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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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verbreitet worden, daß Präsident Ryan schlicht und einfach nicht Zeit genug blieb, jedem die zu widmen, die ihm gebührte. Aber die Ehrenformation der Air Force begrüßte sie alle, mit Aufstellung, Wegtreten und neuerlicher Aufstellung, während der rote Teppich liegenblieb und die Großen dieser Welt sich ablösten – bisweilen so schnell nacheinander, wie ein Flugzeug zum Stellplatz ab- und das nächste zum Ankunftspunkt mit Tribüne und Musikkapelle anrollen konnte. Die Begrüßungsreden waren kurz und für die Kameras ernst gehalten, und dann ging es forsch zu bereitstehenden Wagenreihen.
    Die Gäste nach Washington hereinzubringen war die nächste Hürde.
    Jeder Wagen des Diplomatie Protection Service befand sich im Einsatz, mit vier verschiedenen Eskortgruppen, die zur Begleitung der Botschaftslimousinen eilig pendelten und die 1-395 und den Suitland dichtmachten. Das erstaunlichste war vielleicht, daß Präsidenten, Premierminister, sogar Könige und erlauchte Prinzen zur jeweils richtigen Botschaft gelangten – die meisten zum Glück auf Massachusetts Avenue. Das Ganze erwies sich am Ende als Triumph improvisierter Organisation.
    Die Botschaften selbst hielten ruhige, private Empfänge ab. Da sie schon alle am selben Ort waren, mußten sich die Staatsmänner natürlich zu Geschäft oder Plauderei treffen. Der britische Botschafter zum Beispiel, dienstältester Repräsentant der NATO-Staaten und des Commonwealth, hatte für den Abend zweiundzwanzig Staatschefs zum ›informellen‹ Dinner geladen.
    *
    »Okay, dieser hat's Fahrgestell unten«, sagte der Air Force Captain bei einkehrender Dämmerung.
    Die Tower-Besatzung auf Andrews war ausgerechnet dieselbe, die auch ›Jene Nacht‹, wie die Leute sie nannten, Dienst gehabt hatte. Sie sahen zu, wie die JAL 747 auf Landebahn Null-Eins rechts einschwebte.
    Die Crew mochte bemerkt haben, daß sich im großen Hangar auf der Air-Base-Ostseite die Überreste der Schwestermaschine befanden – gerade brachte ein Laster ein verformtes Triebwerk, das man vor kurzem aus dem Keller des Capitol gezogen hatte –, doch der Jumbo rollte aus, bog folgsam nach links ab und rollte dem Lotsen bis zur Stelle nach, wo die Passagiere von Bord sollten. Der Pilot bemerkte die Kameras und das Bodenpersonal, das aus der relativen Wärme eines Gebäudes zur Ausrüstung ging für die letzte und interessanteste Ankunft. Er überlegte, ob er seinem Kopiloten etwas sagen sollte, entschied sich aber dagegen.
    Kapitän Sato Torajiro war, nun, wenn nicht gerade ein enger Freund, so doch ein Kollege gewesen, ein netter obendrein, doch an der Schande, die er seinem Land, seiner Fluggesellschaft und seinem Berufsstand angetan hatte, würden sie Jahre zu tragen haben. Schlimmer wäre es nur noch gewesen, wenn er Passagiere an Bord gehabt hätte, denn sie zu schützen war höchste Pflicht ihres Lebens, und wenn seine Kultur auch Selbstmord für einen bestimmten Zweck als ehrenhaft ansah – sogar Status für besonders dramatischen Abschied vom Leben verlieh –, hatte dieses Beispiel sein Land mehr erschüttert und bekümmert als alles seit Menschengedenken. Der Pilot hatte seine Uniform stets voller Stolz getragen. Nun aber zog er sie immer schnellstmöglich aus, im Ausland wie zu Hause. Der Pilot schüttelte den Gedanken von sich und bremste sanft so ab, daß das Flugzeug mit der vorderen Tür exakt neben der altmodischen rollbaren Treppe anhielt. Dann wechselten Pilot und Kopilot Blicke voller Ironie und Scham darüber, daß sie ihre Arbeit so gekonnt ausgeführt hatten. Sonst in Mittelklassehotels in Washington einquartiert, würden sie diesmal in der Offiziersunterkunft auf dem Stützpunkt einkehren und vermutlich von jemandem überwacht werden. Jemandem unter Waffen.
    Die Flugzeugtür gehorchte den zarten Händen der Chefstewardeß und öffnete sich. Premierminister Koga Mogataru, Mantel zugeknöpft und Schlips zurechtgerückt, stand kurz in der Tür und kam dann die Treppe herab. Die Air-Force-Kapelle intonierte ›Ruffles and Flourishes‹.
    Unten wartete der amtierende Secretary of State, Scott Adler. Die beiden waren sich noch nie begegnet, waren aber ausführlich instruiert.
    Koga sah aus wie auf den Bildern. Der Mann schien eigentlich recht gewöhnlich, einsachtundsechzig, mittleres Alter und hatte volles, schwarzes Haar. Die dunklen Augen waren unbewegt – oder gaben es vor, wie Adler bei genauerem Hinsehen erkannte. Es war Traurigkeit darin. Kaum eine Überraschung,

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