Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
allerdings die Mühe und unzählige Kratzspuren zu ersparen und sich einmal mehr eine anspruchslose Bettgefährtin zu suchen, hatte ihr freches Benehmen seinen Ehrgeiz eher noch angestachelt.
    Dabei hatte er völlig übersehen, dass sie es war, die ihn fest in der Hand hielt und sein Leben auf den Kopf stellte. Doch damit nicht genug! Was Männer betraf, gab sich eine Beate Schenke mit Teilerfolgen nicht zufrieden. Nicht sie! Sie hatte sein Leben umgekrempelt, das Innere mit all seinen Macken nach außen geschüttet und darunter ein loderndes Feuerchen angezündet. Und anschließend war sie wie Rumpelstilzchen um ihn herum gehüpft und hatte sich an seinen Seelenqualen ergötzt.
    Bis es kam, wie es nach dem Willen von Pierre Germeaux niemals hätte kommen dürfen: Aus purem sexuellem Verlangen wuchs zwischen Beate und ihm, Pierres unehelichem Sohn, aufrichtige Zuneigung und endlich Vertrauen.
    Liebe. Bea, ich liebe dich! Lass mich nicht allein! Nicht jetzt. Nie mehr.
    Ganz gewiss wäre sein Arzt längst darauf gekommen, dass es an der Zeit war , schwere Geschütze gegen die beginnende Abstoßungsreaktion seines Körpers aufzufahren.
    Nun, diesen Vorwurf musste er sich gefallen lassen. Er hätte sich in der Tat den fragwürdigen Luxus einer regelmäßigen Nachsorge gönnen sollen. Das hätte er auch brav getan, wenn Beate nicht in sein Leben getreten wäre und er stattdessen noch immer einsam und allein in seinem goldenen Käfig in Paris sitzen und sich für den Mittelpunkt der Welt halten würde. Inzwischen gab es für ihn freilich Wichtigeres als seine eigene Existenz und Bequemlichkeit.
    Er runzelte die Stirn. Mittlerweile waren die klinischen Symptome der Gegenreaktion sogar für ihn als Laien erkennbar. Wie es aussah, ging es mit ihm zu Ende. Er hatte damit rechnen müssen, dennoch war er das Risiko eingegangen.
    Achselzuckend nahm er das Fieberthermometer aus dem Mund und mühte sich mit zusammengekniffenen Augen , die Temperatur abzulesen. Er fluchte leise vor sich hin und hörte erst auf, als die Luft in seiner Lunge bei jedem Atemzug rasselte und er erbärmlich zu husten begann. Es hatte keinen Sinn. Er war blind wie ein Maulwurf.
    Seine Hand zitterte, als er auf dem Fußboden nach seiner Brille tastete, ohne sie zu finden. Mit einem resignierten Seufzer ließ er sich zurück auf sein Kissen sinken. Erst jetzt bemerkte er, dass das Laken völlig durchnässt von seinem Schweiß war. Er fröstelte und versuchte, die Decke dichter um seinen zitternden Körper zu wickeln. Sie kratzte nicht nur wie ein Reibeisen auf der nackten Haut, sondern stank außerdem zum Himmel, weswegen er bislang vermieden hatte, sich damit zuzudecken. Er mochte lieber nicht daran denken, wer sich vor ihm in diesem Bett gewälzt hatte.
    „ Nein! Nein, verdammter Mist!“, stöhnte er laut auf, als sich alles um ihn herum drehte.
    S chon seit Tagen quälten ihn bohrende Kopfschmerzen und raubten ihm beinahe den Verstand. Ätzende Übelkeit stieg seine Kehle empor und zwang ihn, all seine Energie darauf zu verwenden, sich nicht zu übergeben. Er durfte nicht schlappmachen. Nicht jetzt, da er endlich am Ziel war, bei Bea und seiner Tochter!
    Bitte, Gott, warte noch ein Weilchen auf mich. Ich laufe dir schon nicht weg, versprochen. Aber ich habe etwas zu erledigen auf dieser Welt. Es geht nicht bloß um mich, überhaupt nicht um mich. Lass mir die paar Tage, um Bea und Cat in Sicherheit zu bringen. Mehr brauche ich nicht. Um mehr will ich nicht bitten.
    Mit geschlossenen Augen mühte er sich , den Schmerz und die Furcht beiseite zu schieben. Er durfte nicht zulassen, dass Verzweiflung ihn überwältigte und er damit das letzte bisschen Kraft verspielte, das ihm geblieben war. Er konzentrierte seine Gedanken auf seine Frau und seine Tochter, die er in Sicherheit bringen musste. Es gab für ihn nur noch diese Aufgabe.
     
    Beate hatte an die Tür des Hotelzimmers geklopft und, nachdem sie keine Antwort erhielt, zaghaft die Klinke nach unten gedrückt. Sie lugte in das Zimmer, wo Alain reglos auf dem breiten Bett lag.
    S ie konnte ihm nicht verübeln, dass er noch tief und fest schlief. Seine Fahrt in die Hauptstadt und der nervenaufreibende Papierkrieg in der Botschaft hatten unerwartet viel Zeit in Anspruch genommen. Nach drei Tagen war er endlich in der vergangenen Nacht zurückgekehrt. Er hatte kein Licht und sie sich nicht bemerkbar gemacht, nichtsdestotrotz war ihr aufgefallen, dass er sich vor Erschöpfung kaum mehr auf den Beinen halten

Weitere Kostenlose Bücher