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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Beate zaghaft zu bedenken.
    „Ärzte? Nennst du so diese Schlächter? Nein, danke! Kein Bedarf.“
    „Alain, sie werden dir die Medikamente geben, die du brauchst.“
    In gespieltem Entsetzen riss er die Hände nach oben und schüttelte den Kopf. „Ich besitze bloß eine Niere. Ich bin absolut unbrauchbar als Ersatzteillieferant. Völlig wertlos. Es sei denn, sie benötigen gerade ein Herz oder eine Leber. Eine Lunge hätte ich in diesem Fall freilich auch noch anzubieten. Was glaubst du, was sie dir dafür zahlen würden?“
    „ Lass das sein!“
    „Ja, du hast Recht. Meine Innereien sollten sie natürlich besser nicht mehr verwenden. Die Immunsuppressiva dürften sie längst verdorben haben.“
    „Wage nicht, meine Sorgen einfach mit einem Schulterzucken abzutun. Du darfst nicht … Es ist tödlicher Leichtsinn, wenn du …“
    „Ich werde nichts von ihnen annehmen“, belferte er mit einer erschreckenden Endgültigkeit in der Stimme. Sein finsterer Blick verharrte unverwandt auf Beates Gesicht. Dann stieß er hastig hervor: „Etwas anderes wäre es, wenn sie mir meine Frau, meine Familie zurückgeben würden. Dafür würde ich alles tun, sogar mit meinem Leben bezahlen. Ohne euch ist es sowieso nicht viel wert.“
    Sie war noch eine Spur blasser geworden. Ihre Hand war eiskalt und zitterte, als sie i hre Finger in seine Hand schob. „Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr bringst, Alain. Du musst dich untersuchen lassen und …“
    „Verdammt noch mal!“ Die Worte explodierten unmittelbar vor ihrem Gesicht, sodass sie entsetzt zurücktaumelte. „Hör mir zu, Bea. Hör mir jetzt ganz genau zu: Im Gegensatz zu dir werde ich diese Hölle hier überleben. Ein paar Tage noch, dann geht mein Flug und ich habe es hinter mir. Tu bloß nicht so, als wäre ich der einzige Kranke auf dieser beschissenen Welt! Die ganze Welt ist krank! Wer Kindern Leben schenkt, um es ihnen sofort wieder zu nehmen und sie ausschlachten zu lassen – krank! Dass du mit unserer Tochter am Arsch dieser Welt in einer Hütte ohne Wasser und Strom haust – es ist vollkommen krank, was du ihr zumutest! Wir könnten diesem kleinen Engel in Paris eine exzellente Ausbildung und vor allem eine sorglose Kindheit bieten. Aber nein, statt Cat lediglich ein Mindestmaß an Annehmlichkeiten der Zivilisation zuzugestehen, muss sie sich um euren Haushalt kümmern, solange du … du …“
    Er schenkte Beates fassungslosen Gesichtsausdruck keinerlei Beachtung, während er vor ihr auf und ab wanderte.
    „Himmelherrgott , Beate! Nun sieh mich nicht so bestürzt an! Ich habe genau solch ein Recht darauf, mich um dich zu sorgen, wie du es dir herausnimmst. Es ist nicht das Privileg einer Frau und Mutter, sich um ihre Lieben zu sorgen. Und wage nicht herunterzuspielen, wie schwer es für mich ist, hier herumzusitzen und vergeblich zu versuchen, dich von einer Flucht aus diesem gottverdammten Land zu überzeugen!“
    „Das tue ich doch gar nicht!“
    „Ich habe meine Sorgen um dich sieben Jahre lang jeden verfluchten Tag aufs Neue verdrängt, um nicht den Verstand zu verlieren. Um nicht jede verfluchte Minute darüber nachzudenken, ob dies vielleicht der Abend ist, an dem ich die Nachricht von deinem Tod erhalte.“ Seine Augen glitzerten vor Wut, als er sie kalt anlächelte.
    „I ch habe gelernt, meine Augen nicht mehr vor dem Elend anderer zu verschließen, um in meinem eigenen Schmerz zu ertrinken. Ich hatte einen überzeugenden Lehrer. Oder hast du diese Lektion vergessen, die du mir erteilt hast? Daran hattest du nämlich besonders viel Vergnügen.“
    „ Auch ich habe nichts vergessen, Alain.“

3 6. Kapitel
     
    Er hätte nicht geglaubt, dass es so schnell gehen würde. Im Gegenteil, er war Optimist genug gewesen sich einzubilden, bei den ersten Anzeichen noch genügend Zeit zum Reagieren zu haben.
    Unter normalen Bedingungen wäre das sicher lich kein Problem gewesen.
    Ein heiseres Lachen quälte sich aus seiner Brust und ging in ein schweres Atmen über, das sich anhörte wie ein kaputter Blasebalg.
    Normale Bedingungen. Nichts lief mehr normal in seinem Leben. Mit dem Tag, an dem Beate ihren Fuß in das Krankenzimmer der Pariser Klinik des Doktor Ferrard gesetzt hatte, war sein Weltbild aus den Fugen geraten. Diese rothaarige, deutsche Wildkatze hatte sich vom ersten Moment seinem Hass und seinem Charme, seinen Verführungen und Provokationen mit einem triumphierenden Blitzen in den giftgrünen Augen widersetzt.
    A nstatt sich

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