Beefy ist an allem schuld
mußte Sally wohl gemeint haben, als sie sagte, er dürfe einen Zylinderhut nicht zu einem gestreiften Trikot tragen. Er mußte zugeben, sie hatte recht. Zu so einer langen schwarzen Jacke sah ein Zylinder wirklich viel besser aus.
Jetzt stemmten sie den Sarg hoch. Sechs Mann, um einen Sarg hochzuheben. Also das, sagte sich Beefy, würde er zur Not auch noch allein schaffen.
«Ja, Mr. Jones, das ist wirklich ein merkwürdiger Zufall», sagte William Smith, der Leichenbestatter, zwei Stunden später. «Wir haben tatsächlich zufällig eine Stelle frei. Der arme Robinson. Sie haben ihn kurz vor der Dämmerung aus dem Fluß gezogen.»
Beefy sah sich um. Auf dem Tisch lag ein Gehrock und auf dem Gehrock ein Paar schwarze Handschuhe und ein Zylinderhut. Wie traurig, daß der arme Robinson diese Sachen nie mehr tragen würde.
Ja, traurig war das wohl, aber für Beefy war dieser Unglücksfall ein wahrer Glücksfall.
Jetzt saß er neben dem Fahrer im letzten Wagen des Leichenzuges, und auf seinem Kopf prangte wieder ein Zylinderhut. Sein untersetzter Körper steckte in einem schwarzen Gehrock. Und seine Pranken hatte er tatsächlich in die Handschuhe des seligen Mr. Robinson gezwängt.
Der feierliche Zug hielt vor der St.-Judas-Kirche. Beefy beobachtete aufmerksam die anderen Zylindermänner. Dann trug er mit ihnen den Sarg in die Kirche, kehrte um und setzte sich wieder ins Auto.
Und da saß er nun; er, Beefy, piekfein gekleidet, in einem Rolls-Royce. Es war der stolzeste Augenblick seines Lebens. Er hüstelte vornehm und hielt dabei die behandschuhte Hand vor den Mund, wie er es bei den anderen gesehen hatte.
Aber dann schlug mit erschreckender Plötzlichkeit das Schicksal zu. Denn die Straße entlang kam, scheinbar absichtslos, eine Gruppe fröhlich plaudernder Menschen direkt auf ihn zu: eine füllige Frau mit feuerrotem Haar, ein großer Mann mit schwarzen Koteletten, ein Briefträger mit einem Holzbein, und ein Mann, dessen linkes Auge glasig ins Leere starrte.
Beefy zog sich den Zylinder tief ins Gesicht. Aber unausweichlich -wie in einer griechischen Tragödie - bewegte sich die Gruppe auf ihn zu, bis sie in gleicher Höhe mit ihm war.
«Also, ich werde nicht mehr! Das ist ja unser Beefy! Beefy in der Leichenbranche!» schrie eine forsche Stimme.
Beefy duckte sich.
«Und ganz groß in Schale», sagte ein anderer.
«Wohl auf dem Weg zum Rennplatz?» fragte ein dritter.
Schweigen.
«Wohl zu stolz, um noch mit alten Freunden zu reden», sagte Ida beleidigt.
«Psssst», flehte Beefy. «Wir müssen leise sein. Versteht doch, eine Beerdigung.»
«Seht euch das an, Handschuhe und Bratenrock», schrie Holzbein.
«Bitte, geht weg», flehte Beefy verzweifelt. «Sonst schmeißt man mich raus.»
«Sehr wohl, Euer Gnaden», sagte Heck und machte eine ironische Verbeugung. Ida und die Jungens brüllten vor Lachen. In diesem Augenblick kam Mr. William Smith aus der Kirche, um die Träger zu rufen. Er traute seinen Augen nicht. Mit energischen Schritten ging er auf die lachend lärmende Gruppe zu. «Ich bitte Sie», sagte er, «haben Sie denn gar kein Gefühl für Anstand und Würde?»
Mr. Smith funkelte den unglücklichen Beefy zornig an. «Wir sprechen uns später noch», zischte er.
Und so kam es denn auch. Wutbebend saß er hinter seinem Schreibtisch und blickte finster auf Beefy. «Seit fünfzig Jahren», fauchte er, «haben mein Vater und ich dieses Geschäft mit Würde und Anstand betrieben, und heute hatten wir dank Ihnen so etwas wie eine Zirkusnummer. Nehmen Sie den Hut ab», befahl er.
«Aber...» fing Beefy an.
«Abnehmen, sage ich.»
Beefy gehorchte.
«Und den Gehrock.»
Beefy gehorchte.
«Und nun raus», sagte Mr. Smith wütend.
«Aber...» sagte Beefy.
«Raus.»
Beefy ging zur Tür. «Es tut mir so leid», sagte er kläglich.
Mr. Smith griff nach einem großen Briefbeschwerer, der die Form eines Sarges hatte, und warf damit nach Beefy, ohne ihn zu treffen. Beefy hob ihn höflich auf und legte ihn auf den Schreibtisch zurück. Dann drehte er sich traurig um und verließ das Zimmer.
Ihm war jetzt nicht danach zumute, den Jungens zu begegnen. Natürlich war es nicht ihre Schuld, daß er den Job verloren hatte. Sie hatten einfach nicht begriffen, wie man sich bei solchen Anlässen verhalten mußte. Aber das Bedürfnis nach Trost lenkte seine Schritte zu Lizzie Tubb. Er mußte ihr alles erzählen.
Ihr Gesicht strahlte vor Freude auf, als sie ihm die Tür öffnete. «Kommen Sie rein»,
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