Befehl aus dem Jenseits (German Edition)
massiv und bot einen vorübergehenden Schutz. Hastig stolperte der Mönch zurück. Er humpelte. Seine nackten Arme bluteten. Dichter Rauch nahm ihm die Sicht. Und dann erlebte er das größte Wunder seines Lebens.
Direkt vor ihm, zum Greifen nah, lehnte ein junges, schwarzhaariges Mädchen an der Felswand. Ihre Augen waren starr geöffnet, aber ohne jede Bewegung. Ein dünner, heller Blutstreifen lief in einer schmalen Zackenbahn über ihre weiße Stirn.
Noch nie hatte der Bettelmönch aus dem oberindischen Kloster Lahore ein Bild von vollkommenerer Schönheit gesehen. Aufgeschlossen für die Dramatik und die mystische Schönheit alles Grausamen starrte er auf das bewegungslose Mädchen. Sein durch die Erfahrung geprägter Fatalismus löste sich in Nichts auf.
Zum erstenmal waren seine Gefühle stärker als sein asketischer Verstand. Voller Bewunderung sank er in die Knie. Er legte die Stirn auf den heißen Fels. In andächtigem Schweigen vergaß er das Inferno, von dem ihn nur eine brüchige Felsschicht trennte. Er blickte auf. Stinkende Gasschwaden hüllten ihn ein. Hitze und Feuer flossen hinter seinem Rücken die Bergflanken hinab.
Er spürte es nicht, so sehr war er in das Bild des Mädchens versunken. In ein Mädchen, das keine Antwort für ihn hatte.
Das kleine, diskusförmige Raumschiff kreiste im Warteraum eines Anflugsatelliten. Wie eine endlose Perlenkette reihten sich immer neue Einheiten in die Warteschleife, während andere Raumer zur Landung auf der Zentralwelt abgerufen wurden.
Das letzte Stück der langen Reise legte Llador-4-Taker ohne eigene Kontrollmöglichkeiten zurück. Gravitationsschläuche erfaßten seinen kleinen Diskus. In einer Hyperbelbahn wurde er nach unten geführt. Der Diskus durchstieß schillernde Abwehrschirme, Sperratmosphären und dann erst die eigentliche Lufthülle der zentralen Nonos-Welt. Llador-4-Taker blickte fasziniert auf das grandiose Bild unter sich. Aus farbigen Luftschichten schälte sich langsam der strahlende Planet heraus. Ein gleißendes Meer von Licht starrte ihm wie ein in Milliarden Farben schillerndes Facettenauge entgegen.
Das war seine Welt. Sein Planet – die Stadt NONOS . Ein harmonisches Labyrinth. Fünfhundert Millionen Quadratkilometer groß, mit Seen, Parks und Flüssen zwischen sauberen Häuserriesen.
Llador-4-Taker lächelte, als er daran dachte, daß er soeben von einer Welt kam, die ebenso groß war, die aber zu mehr als zwei Dritteln aus ungenutzten Wasserflächen bestand. Selbst auf den Kontinenten hatte die Erde mehr unbebautes Gebiet als Städte.
NONOS war anders. Der zentrale Stadtplanet der größten galaktischen Rasse kannte einfach keinen Vergleich.
Der Diskus-Raumer fädelte sich in eine Kette aus unterschiedlich gestalteten Raumfahrzeugen ein. Plumpe Frachter und elegante Nahverkehrs-Einheiten machten ihm Platz. Trotzdem dauerte es lange, bis Llador-4-Taker die sanfte Erschütterung der Landung spürte. Sekundenlang saß er verträumt in seinem Sessel. Seine schlanken Finger spielten mit dem schwarzen Bowler. Er drehte ihn hin und her. Noch völlig in Gedanken versunken stülpte er ihn über seinen hohen Schädel. Entschlossen stand er auf. Jetzt durfte er keine Zeit mehr verlieren. Die Sonnenmeister erwarteten ihn. Er öffnete die Sicherheitsschleusen seines kleinen Raumschiffes.
Für einen Augenblick blieb er auf der Rampe stehen. Seine Nasenflügel bebten vor Glück, als er die duftende Luft von NONOS in seine Lungen sog. Doch dann fiel ein Schatten auf seine Zufriedenheit.
Sein Gesicht erstarrte bei dem Gedanken an die Vergänglichkeit dieser hohen, ruhmreichen Kultur. Bald schon würde auch dieser Planet am Ende sein. Die Vision von stinkendem Moder zwischen verlassenen Ruinen ließ Llador-4-Taker aufseufzen. Er stand leicht vorgebeugt auf der Rampe, dann stieg er müde und mit steifen Gelenken in ein kleines Bodenfahrzeug.
Die rote Halbkugel beschleunigte augenblicklich. Wie ein Wassertropfen zuckte das wendige Fahrzeug über die spiegelnde Landefläche. Überall schossen ähnliche Transportkuppeln hin und her. Sie suchten sich nach einem unsichtbar gelenkten Plan eine der vielen tausend Öffnungen an der Frontseite des riesigen Empfangsgebäudes. Von hier aus ging es wie auf allen zwölfhundert Raumhäfen von NONOS auf direktem Rohrweg zu den einzelnen Bestimmungsorten.
Llador-4-Taker mußte einige Zeit vor einer golden eingekreisten Öffnung warten. Sie führte zu den Hügeln. Dort, auf den flachen Bergkuppen in der
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