Begegnungen (Das Kleeblatt)
entsetzten Aufschrei zurück. Eine Blutlache bildete sich auf dem Sitz direkt vor ihren Augen und wurde mit jedem Tropfen größer. Beate fuhr in die Höhe und schaute voller Bestürzung in Adrians totenblasses Gesicht und auf seine blutige Hand.
„Halten Sie an“, flüsterte sie.
Als Frithjof Peters nicht sofort auf ihre Bitte reagierte, weil er sie vermutlich gar nicht gehört hatte, schoss sie herum und griff in ihrer Panik blindlings in das Lenkrad, um ihn zum Stoppen zu zwingen. Obwohl er beide Hände fest um das Lenkrad gelegt hatte, schlingerte das Fahrzeug gefährlich nahe an den Abgrund, der sich neben der Straße auftat. Adrians Kopf schlug gegen den Rahmen des Wagens und sackte dann kraftlos auf seine Brust.
„ Halten Sie endlich an!“ Beates Zähne klapperten so laut aufeinander, dass ihre Worte kaum zu verstehen waren. „Wollen Sie ihn umbringen?“
„Unser Vorsp rung ist noch nicht sicher“, gab Frithjof Peters zu bedenken und seine Stimme klang unverändert ruhig und überlegt.
„Sehen Sie nicht, dass er verblutet? Wieso hat dieser Idiot nichts gesagt?“
„Er weiß normalerweise vernünftig einzuschätzen, wie viel er sich zumuten kann.“
„ War das heute etwa normal? Für Sie vielleicht. Aber ich will nicht gerettet werden, wenn Adrian dafür sterben muss! Und jetzt stoppen Sie diese gottverfluchte Karre!“
Es war ihr letztes Wort, das w urde Frithjof Peters blitzartig klar.
Sie beugte sich über Adrian und griff nach dem Türöffner. „Halten Sie sofort an“, wiederholte sie in eiskaltem Ton, „oder ich … ich werde …“
Sie hatte keine Ahnung, was sie dann tun würde , irgendetwas mit fatalen Folgen ganz bestimmt. Denn sollte sie die wahnwitzige Absicht hegen, die Tür während der Fahrt zu öffnen, um auszusteigen, müsste sie irgendwie über Adrian hinweg klettern, damit sie ihn nicht versehentlich aus dem Fahrzeug stieß. Ein Ding der Unmöglichkeit, doch ihr würde etwas einfallen. Ohne Adrian würde sie auf keinen Fall auch nur eine Fußspitze in ein Flugzeug setzen.
Frithjof lenkte den Landrover an den Straßenrand und stoppte. Wortlos bückte er sich nach seinem Rucksack und kramte ei ne Notfallapotheke hervor, packte Einmalhandschuhe und Mullkompressen, Schere und Binden auf die Ablage.
Stöhnend kam der Jüngere zu Bewusstsein. Verwirrt schaute er zu Beate auf, die ihm mit sicheren Griffen die Weste über die Schultern gestreift hatte und sich mittlerweile an den Knöpfen seines feuchten Hemdes zu schaffen machte, um sich seine Verletzung anzusehen. Mit einer matten Handbewegung schob er ihre Finger beiseite.
„Hör auf … es geht … lass …“, murmelte er und verzog im gleichen Moment vor Schmerzen das Gesicht.
„Klar doch, du machst auf mich einen Eindruck wie das blühende Leben!“, fauchte sie ihn an und fuhr unbeirrt fort, sein Hemd aufzuknöpfen und mit der Schere das T-Shirt von unten nach oben aufzuschneiden. „Verdammter Mist! Das sieht böse aus. Warum hast du das nicht sofort verbinden lassen? Du hast schon viel zu viel Blut verloren.“
Frithjofs besorgter Blick bestätigte ihre Befürchtungen. Mit einer flüchtigen Kopfbewegung deutete er auf das Verbandsmaterial. „Damit werden wir die Blutung zumindest stoppen können, bis wir im Flugzeug sitzen und mehr Zeit für eine Schönheitsoperation haben.“
„Wir müssen … fahren … wir …“
„ Halt die Klappe, Adrian, und lass mich meine Arbeit machen!“, sagte sie in einem Ton, der selbst den eigensinnigsten Iren zu spontaner Kooperation gebracht hätte. „Und nimm, verflucht noch mal, deine Pfoten weg! Du schmierst alles voller Blut. Ich könnte Suse nie wieder unter die Augen treten, wenn du neben mir langsam verblutest und ich seelenruhig dabei zugucke, ohne das Geringste für dich zu tun. Wofür hältst du mich?“
„Und ich … kann Alain … nicht …“, Adrians Stimme wurde immer dünner und erstarb.
Einen Augenblick lang fixierten sie sich schweigend. Die alte Kampfbereitschaft meldete sich zaghaft in Beate zu Wort und sie machte keine Anstalten, diese zu unterdrücken. Selbst wenn Adrian die gleiche angeborene Sturheit wie sie besitzen sollte, was bei einem Iren durchaus im Bereich des Möglichen lag, so hatte sie entschieden mehr Übung in deren Anwendung.
Mit einem triumphierenden Blitzen in ihren grünen Augen verzog sie den Mund und flötete: „Dieses eine Mal ziehst du den Kürzeren, obwohl du ein gestand’ner Mann bist. Und es tut mir nicht mal leid, mein
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