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Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Titel: Befehl aus dem Jenseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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den Fesseln seiner eigenen Vorstellungsklischees entkommen. Und wieder spürte er, daß er der Lösung seines Problems ein winziges Stückchen näher gekommen war.
    Im gleichen Augenblick stieß etwas gegen seine linke Schulter.
    *
    Darius Assif lauschte so angespannt, daß seine Ohren schmerzten. Doch das röhrende Donnern der fremden Raumschiffe war verstummt. Kein noch so geringes Geräusch drang mehr bis zur Halbhöhe am Steilhang des Vulkankegels.
    Entmutigt richtete der Bettelmönch sich auf.
    Er kroch vorwärts. Der Berg hatte sich verändert. Überall hatten Lavaströme und herabdonnernde Felslawinen die Flanken des Kegels abgeschliffen. Selbst der Weg, auf dem er bis in diese Höhe gelangt war, existierte nicht mehr.
    Dafür hatte die Lava einen neuen, flachen Kamm gebildet. Er sah aus wie eine schwarze, rauchende Rutschbahn zum Meer hinab.
    Sekundenlang überlegte Assif, ob er sich einfach hinunterstürzen sollte. Doch er gab diesen Gedanken wieder auf. Durch die neue Form von Lava und Berg hatte die drohende Tiefe etwas von ihrem Schrecken verloren. Assif war nicht mehr sicher, daß ein Sturz ihn auch sofort töten würde. Die Schräge war zu flach. Das Risiko, ins Meer zu stürzen und dabei noch nicht tot zu sein, wollte der Bettelmönch nicht eingehen.
    Wie alle Festlandbewohner, die noch nie vorher einen Ozean gesehen hatten, erschreckte Assif die unendliche Wasserfläche.
    Er drehte sich um. Die Höhle war gerade so groß, daß drei oder vier Personen Platz fanden.
    Assif beugte sich über das Mädchen. Es hatte sich nicht bewegt. Er löste eine schillernde Spinne mit hellblauem Leib und langen, gedrehten Flügeln von der Stirn des Mädchens. Dabei fiel ihm eine Frucht in die Hand. Sie sah aus wie eine Kumquat-Orange. Rötlicher Saft tropfte aus der daumennagelgroßen Frucht.
    Der Bettelmönch berührte die Schulter des Mädchens. Er strich das lange schwarze Haar etwas zur Seite. Ratlos blickte er in das leblos wirkende, bleiche Gesicht. Vorsichtig begann er, an den Schultern zu rütteln.
    Auch nach mehreren Versuchen hatte er keinen Erfolg. Die Starre löste sich nicht. Er wischte mit der Hand über die weitgeöffneten Augen des Mädchens. Die großen Pupillen reagierten weder auf Schatten noch auf die direkte Berührung der Hornhaut.
    Erst jetzt ließ Assif von seinem Vorhaben ab. Eigentlich war es ihm sogar willkommen, daß seine Einsamkeit nicht durch flache, nichtssagende Gespräche gestört wurde.
    Trotzdem beschloß er, etwas gegen seine körperliche Blöße zu unternehmen. Er trennte mit einem spitzen Stein den Overall an den Beinen des Mädchens auf. Es ging schwerer, als er erwartet hatte. Aber er gab nicht auf. Mit dem stoischen Gleichmut der Asiaten fuhr er fort, Millimeter um Millimeter des Overalls aufzuschaben.
    Er wußte nicht, wie lange er schließlich gebraucht hatte. Er zog zwanzig, dreißig Zentimeter Stoff nach unten. Mit etwas Geduld gelang es ihm, einen notdürftigen Lendenschurz um seine Hüften zu schlingen.
    Er leckte sich über die Lippen und mußte plötzlich bitter aufstoßen. Ein zerrendes Gefühl machte sich in seinem Inneren breit.
    Er hatte Hunger.
    Sein Verstand sagte ihm, daß die Wirkung seiner letzten Opiumpfeife langsam nachließ. Normalerweise hatte er dann zwei Tage lang keinen Hunger.
    Das plötzlich auftretende, rein körperliche Bedürfnis erschreckte Darius Assif. Es paßte nicht in seine Vorstellungen. Konnte man Hunger haben, wenn man die Erde verlassen hatte?
    Sein Unterbewußtsein hatte bereits seit längerer Zeit bohrende Fragen gestellt. Jetzt konnte der Bettelmönch seine Unruhe nicht länger unterdrücken. Er blickte auf den Lavahang, auf das unendliche Wasser, die dunklen Wolken und auf das Mädchen. Seine Lippen schürzten sich.
    Unwillkürlich schüttelte er den Kopf.
    Nein, das hier war nicht das Leben nach dem Tod. Er hatte an Lotusblüten und an ein unendliches Nichts gedacht. Erinnerungen an Fabelwesen und Mythen tauchten in seinem Bewußtsein auf. Legenden, Sagen und symbolische Überlieferungen, Vorstellungen der Seelenwanderung und Gedanken an die Berichte anderer Religionen vermischten sich in seinem Hirn.
    Feuer – Wasser – Erde!
    »Unmöglich!« sagte der Bettelmönch leise. Er schob einen warmen Stein über den Rand des kleinen Plateaus. Der Stein polterte über die flache Schräge und klatschte deutlich hörbar ins Meer.
    Kreisförmige Ringe verbreiteten sich auf den Wellen. Das alles war zu normal. Assif wußte genug von den

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