Befehl von oben
daß der Tiger riesengroße Krallen hat.
Okay«, räumte Webb ein. »Ryan ist ein Super-Spook – aber er braucht jemand, der ihm sagt, was das Recht ist, Tom.«
»So jemand würde nie gewählt werden«, bemerkte Kealty, der sich beherrschen mußte, um nicht mehr zu sagen. Sein Bürochef riß ihm beinahe das Telefon aus der Hand, sie waren ja so kurz vorm Ziel. Zum Glück redete Webb weiter.
»Er hat sich beim CIA wacker geschlagen. Er war sogar ein guter Berater für Roger Durling, aber das ist nicht das gleiche wie Präsident sein. Yeah, er hat Sie eingewickelt, Mr. Donner. Durling vielleicht auch.
Doch dieser Kerl baut die ganze Scheißregierung um, und zwar nach seinem Bild. Jede seiner Ernennungen betraf Leute, mit denen er zusammengearbeitet hat – oder sie wurden von engen Weggenossen für ihn ausgesucht. Murray an der Spitze des FBI. Möchten Sie, daß Dan Murray Amerikas mächtigste Strafverfolgungsbehörde leitet? Daß diese beide den Obersten Gerichtshof zusammenstellen?« Webb legte eine Pause ein und seufzte. »Ich tu' das gar nicht gern. Er ist einer von uns aus Langley, aber er sollte nicht Präsident sein, okay? Ich bin meinem Land verpflichtet, und mein Land ist nicht Jack Ryan.« Webb sammelte die Fotos ein und steckte sie wieder in die Mappen. »Ich muß wieder zurück. Wenn jemand dies rausbekommt, nun, Sie wissen ja, was mit Jim Cutter passiert ist …«
»Ich bedanke mich«, sagte Donner. Nun mußte er einige Entscheidungen treffen. Auf seiner Uhr war es Viertel nach drei, also mußte es schnell gehen. Es gab nämlich etwas, das schlimmer war als die verschmähte Frau. Es war ein Reporter, der entdeckte, daß er verarscht worden war.
*
Alle neun lagen im Sterben. Es würde noch fünf bis acht Tage dauern, aber sie waren alle dem Untergang geweiht und wußten es. Ihre Gesichter blickten auf die Überwachungskameras, und sie hatten keine Illusionen mehr. Diese Gruppe versprach, noch gefährlicher zu sein als die erste – sie wußten einfach besser Bescheid –, und wurden deshalb noch vollständiger ruhiggestellt. Während Moudi zusah, kamen die Armeesanitäter herein, um den Versuchspersonen Blutproben abzunehmen, notwendig zur Bestätigung und dann zur Bestimmung des Ausmaßes ihrer Infektion. Die Sanitäter waren von sich aus auf ein Verfahren gekommen, um die »Patienten« während der Blutabnahme an Gegenwehr zu hindern. Während ein Mann das Blut abzapfte, hielt ein anderer dem Kranken ein Messer an die Kehle. Auch wenn die Verbrecher sich dem Untergang geweiht wähnten, so waren sie Kriminelle und deshalb feige und nicht geneigt, ihren Tod zu beschleunigen. Moudi sah dem Vorgang einige Minuten zu und verließ dann den Überwachungsraum.
In manchen Dingen waren sie zu pessimistisch gewesen, dazu gehörte auch die Anzahl benötigter Viren. Im Kulturentank hatte Ebola die Affennieren und das Blut mit einem solchen Genuß verzehrt, daß die Ergebnisse selbst den Direktor schaudern ließen. Es sah so aus, als würden Ameisen sich über eine Frucht hermachen. Die Tierchen schienen aus dem Nichts zu kommen und sie zu überziehen, sie mit ihren Körpern schwarz zu machen. So lief es mit dem Ebola-Virus ab; es gab buchstäblich Billiarden von ihnen, die das ihnen als Nahrung angebotene Gewebe verbrauchten und ersetzten. Die frühere Farbe war nun einer ganz anderen gewichen, und keiner mußte Arzt sein, um zu wissen, daß der Inhalt des Tanks unfaßbar abscheulich war. Ein Blick auf die schreckliche ›Suppe‹ ließ einem das Blut gefrieren. Es gab nun Liter davon, und sie züchteten mehr, indem sie menschliches Blut aus der zentralen Teheraner Blutbank nahmen.
Der Direktor verglich im Elektronenmikroskop gerade zwei Proben.
Als Moudi näher trat, sah er die Datumsstempel. Eine war von Jean Baptiste, die andere von einem ›Patienten‹ aus Gruppe zwei.
»Sie sind identisch, Moudi«, sagte er, sich zu dem Jüngeren umwendend.
Das entsprach nicht den Erwartungen. Ein Problem war, daß Viren keine richtigen Lebewesen und so für ordentliche Vermehrung eigentlich schlecht eingerichtet waren. Den RNS-Strängen fehlte eine ›Redigier-Funktion‹, die sicherstellte, daß jede Generation genau in die Fußstapfen der Vorgängerin trat. Das war bei Ebola und vielen ähnlichen Organismen eine ernsthafte Anpassungsschwäche. Darum klang jeder Ebola-Ausbruch früher oder später von selbst ab. Der an den menschlichen Wirt schlecht angepaßte Virus wurde immer weniger virulent. Das machte
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