Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
ich am Körper trug, geflüchtet, hatte einige Zeit auf ein eigenes Zuhause, ein normales Leben verzichten müssen, ich wurde lange Zeit bedroht und verfolgt und hatte es trotzdem geschafft, mir wieder ein lebenswertes Leben aufzubauen.
Ich hatte die Hoffnung, mit meiner Geschichte anderen betroffenen Frauen einen Weg aus der Gewalt aufzeigen zu können. Außerdem wollte ich unserer Gesellschaft gerne mal einen ungefilterten Blick in die mittlerweile so häufig diskutierte »Parallelgesellschaft« ermöglichen. Schließlich hatte ich fast vier Jahre darin gelebt und so Einblicke erhalten, die den meisten Deutschen verwehrt sind.
Als ich Rüdiger von meiner Buchidee erzählte, war er sofort begeistert und sagte mir jede Unterstützung zu. Er konnte meinen Wunsch und mein Anliegen, warum ich das Buch schreiben wollte, verstehen.
Trotzdem holten wir auch den Rest der Familie an einen Tisch, denn eine Veröffentlichung meiner Geschichte würde schließlich alle betreffen, und es war mir wichtig, dass auch unsere Kinder damit einverstanden waren. Von Anfang an stand für mich nämlich außer Frage, dass ich das Buch unter meinem Namen herausbringen und mich nicht hinter einem Pseudonym verstecken würde.
Es wäre für mich nicht miteinander zu vereinbaren gewesen, anderen Frauen Mut machen zu wollen und sie damit auch aufzufordern, sich nicht länger zu verstecken, während ich mich selbst nicht zu erkennen gab.
Unsere Kinder sahen mein Vorhaben erstaunlich locker. Es gab von ihrer Seite aus keinerlei Einwände, im Gegenteil, sie bestärkten mich darin, das Buch zu schreiben.
Ich machte sie dennoch darauf aufmerksam, dass es dann vielleicht auch Menschen gäbe, denen mein Buch nicht gefallen würde, denn fast alles, was man in der Öffentlichkeit tut, ruft auch Kritiker auf den Plan, und dann könnte es eben sein, dass man mit mir nicht gerade zimperlich umgehen würde.
Auch davor, dass eventuell Mitschüler, die früher oder später von meiner Geschichte erführen, sie deshalb vielleicht hänseln oder gar mobben würden, warnte ich sie.
Vielleicht sahen sie es mit einer Naivität, die mir schon lange abhandengekommen war, oder aber all diese Dinge konnten unserem Nachwuchs wirklich nichts anhaben, ich hatte jedenfalls ihr Okay. Vielleicht spürten sie einfach auch, wie wichtig mir die Sache war.
So setzte ich mich eines Tages an meinen Laptop und tauchte ein in die Zeit, die inzwischen mehr als 18 Jahre zurücklag.
Nun muss ich zugeben, dass ich mir dies leichter vorgestellt hatte. Alles, was ich jahrelang unterdrückt und verdrängt hatte, musste ja wieder zurück an die Oberfläche. Das hat mich anfangs manche schlaflose Nacht gekostet. Ich durchlebte die Zeit mit Mahmud ein zweites Mal. Das ging so weit, dass ich mich beim Beschreiben der Gewaltszenen so intensiv zurückerinnerte, dass ich meinte, sogar das Blut zu schmecken, das mir damals oft in den Mund lief, wenn wieder einmal meine Lippe aufgeplatzt war, weil Mahmud mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte.
Wie oft habe ich während des Schreibprozesses an meinem Laptop gesessen und mir fast panisch mit der Hand über den Mund gewischt und war dann bass erstaunt, dass sich keine Blutspuren an meiner Hand befanden.
Das Ganze hielt ich sechs Wochen durch, bevor ich beschloss, dass Handtuch zu werfen und das Buch Buch sein zu lassen. Es konnte nicht Sinn der Sache sein, dass es mir nun wieder schlecht ging.
Es war Rüdiger, der mich schließlich davon überzeugte, nicht aufzugeben. In vielen Gesprächen machte er mir Mut und bestärkte mich darin weiterzuschreiben. Er stellte mir vor Augen, wie vielen Frauen ich vielleicht mit meinem Buch helfen könnte.
Nachdem ich mir eine Zwangspause verordnet hatte, nahm ich also einen zweiten Anlauf.
Diesmal klappte es besser. Mit jeder Seite, die ich schrieb, fühlte ich, wie es mir besser ging. Ich hatte schon oft gehört, dass Schreiben auch etwas Befreiendes hat, und dies kann ich heute nur bestätigen.
Nachdem ich etwa bei der Hälfte des Manuskriptes angekommen war, begann ich mich nach einem für meine Geschichte geeigneten Verlag umzuschauen. Ich verfasste ein Anschreiben, einen Lebenslauf und wählte eine zwanzigseitige Leseprobe aus.
Fein säuberlich ausgedruckt, schickte ich das Manuskript dann auf die Reise. Die ersten Absagen von Verlagen ließen nicht lange auf sich warten. Seltsamerweise erhielt ich auch Post von einem Druckkostenzuschuss-Verlag, der mir eine Veröffentlichung für schlappe
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