Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
kennen. Obwohl die Frage der Finanzierung keineswegs geklärt war, begann er sofort, alles dafür zu tun, dass mir nichts passieren konnte.
Bereits eine Woche später hatten wir einen Termin auf der hiesigen Polizeistation.
Mir wurde sehr mulmig zumute, als ich mit Rüdiger und Herrn Müller zusammen den Besprechungsraum betrat, in dem sich bereits einige leitende Polizisten und sogar ein Mitarbeiter des LKA eingefunden hatten.
Über zwei Stunden redeten wir über die anstehende Buchveröffentlichung und die für mich damit verbundene Gefährdung. Auch Polizisten aus Mahmuds Heimatstadt waren anwesend. Mahmud und seine Familie waren ihnen sehr wohl ein Begriff. Natürlich durften die Beamten mir keine Auskunft geben, aber da ich aufmerksam zuhöre und beobachte, konnte ich rückschließen, dass bei Mahmud im Laufe der Jahre noch einige Gewaltstraftaten dazugekommen sein mussten.
Sie teilten mir mit, dass sie in Kürze sogenannte Gefährdenansprachen bei Mahmud und seiner Familie durchführen würden. Diese Kontaktaufnahme sollte eine deeskalierende Wirkung haben. Zu diesen Ansprachen fanden sich mehrere Polizisten und ein Polizeipsychologe zusammen, um mit Mahmud Gespräche zu führen, um eventuellen Racheakten vorzubeugen. Ein Polizist fragte mich, ob es jemanden aus Mahmuds Familie gebe, zu dem ich ein Vertrauensverhältnis hätte und der als Vermittler zwischen der Polizei und der Familie eintreten könnte.
Spontan fiel mir Bülent ein. Über ihn hatte ich in der letzten Zeit oft nachgedacht.
Sicher würde er enttäuscht sein von mir, wenn er von anderen Menschen erfuhr, dass ich ein Buch über seine Familie geschrieben und ihm das nicht persönlich mitgeteilt hatte.
Da ich ihm ohnehin noch die geliehenen fünfhundert Euro zurückgeben wollte, plante ich kurzfristig ein Treffen mit ihm. Dies behielt ich aber wohlweislich bei dem Termin mit der Polizei für mich. Ich schlug den Polizisten hingegen vor, Bülent direkt zu fragen, ob er diese Funktion übernehmen würde. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass er das ablehnen würde. Warum sollte er sich meinetwegen mit seiner Familie zerstreiten? Er lebte zwar etwas zurückgezogener vom Familienverbund, aber dennoch war es seine Familie und ich war lediglich die Exfreundin seines Cousins.
Nach diesem Termin bei der Polizei war ich ziemlich geschafft. Ich hatte nun eine recht konkrete Vorstellung davon, was mich mit Erscheinen des Buches erwarten könnte.
Inzwischen war ich in der Endphase des Manuskripts und vieles war noch bis zu dem Veröffentlichungstermin zu erledigen.
Mein Verlag hatte mir eine hervorragende Lektorin an die Seite gestellt, ich hatte diverse Fotoshootings für das Covermotiv, und die Pressefrau des Verlages hatte bereits erste Interviewtermine für mich arrangiert. Langsam wurde es ernst. Ich bin heute noch froh und dankbar dafür, wie einfühlsam die für mich verantwortliche Programmleiterin war und dass sie sich immer Zeit nahm, wenn ich etwas auf dem Herzen hatte.
Trotz des Stresses zu dieser Zeit traf ich mich mit Bülent auf einen Kaffee. Ich hatte noch eine Freundin mitgenommen und er freute sich, mich zu sehen. Die geliehenen fünfhundert Euro legte ich vor ihm auf den Tisch, noch bevor ich meine Jacke ausgezogen und mir einen Kaffee bestellt hatte. Seinen ungläubigen Blick werde ich nie vergessen. Ich denke, es kam bislang noch nicht allzu oft vor, dass er geliehenes Geld auch wieder zurückerhielt.
Wir redeten eine Weile über alles Mögliche, ich brachte es jedoch nicht fertig, ihm von meiner bevorstehenden Buchveröffentlichung zu erzählen. Stattdessen berichtete Bülent voller Stolz von seinen Kindern und natürlich war auch Mahmud ein Thema.
Er hatte wohl seit einiger Zeit eine Freundin, die er ebenfalls mit ziemlicher Regelmäßigkeit schlug. Bei einer Prügelattacke hatte er ihr einen Zahn ausgeschlagen und das Nasenbein zertrümmert. Die arme Frau floh daraufhin bis nach Polen. Trotzdem kehrte sie zu ihm zurück. Aufgrund meiner eigenen Erfahrung stellte sich mir allerdings insgeheim die Frage, ob sie das wohl freiwillig getan hatte.
Wie im Flug verging die Zeit. Es war seltsam zu wissen, dass ich Bülent wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen würde, denn nach dem Erscheinen des Buches würde er sich von mir distanzieren müssen, um Ärger und Diskussionen mit seiner Familie zu vermeiden.
Er begleitete mich und meine Freundin noch bis zum Auto und zum Abschied lagen wir uns lange in den Armen.
Ein paar Tage
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