Begegnungen (Das Kleeblatt)
sich erneut alles um sie herum drehte. Sie wurde in das Innere des Fahrzeugs gezogen, wo sie auf die Polsterbank sank, die Augen fest geschlossen und am ganzen Körper vor Angst schlotternd.
„Ziehen Sie das über, Frau Schenke“, vernahm sie die dunkle Stimme, die zu dem Mann gehören musste, den Adrian vorhin erwähnt hatte.
Hatte er seinen Namen genannt? Sie blickte auf und bemerkte als erstes eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen Adrian und seinem Freund. Abgesehen von dem Altersunterschied hätten sie durchaus Brüder sein können. Oder Vater und Sohn? Nicht allein in Größe und Statur, selbst in Gesichtsform und Haarfarbe, von der Frisur ganz zu schweigen, glichen sich die beiden Männer. Sie schaute ihm in die Augen, als hätte sie ihn nicht verstanden. Es waren Augen von einem warmen, sanften Braun voller Herzlichkeit, wie Suse stets von Adrians Augen geschwärmt hatte.
Mit einer Geste des Bedauerns hob der Fremde die Schulter und lächelte sie freundlich an. „Ich befürchte, es wird nicht gerade dem letzten modischen Schrei gerecht, was wir Ihnen mitgebracht haben, doch ich denke, er wird seinen Zweck erfüllen, bis wir in Sicherheit sind und Sie sich duschen und umziehen können.“ Er nahm einen grauen Staubmantel vom Beifahrersitz und legte ihn fürsorglich um ihre Schultern.
„Wo bringt ihr mich hin?“, stieß sie atemlos hervor.
Eine tiefe Falte grub sich zwischen seine Nasenwurzel. „Hat Ihnen Adrian denn nicht gesagt, dass wir Sie nach Hause holen?“
„Aber ich habe keinen Pass“, gab sie leise zu bedenken.
„Man hat Sie beerdigt, Frau Schenke. Adrian hat an Ihrem Grab gestanden. Also hat er sich Ihren Totenschein und den Ausweis von denen geholt, die diese Dinge viel lieber für immer unter Verschluss gehalten hätten.“
Bei diesen Worten betete er voller Inbrunst, Beate möge nicht nachfragen, auf welche Weise Adrian das gelungen war. Es würde ihr nicht gefallen. Er legte seine Hand behutsam auf ihren Arm, zog sie allerdings sofort wieder zurück, als er spürte, wie sie bei seiner Berührung erstarrte.
„Beate, wir haben alles gründlich vorbereitet. Sie müssen keine Angst haben. Es wird gut gehen, ganz so, wie bisher alles problemlos gelaufen ist.“
„Ich kenne Sie nicht“, flüsterte sie und es klang wie eine Entschuldigung für ihr Misstrauen.
„Oh, natürlich.“ Seine flache Hand klatschte an die Stirn. „Entschuldigen Sie , ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist Frithjof Peters. Ich bin ein Freund von Adrian. Ich kenne auch Ihre Freundin Suse. Susanne Reichelt.“
Seine Stimme wurde noch eine Spur weicher, als er fortfuhr: „Und vor fast sieben Jahren bin ich Alain Germeaux das erste Mal begegnet. In Rostock. Wie habe ich diesen Kerl anfangs verflucht! Er ist so was von hartnäckig und eigensinnig, es war einfach zum Haare raufen! Alain wird überglücklich sein, wenn Sie wieder bei ihm sind. Seit er mit Katrin aus Gabun zurückkam, hat er von nichts anderem geredet als von Ihnen. Wie Sie sich denken können, wäre er am liebsten mit uns gefahren, um Sie persönlich abzuholen.“
Beate quittierte s eine Äußerungen mit einem zaghaften Lächeln, entspannte sich allerdings erst etwas, als Adrian das Führerhaus öffnete und sich schwer auf den Beifahrersitz sinken ließ. Er atmete in kurzen, unregelmäßigen Zügen und wischte sich mit einer hastigen Handbewegung Blut von der aufgeplatzten Unterlippe. Während Frithjof ohne ein Wort den Wagen startete, wechselte er mit Adrian einen flüchtigen, nichstdestotrotz bedeutsamen Blick.
Beate beobachtete das stumme Zwiegespräch, tat jedoch, als hätte sie es nicht bemerkt. Sie hatte auch so bereits genug gesehen.
Das Messer steckte nicht mehr in der Seitentasche von Adrians Hose!
Fröstelnd zog sie den Mantel dichter um ihre Schultern und vergrub ihre Finger in dem dünnen Stoff. Es war nicht nur sein eigenes Blut, das an Adrians Händen klebte!
Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, Beate starr vor Furcht, Frithjof Peters hochkonzentriert am Steuer des Landrovers, den wachsamen Blick immer wieder auf den Rückspiegel gerichtet. Adrian mühte sich vergeblich, das angestrengte Keuchen zu unterdrücken. Unauffällig hielt er die flache Hand auf seine Rippen gepresst.
Als sie das Dorf hinter sich gelasse n hatten, begann Peters, alle möglichen Neuigkeiten von ihren Freunden in Deutschland zu berichten. Ihm war klar, dass er Beate von ihrer kaum noch kontrollierbaren Hysterie
Weitere Kostenlose Bücher