Befehl von oben
Bücher gelesen. Sie sind nicht sehr geschickt – nicht sehr elegant, im Fachjargon – mit Worten, aber Sie sagen klar Ihre Meinung. Also muß ich meine Rhetorik zurückschrauben, damit es nach Ihnen klingt. Kurze Sätze. Ihre Grammatik ist gut. Katholische Schulen, schätze ich. Sie machen den Leuten nichts vor. Sie sagen es geradeheraus.« Sie lächelte. »Wie lang soll die Rede sein?«
»Sagen wir, fünfzehn Minuten.«
»In drei Stunden bin ich wieder da«, versprach Weston und stand auf.
Ryan nickte, und sie ging. Dann sah der Präsident zu Agent Price.
»Spucken Sie's aus!« befahl er.
»Schlimmste Scheißnervensäge dort drüben. Voriges Jahr ist sie wegen irgendwas über einen jüngeren Mitarbeiter hergefallen. Ein Wachtposten mußte sie von ihm losreißen.«
»Weswegen?«
»Er hat sich abfällig über eine ihrer Reden geäußert und vermutet, mit ihrer Herkunft wär', was nicht in Ordnung. Am nächsten Tag ist er gegangen. Kein Verlust«, schloß Price. »Aber eine arrogante Primadonna ist sie. Sie hätte nicht sagen dürfen, was sie gesagt hat.«
»Und wenn sie recht hat?«
»Sir, mich geht das nichts an, aber …«
»Hat sie recht?«
»Sie sind anders, Mr. President.« Price sagte aber nicht, ob sie das gut oder schlecht fand, und Ryan fragte nicht nach.
Der Präsident hatte ohnehin anderes zu tun. Er nahm den Hörer von Schreibtischtelefon, und eine Sekretärin meldete sich.
»Würden Sie mich mit George Winston von der Columbus Group verbinden?«
»Jawohl, Mr. President, ich verbinde.« Sie hatte die Nummer nicht gleich parat, und so rief sie von einem anderen Telefon aus im Signals Office an. Dort hatte ein Petty Officer der Navy die Nummer auf einem Haftzettel und las sie vor. Einen Augenblick später reichte er den Haftzettel der Marine auf dem Stuhl neben sich. Sie fischte in ihrem Portemonnaie, fand vier Vierteldollarstücke und übergab sie der hämisch grinsenden Teerjacke.
»Mr. President, Mr. Winston für Sie«, kam aus der Gegensprechanlage.
»George?«
»Ja, Sir?«
»Wie schnell können Sie hier unten sein?«
»Jack – Mr. President, ich versuche, mein Geschäft wieder zusammenzuflicken, und …«
»Wie schnell?« fragte Ryan mit etwas mehr Nachdruck.
Winston mußte überlegen. Seine Gulfstream-Crew stand nicht bereit. Zum Newark Airport … »Ich kann den nächsten Zug nehmen.«
»Geben Sie durch, mit welchem Sie kommen. Ich lasse Sie abholen.«
»Okay, aber Sie sollten wissen, daß ich nicht …«
»Doch, Sie können. Bis in ein paar Stunden.« Ryan legte auf, dann sah er Price an. »Andrea, lassen Sie ihn vom Bahnhof abholen!«
»Jawohl, Mr. President.«
Ryan kam zur Auffassung, Befehle zu geben und sie ausführen zu lassen war nett. Man könnte sich dran gewöhnen.
*
»Ich mag keine Waffen!« Sie sagte es laut genug, daß sich ein paar Köpfe drehten, die Kinder aber wandten sich gleich wieder ihren Malblöcken und Buntstiften zu. Ungewöhnlich viele Erwachsene waren hier, und bei dreien von ihnen führten spiralförmige Kabel aus den Kragen zu Kopfhörern im Ohr. Diese drei Köpfe drehten sich alle, um die ›besorgte‹ Mutter zu sehen. Als Chef dieses Detail ging Don Russel zu ihr.
»Hallo.« Er zeigte ihr seinen Dienstausweis. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Müssen Sie unbedingt hiersein!«
»Ja, Ma'am, das müssen wir. Könnte ich bitte Ihren Namen erfahren?«
»Wozu?« wollte Sheila Walker wissen.
»Nun, Ma'am, ist doch nett zu wissen, mit wem man spricht.« Das war verständlich. Und außerdem wäre es nett, über solche Leute weitere Erkundigungen einzuholen.
»Das ist Mrs. Walker«, sagte Mrs. Marlene Daggett, Leiterin der Kindertagesstätte Giant Steps.
»Ach, dann ist das da Ihr kleiner Junge, Justin, richtig?« lächelte Russel. Der Vierjährige baute gerade einen Turm mit Bauklötzen, den er dann, wenn er fertig war, zur Erbauung aller im Raum umstoßen würde.
»Ich mag einfach keine Waffen und schon gar nicht in der Nähe von Kindern.«
»Mrs. Walker, erstens sind wir Polizisten. Wir wissen, wie man sicher mit Waffen umgeht. Zweitens verlangt unsere Dienstvorschrift, daß wir ständig Waffen tragen. Und drittens wünschte ich, daß Sie es so sehen: Ihr Sohn ist hier bei uns so sicher, wie er nur sein kann. Sie brauchen sich nie Gedanken zu machen, daß Ihr Kind, zum Beispiel, vom Spielplatz weg entführt würde.«
»Warum muß sie denn ausgerechnet hier sein?«
Russel lächelte verständig. »Mrs. Walker, Katie da drüben ist
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