Befehl aus dem Jenseits (German Edition)
Insel hockte. Sie war nicht größer als Piccadilly Circus in London.
Dr. Roby Dumont schüttelte ungläubig den Kopf. Er strich sich über die feuchten, verfilzten Haare. Vorsichtig rutschte er etwas zur Seite und betrachtete nachdenklich das leblose Wesen vor seinen Füßen.
Er hatte es getötet.
Warum?
Er beugte sich vor, dann sah er in der stumpf schimmernden Hautfalte eine Art Beutel aus Stoff. Vorsichtig löste er den Verschluß. Es machte keine Schwierigkeiten. Der Code war auf seine Erkennungsnummer der RAF eingestellt: 120340-RMD-171158.
Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Sekundenlang glaubte er, irgendwo abgeschossen zu sein. Doch das paßte nicht zu den fremden Raumschiffen. Derartige Typen gab es nicht. Jedenfalls kannte er sie nicht. Und dann war da noch dieses merkwürdige Wesen ...
Seine Hände wühlten in dem Beutel. Er zog eine Hose hervor. Sie hatte nirgends eine Naht. Er probierte sie an.
Die Hose paßte.
Ein paar Kleinigkeiten aus dem Beutel konnte er nicht definieren. Er verschloß ihn und hängte ihn über die Schultern. Seine Haut juckte. Er betrachtete seinen zerschundenen Körper und vermied es krampfhaft, das von ihm getötete Wesen anzusehen.
Und dann mußte er plötzlich lachen. Ihm war etwas eingefallen. Er erinnerte sich an den dicken Sergeant, der ihm vor langer, langer Zeit beigebracht hatte, wie er nach einem Absturz überleben konnte.
»Mach-3-Jäger stürzen nicht einfach ab«, hatte der Sergeant mit heiserer Stimme erklärt, »sie werden vom Himmel geputzt und dabei in pennygroße Einzelteile zerlegt. Das gilt natürlich auch für die Besatzung ...«
An dieser Stelle hatte der Sergeant immer gefeixt. Er wollte, daß seine Offiziersschüler den Brocken unzerkaut schluckten.
Dr. Roby Dumont grinste, als er daran zurückdachte. Damals hatte er nicht gegrinst.
»Wenn Sie aber durch irgendeinen blöden Zufall doch einmal heil abstürzen sollten«, pflegte der Sergeant nach einer genüßlichen Pause zu sagen, »dann, meine Herren, fängt der große Katzenjammer erst an!«
In besonderen Überlebenskursen hatten die jungen Flugschüler anschließend gelernt, wie man einen Insektensalat zubereitet, wie man mit Drahtresten Fallen aufstellt und wie man ohne besondere Tabletten Trinkwasser aus modrigen Tümpeln gewinnt. Sie hatten Tabellen und Tierspuren auswendig gelernt und den Stand der Sterne am nördlichen Himmel gebüffelt.
Damals hatte Dr. Roby Dumont noch an das geglaubt, was er lernte.
»Jeder Kontakt zu Einheimischen ist strikt zu vermeiden«, hatte der Sergeant den Flugschülern der RAF eingehämmert. »Tagsüber wird in einem getarnten Versteck geschlafen. Und nachts wird marschiert, bis Kontakt mit den eigenen Einheiten aufgenommen werden kann ...«
Ein leichtes Glucksen lenkte Roby Dumont ab. Er blickte auf seine Füße. Sie lagen im Wasser. Das fremde Wesen bewegte sich. Unwillkürlich zuckte Dumont zusammen. Die fahle Hautschleppe am Rücken des Coaters breitete sich zur Seite hin aus.
Erst jetzt erkannte Dumont, daß seine Insel kleiner geworden war. Langsam, aber unaufhaltsam kam das Wasser näher.
Die Insel versank!
Er hatte ein trockenes Gefühl in der Kehle. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Langsam trieb der Körper des Coaters ab. Er schwankte leicht auf den Wellen. Die Hautschleppe hüllte das Wesen wie ein weiches Leichentuch ein.
Roby Dumont schüttelte sich. Er riß sich von dem schaurigen Anblick los und stand auf. Seine Beine schmerzten. Er legte die Hand über die Augen und sah sich um. Überall nur graugrünes Wasser mit großen schwarzen Flecken.
Die Insel war nun nicht mehr viel größer als sein Apartment in London. Roby schätzte, daß er noch fünf bis zehn Minuten hatte. Er mußte zu einer Entscheidung kommen. Wenn die Insel versank, konnte er schwimmen. Aber wohin?
Der Coater trieb in sein Blickfeld.
Dumont starrte ihn an. Plötzlich schoß ein neuer Gedanke durch sein Hirn. Er hatte bisher angenommen, von Feinden umgeben zu sein. Der Coater hatte ihn eindeutig verfolgt und angegriffen.
Doch nun begriff Dumont, daß es nicht so war. Mit einer Hand strich er über seine Hose. Sie paßte ihm. Der Coater hatte sie gebracht ...
Mit einem Aufstöhnen beugte sich Roby Dumont nach vorn. Er schloß die Augen. Sein Körper schwankte. Mit hängenden Armen stand er auf der ständig kleiner werdenden Insel.
Erst als ein kurzer Windstoß durch seine verfilzten Haare blies, kam er wieder zu sich. Er zwang sich, seine
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