vor Ankunft der Hauptflotte zu retten, überhaupt in
Erwägung gezogen.«
»Hmm. Ich wette, Balvedas fliegendes Messer habt ihr nicht
erwischt«, schnaubte Horza und betrachtete von neuem die Runzeln
auf seinen Händen.
»Es zerstörte sich, während wir Sie an Bord der
Fähre holten, die Sie zum Schiff hinaufbrachte.« Xoralundra
wedelte mit der einen Hand und schickte einen Strom idiranisch
riechender Luft über den Tisch. »Aber genug davon. Ich
muß Ihnen erklären, warum wir einen leichten Kreuzer aufs
Spiel gesetzt haben, um Sie zu retten.«
»Das müssen Sie unbedingt erklären.« Horza
wandte das Gesicht dem Idiraner zu.
»Vor vier Standardtagen«, berichtete der Querl,
»fing eine Gruppe unserer Schiffe ein
Weitere Kostenlose Bücher