Befehl von oben
erhob. Das Gespräch lief über einen Dolmetscher, wie bei solchen Begegnungen üblich. Es sorgte für genauere Verständigung – und falls was arg danebenging, ließ sich immer sagen, der Dolmetscher hätte einen Fehler gemacht, für beide Seiten ein bequemer Ausweg. »Allah segne diese Begegnung.«
»Ich danke Ihnen, daß Sie mich so kurzfristig empfangen«, sagte Adler und nahm Platz.
»Sie sind weit hergekommen. Die Reise war gut?« fragte Daryaei höflich. Das ganze Ritual würde höflich sein, zumindest der Beginn.
»Sie verlief ohne Zwischenfälle«, räumte Adler ein, der sich zwang, kein Gähnen und keine Müdigkeit zu zeigen. Drei Tassen starken europäischen Kaffees hatten geholfen, seinen Magen aber leicht beunruhigt.
Diplomaten bei wichtigen Treffen sollten wie Chirurgen im OP vorgehen, und er war darin geübt, keine Gefühle zu zeigen, unruhiger Magen hin oder her.
»Ich bedaure, daß wir Ihnen nicht mehr von unserer Stadt zeigen können. Hier ist so viel Geschichte und Schönheit zu finden.« Beide Männer warteten auf die Übersetzung dieser Worte. Der Dolmetscher war um die dreißig, männlich, angespannt und, Adler fragte sich … eingeschüchtert von Daryaei? Er war wohl Beamter des Ministeriums. Sein Anzug hätte ein Bügeleisen vertragen. Der Ajatollah hingegen trug seine Roben, die nationale und geistliche Würde betonend. Mahmoud Hadschi war ernst, aber nicht feindselig im Verhalten – und seltsamerweise schien ihm jede Neugier abzugehen.
»Vielleicht bei meinem nächsten Besuch.«
Ein freundliches Nicken. »Ja.« Das war englisch gesprochen, womit Adler daran erinnert wurde, daß der Mann seine Sprache verstand. Von der Form her gar nichts Außergewöhnliches, bemerkte SecState.
»Es ist sehr lange her, daß es direkte Kontakte zwischen Ihrem Land und meinem auf dieser Ebene gegeben hat.«
»Das ist wahr, aber wir begrüßen solche Kontakte. Womit kann ich Ihnen dienen, Minister Adler?«
»Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gern über die Stabilität in dieser Region sprechen.«
»Stabilität?« fragte Daryaei unschuldig. »Was meinen Sie?«
»Die Gründung der Vereinigten Islamischen Republik hat den größten Staat in dieser Region geschaffen. Das gibt einigen Anlaß zur Besorgnis.«
»Ich würde sagen, wir haben verbesserte Stabilität. War nicht der Irak die destabilisierende Kraft? Hat nicht der Irak zwei aggressive Kriege begonnen? Wir haben gewiß nichts Derartiges getan.«
»Das ist wahr«, stimmte Adler zu.
»Der Islam ist eine Religion des Friedens und der Brüderlichkeit«, fuhr Daryaei im Ton des Lehrers fort, der er jahrelang gewesen war.
Wohl ein strenger, dachte Adler, mit Stahl hinter der sanften Stimme.
»Das ist auch richtig, aber unter den Menschen auf der Welt werden die religiösen Regeln nicht von allen befolgt, die sich gläubig nennen«, hob der Amerikaner hervor.
»Andere Länder richten sich nicht so wie wir nach Gottes Gesetz. Nur in Anerkennung dieses Gesetzes haben die Menschen Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit. Das geht über das bloße Verkünden des Wortes hinaus. Die Worte müssen auch mit Leben erfüllt werden.«
Besten Dank auch für den Unterricht in der Sonntagsschule, dachte Adler mit einem respektvollen Nicken. Aber warum zum Teufel unterstützt du dann die Hisbollah?
»Mein Land wünscht Frieden in dieser Region – wie in der ganzen Welt.«
»Ganz nach Allahs Wunsch, wie es uns der Prophet offenbart hat.«
Er ging strikt nach Drehbuch vor, sah Adler. Einst hatte Präsident Jimmy Carter einen Gesandten zum Oberhaupt dieses Mannes, Khomeini, in dessen Exilland Frankreich geschickt. Damals steckte der Schah tief in politischen Problemen, und die Opposition wurde angesprochen, um Amerikas Interessenlage besser festzulegen. Der Gesandte hatte nach der Rückkehr von dem Treffen dem Präsident berichtet, Khomeini wäre ein ›Heiliger‹. Carter hatte den Bericht für bare Münze genommen, die Absetzung von Mohammed Risa Pehlewi betrieben und dem ›Heiligen‹ erlaubt, ihn zu ersetzen.
Die nächste Regierung hatte sich beim selben Mann bloß einen Skandal eingehandelt und sich vor aller Welt lächerlich gemacht.
Solche Fehler wollte Adler keinesfalls wiederholen.
»Es ist auch ein Grundsatz in meinem Land, daß internationale Grenzen geachtet werden müssen. Die Achtung der territorialen Integrität ist die Conditio sine qua non regionaler und globaler Stabilität.«
»Minister Adler, alle Menschen sind Brüder, das ist
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