Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
vielleicht ein Satz alles klärt.«
    »Ein guter Gedanke, Genosse General.« Jassenskij packte seine Papiere aus Moskau und Rolandseck ein. »Fahren wir.«
    Im Grusinischen Krankenhaus Nr. I erwartete sie Professor Semlakow persönlich. Er war stolz und doch tief beleidigt.
    »Was soll das, Genossen?« rief er gleich zur Begrüßung. »Eine vollkommene Nachrichtensperre, höre ich? Wieso? Warum? Erklären Sie mir das? Wir vollbringen hier medizinische Leistungen, über die man in der Welt reden soll, und was tut man? Man verbietet uns den Ruhm! Ist das im Sinne einer Verbreitung sowjetischer Überlegenheit?«
    »Es hat politische Gründe, Genosse Semlakow.« Oberst Jassenskij lächelte nachsichtig. »Man wird noch über Sie reden, keine Sorge. Die Verletzten sind vernehmungsfähig?«
    »Wir haben sie dem Tode entrissen«, sagte Semlakow etwas dramatisch. »Wohl fühlen sie sich, nur der Flugkapitän macht uns Sorgen.«
    General Oronitse sah auf die Liste, die er aus der Tasche zog. »Werner Pohlmann heißt er?«
    »Wahrscheinlich. Mich interessiert der Mensch als medizinischer Fall, nicht als Name.« Professor Semlakow war rechtschaffen böse. Das sind mir Genossen, dachte er. Politik! Da stürzt ein verirrtes Flugzeug ab, und sie machen daraus gleich einen internationalen Konflikt. Immer diese Militärs. Mit dem Säbel rasseln müssen sie, und wichtig tun sie sich, und eine große Schnauze haben sie unter der Uniformmütze. So böse dachte Semlakow.
    »Dann fangen wir bei dem Flugkapitän an bevor er stirbt«, sagte Oberst Jassenskij. »Den Copiloten haben wir schon … er ist ein Idiot.«
    Werner Pohlmann lag allein in einem kleinen Zimmer, und auch an seinem Bett saß eine Nachtschwester und wachte über ihn. Er war bei Besinnung, aber vor seinen Augen war es dunkel. Eine dicke Binde lag über seinem Gesicht, die Augen brannten, und er versuchte vergeblich, sich zu erinnern, was geschehen war, als sein Flugzeug auf der Erde auseinanderbrach. Vom Pilotensitz war er geschleudert worden, das wußte er. Dann waren Flammen um ihn, er hörte tierische Schreie, war herumgekrochen, ohne etwas zu sehen, denn gleich nach der Explosion und dem Flammenschein war etwas gegen seinen Kopf geprallt und hatte Nacht um ihn gebracht. Dann stürzte er in die Tiefe und verlor die Besinnung. Nun lag er in einem Bett, er hatte es vorsichtig abgetastet, eine sanfte Mädchenstimme sprach zu ihm, russisch, das er nicht verstand, die Augen brannten höllisch, und in seinem Herzen quoll die Angst auf, blind zu sein.
    Eine Tür hörte er leise klappern, Schritte kamen näher, hielten vor seinem Bett. Er hörte die Schwester etwas sagen. Dann sprach eine tiefe Männerstimme zu ihm, und es waren harte, deutsche Worte.
    »Hären Sie mich?« fragte General Oronitse. Er beugte sich über das Bett und berührte Pohlmann an der Schulter.
    »Ja«, sagte Pohlmann leise. »Wer sind Sie?«
    »General Oronitse. Isch habbe Fragän an Sie …«
    »Bitte …« Der Kehlkopf Pohlmanns zuckte wild. »Bin … bin ich blind?«
    »Nein.« Oronitse sagte es gleichgültig. Es war der beste Tonfall zur Tröstung. »Kännän Sie Bettina Wolter?«
    »Ja, natürlich.« Pohlmann wollte sich aufrichten. Er ächzte, in seiner Brust sprang ein höllischer Schmerz auf, und da war auch schon die warme, weiche Hand der Schwester, die ihn ins Bett zurückdrückte. »Was ist mit Bettina? Ist sie tot?«
    »Wäg ist sie«, sagte Jassenskij hart. »Wie lange kännän Sie Bettina?«
    »Zwei Jahre. Wieso ist sie weg?« Pohlmann atmete röchelnd. Er wußte nicht, daß eine abgesplitterte Rippe in die Lunge gestoßen war und sie zerfetzt hatte. Nur wahnsinnige Schmerzen spürte er bei jedem tieferen Atemzug.
    »War Bettina eine Spionin?« fragte Jassenskij rücksichtslos. Pohlmann wollte sich wieder erheben.
    »So ein Blödsinn«, keuchte er. »Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie … Sie, der andere … Ein Blitz hat eingeschlagen, alle Instrumente fielen aus, ich flog einfach nach Gefühl und kam so nach Tiflis. Ein reiner Zufall war das … Das ist alles.« Er hob die Arme und preßte sie auf seinen brennenden Brustkorb. »Es war meine Schuld. Ich habe die Maschine zu steil gelandet.«
    Oronitse und Jassenskij verließen das kleine Zimmer mit dem Gefühl, indirekt Idioten genannt worden zu sein. Vor allem Jassenskij, der Eifrige, war sehr nachdenklich.
    »Gut«, sagte er draußen auf dem Flur. »War es ein Blitz, Genosse General. Sie haben sich verirrt. Er ist zu steil gelandet,

Weitere Kostenlose Bücher