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Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Titel: Befehl aus dem Jenseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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Coaters war nur noch zwei Meter unter ihm. Das Ungeheuer hatte seine Hautschleppe wie einen Mantel um den Stamm des Baumes geschlungen. Langsam, aber unaufhaltsam kletterte der Coater höher.
    In diesem Augenblick stieß Roby einen gellenden Schrei aus. Die lang angestaute, kreatürliche Angst schaffte sich explosionsartig Luft. Wahnsinnig, bis in die letzten Nervenenden vibrierend und vom ungeheuren Druck der Ungewißheit überfordert, brach er zusammen.
    Ein instinktiver Reflex ließ ihn die Beine heben. Er dachte nicht mehr. Nichts von dem, was er jetzt tat, war gewollt. Er hatte keinen Willen mehr. Er war nur noch ein hilfloses Bündel Mensch, dem die hochgepeitschte Todesangst ungeahnte Kräfte verlieh.
    Seine Beine knallten gegen die breite Kopfplatte des Coaters. Wieder und wieder hob er sie ruckartig an. Wie Hammerschläge zertrümmerten sie die brüchige Schädeldecke jenes Wesens, auf das sich in diesem Augenblick seine ganze Angst und Verzweiflung konzentrierte.
    Er tötete nicht, um zu leben. Er spürte nicht einmal, daß er tötete. Seine Arme wurden schwach. Sein Körper rutschte den glatten Stamm hinab, traf auf den Coater, drückte ihn nach unten.
    Das große, schwere Wesen platschte auf den regenweichen, schwarzroten Boden. Dumont fiel mitten auf den Körper des Coaters. Und immer noch zog er in pausenlosem Rhythmus die Beine an und stieß zu. Erst in den weichen, leblosen Körper, dann nur noch in die Luft, in den heißen, schmutzigen Regen. Wie ein zu Tode verwundetes Tier wehrte sich der Mann von Terra selbst dann noch, als es längst unsinnig geworden war. Nur langsam wurden die krampfhaften Stöße seiner Beine schwächer.
    Ein tiefes, klagendes Stöhnen löste sich von den Lippen Dumonts. Seine Finger glitten ruckartig über die kühle, feuchte Haut des Coaters. Sie streichelten das tote Wesen, als wollten sie jetzt noch um Schutz und Hilfe im Verzweiflungskampf gegen diese grauenhaft fremde Welt betteln.
    Noch einmal bäumte Roby Dumont sich auf. Wie von Krämpfen geschüttelt wälzte er sich über den Körper des Coaters. Er verfing sich in der weichen Hautschleppe und wurde still. Eintönig platschten die dicken Regentropfen auf die beiden bewegungslosen Körper. Doch sie konnten die Schuld des Terraners nicht fortspülen. Niemals, in alle Ewigkeit nicht ...
    *
    Myriam Roos sah alles und hörte alles, doch sie bewegte sich nicht. Sie konnte sich nicht bewegen. Den Blick starr geradeaus gerichtet, unfähig, auch nur einen einzigen Muskel zum Zucken zu bringen, mußte sie das Inferno um sich herum ertragen.
    Längst hatte sie aufgegeben, mit der Kraft ihres Willens die Lähmung zu durchbrechen. Als der Fremde vor ihr in die Knie ging, hätte sie alles auf der Welt dafür gegeben, die Augen schließen zu können. Doch selbst das gelang ihr nicht. So war sie von Anfang an Zeugin jenes höllischen Ausbruchs geworden, der für sie doch nicht mehr war als ein Streichholz, das in ein loderndes Feuer geworfen wird.
    Alles in ihr war gestorben: der Wille, die Gefühle, alles! Mit der Mentalität eines schwachsinnigen Kindes registrierte sie, was um sie herum geschah.
    Sie sah die glühende Lava und hörte das krachende Bersten im Berg. Sie spürte die Hitze auf der Haut ihres Gesichtes, und sie fühlte die scharfen Felskanten in ihrem Rücken.
    Es berührte sie nicht.
    Myriam Roos glaubte nicht mehr an das, was ihre Sinnesorgane ihr übermittelten. Sie hatte sich in eine psychologische Verdrängungssituation geflüchtet. Vielleicht war dies der einzige Weg, das höllische Inferno zu überstehen ...
    Auch als der Vulkanausbruch schlagartig aufhörte und nur noch das Knistern der Brände zu ihr heraufdrang, reagierte sie nicht. Der Regen ließ nach. Schwarze Rauchwolken stiegen vom Tal her über erkaltende Lavaströme. Das Meer hatte einen großen Teil der Insel verschluckt. Nur die Ausläufer des Berges und ein winziges Eiland mit zerrupften Bäumen waren noch zu sehen. Schmutziger Schaum tanzte über brodelnde Wellen, doch Myriam Roos, die Erbin eines halben Kontinents auf einem Planeten, der sich Terra nannte, die ›Regina do Brazil‹ – sie reagierte nicht mehr auf ihre Umwelt.
    Schweigend, bewegungslos und starr lehnte sie an der Felswand. Ihre Hände waren halb geöffnet. Ihr Gesicht wirkte blutleer und eingefallen. Die Wunde an ihrer Stirn hatte Schorf angesetzt. Aschestaub und Regenspritzer, Funken und Felssplitter hatten ihre Spuren im Gesicht des Mädchens hinterlassen. Niemals mehr würde

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