Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
riss mich aus meinen trüben Gedanken. Petra hatte begonnen, das Kaffeegeschirr in die Küche zu tragen. Schnell sprang ich auf, um ihr behilflich zu sein. Kerim blieb selbstverständlich sitzen und rieb sich seinen wohlgefüllten Bauch. Wie ich es vermutet hatte, machte er keinerlei Anstalten, uns auch nur einen einzigen Moment alleine zu lassen. Nachdem ich Petra in der Küche geholfen hatte, nahmen wir ebenfalls wieder auf dem Sofa Platz.
»Nun erzähl doch mal, wie es dir in den letzten Jahren so ergangen ist«, forderte Petra mich neugierig auf. Da ich in Kerims Gegenwart keinesfalls zu viele Informationen preisgeben wollte, wählte ich meine Worte mit Bedacht.
Ich hatte gerade damit begonnen zu berichten, als es an der Tür klingelte. Kerim stand auf, um zu öffnen, und kurz darauf konnte ich hören, wie er sich auf Türkisch unterhielt. Sein türkischer Nachbar hatte eines seiner Kinder geschickt, um Kerim um eine Gefälligkeit zu bitten. Der Nachbar hatte sich einen neuen Wohnzimmerschrank gekauft und benötigte nun Hilfe beim Aufbau. Obwohl ich in den letzten Jahren kein Wort Türkisch mehr gesprochen hatte, konnte ich dieser Unterhaltung mühelos folgen.
Mein Herz machte Luftsprünge vor Freude, denn ich wusste genau, dass es sehr unhöflich wäre, wenn Kerim dieser Bitte nicht nachkommen würde. Hilfsbereitschaft wird in der orientalischen Kultur nämlich sehr großgeschrieben. Nun würden Petra und ich unverhofft doch eine Gelegenheit haben, uns unter vier Augen auszusprechen.
Kaum war er weg, bestürmte ich Petra auch schon, mir alles seit ihrem Weggang damals zu erzählen. Was ich allerdings dann zu hören bekam, ließ mir den Atem stocken.
Kerim hatte sich innerhalb kürzester Zeit von einem liebevollen Mann in einen brutalen Schläger verwandelt. Noch vor der Hochzeit hatte er Petra das erste Mal heftig zusammengeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt bewohnten sie ein Zimmer in einem Asylantenheim, da die angemietete Wohnung noch nicht fertig renoviert war. Petras Möbel waren bei einem entfernten Verwandten von Kerim zwischengelagert und er hatte ihr darüber hinaus auch noch ihren Pass abgenommen.
Petras Mutter hatte sich derweil zurückgezogen, nachdem sie erfahren hatte, dass Petra alle Brücken hinter sich abbrach, um Kerim zu heiraten. Damit gab es niemanden mehr, bei dem sie vorübergehend hätte unterkommen können. Kerim hatte leichtes Spiel mit ihr und nutzte das auch gnadenlos aus. Nachdem sie schließlich geheiratet und ihre jetzige Wohnung bezogen hatten, wurde alles noch viel schlimmer.
Petra ging arbeiten, und obwohl Kerim selbst eine Vollzeitstelle hatte und gutes Geld verdiente, musste sie ihren kompletten Lohn bei ihm abliefern. Lediglich ein knapp bemessenes Haushaltsgeld teilte er ihr zu. Telefonieren oder sich gar mit Freundinnen treffen war ihr gänzlich untersagt. Innerhalb kürzester Zeit waren stattdessen Schläge an der Tagesordnung.
Entschuldigte er sich anfangs noch für seine Gewaltausbrüche, so wurde er mit der Zeit immer hemmungsloser und begann schon bei Kleinigkeiten wie ein Wahnsinniger auf Petra einzuschlagen. Sie musste zwar kein Kopftuch tragen, aber in allem anderen erging es ihr nicht besser als mir. Kerim verbot ihr jegliche Freundschaften und erwartete, dass sie die Wohnung außer zum Einkaufen oder zum Arbeiten nicht verließ. Ihre Mutter hatte den Kontakt zu Petra auf ein Minimum reduziert, da sie von Anfang an gegen diese Hochzeit gewesen war. So stand meine Freundin ganz alleine da und war seinen Gewaltausbrüchen hilflos ausgeliefert. Das ganze Dilemma gipfelte dann irgendwann darin, dass er Petra einen Gürtel um den Hals legte und versuchte, sie damit im Schlafzimmer zu erhängen.
Zwei zufälligen Passanten hatte sie es zu verdanken, dass sie heute noch lebt. Die hatten nämlich die Situation durch das Schlafzimmerfenster beobachtet und sofort die Polizei alarmiert, die dann die Wohnungstür aufgebrochen und Petra zu Hilfe geeilt war.
Während Petra mir ihre erlittene Pein anvertraute, wirkte sie wie ein gehetztes Tier.
Die Worte zischten nur so zwischen ihren zusammengepressten Lippen hervor und ihre Finger zeichneten dabei fortwährend das Muster der Tischdecke nach.
Längst schon hatte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten können. Als sie geendet hatte, hielt mich nichts mehr auf meinem Platz. Ergriffen sprang ich auf und nahm Petra fest in meine Arme. Ich wiegte sie wie ein kleines Kind und sprach ihr dabei beruhigend zu: »Alles wird gut,
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