Begegnungen (Das Kleeblatt)
ihn an.
„Erinnerst du dich an mich? Wir sind uns nur einmal kurz begegnet. Und es ist schon lange her. Ich bin der Mann von Susanne Reichelt“, wiederholte er gleichbleibend freundlich und geduldig. „Suse, deine Freundin aus Deutschland. Ihr habt gemeinsam in Rostock studiert , nicht wahr?“
Endlich nickte sie zaghaft. Adrian fiel ein Stein vom Herzen und er atmete erleichtert auf.
„Unser Sohn Manuel ist bloß wenig älter als Katrin.“ Er registrierte, wie sie kaum merklich zusammenzuckte, als sie den Namen ihrer Tochter hörte. „Cat ist ein wirklicher Engel. Alain hat uns gemeinsam mit ihr in Deutschland besucht.“
„Alain.“ Ihre Lippen formten den Namen, doch sie brachte keinen Laut hervor.
„ Er konnte nicht selbst kommen, Beate. Deswegen bin ich hier, um dich zurück nach Hause zu bringen.“
Panik blitzte in ihren grünen Augen auf. Sie keu chte hektisch und rang um Atem.
„Ich k… kann nicht“, s tieß sie hervor, „… nicht weg von hier.“
„Beate, ich glaube, dass es sehr schwer für dich ist. Aber Alain braucht dich. Es geht ihm gesundheitlich … nicht gut. Du weißt, dass er mehrmals in der Woche zur Dialyse muss. Dazu hat er ständig irgendwelche Kontrolluntersuchungen und Termine. Trotzdem hätte er alles dafür getan, um dich hier abzuholen. Er hätte erneut seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Bitte, Beate, er wartet auf dich.“
Endlich wagte er den Versuch , ihr seine Hand entgegenzustrecken, ohne sich indes von der Stelle zu bewegen.
„Komm, Beate“, sagte er leise mit seiner sanften Stimme und bemerkte gleichzeitig, wie ihre Angst allmählich wich und blankem Entsetzen Platz machte.
„Ich kann nicht“, flüsterte sie und schüttelte ungestüm den Kopf. „Bitte nicht.“
„Ich will dir nicht wehtun und du musst auch keine Angst vor mir haben.“
Natürlich hatte er nicht erwartet, dass sie ihm, einem praktisch Fremden, um den Hals fallen würde, war er nun als Retter zu ihr gekommen oder nicht. Allerdings hatte er genauso wenig mit derartigem Widerstand gerechnet.
„Wie soll te ich es Alain erklären, wenn ich ohne dich nach Hause käme? Die Ärzte können nicht sagen, wie viel Zeit ihm bleibt, deswegen möchte er dich noch ein einziges Mal sehen. Er wird enttäuscht sein, wenn du seinen letzten Wunsch unerfüllt lässt.“
„Alain?“ Ihre fragenden Augen waren auf Adrian gerichtet.
Für einen Moment blieb ihm das Herz stehen. Hatte sie ihn etwa gar nicht verstanden? Hatte er die ganze Zeit an ihr vorbei geredet, ohne dass sie begriffen hatte, was er von ihr wollte? Verdammt noch mal, wie sollte er sie von hier wegbringen? Er durfte nicht wieder versagen wie auf der „Fritz Stoltz“, als er Suse alleingelassen hatte. Er durfte Beate nicht verlieren!
„Ja, Alain Germeaux. Cats Vater.“
Sein Blick fiel auf seine Armbanduhr. Er stöhnte innerlich auf. Die Zeit war um. Frithjof wartete bereits zwei Minuten.
„Cat.“ Beate nickte in Gedanken versunken und murmelte: „Sie ist mein einziges Baby, das einen Namen hat.“
„Alain liebt Angel-Cat über alles. Er ist der beste Vater, den du dir für Katrin vorstellen kannst. Allerdings ist sehr krank und aus diesem Grund braucht er dich, Beate. Du allein kannst es schaffen, Alain zu helfen, damit es ihm endlich besser geht.“
„Sie werden mich nicht gehen lassen.“
„Ich habe ein Auto vor der Tür stehen. Mein Freund wartet im Wagen auf uns. Wenn wir uns beeilen, werden sie dein Verschwinden nicht bemerken, bevor du in Sicherheit bist.“
Er beugte sich ein wenig nach vorne und hielt ihr erneut sei ne Hand entgegen. „Vertrau mir, Beate. Sie warten schon so lange auf dich – Alain und Cat, Suse und all unsere Kinder. Selbst deine Mutter.“
Plötzlich b rach ihm der Schweiß aus. Vier Minuten über der vereinbarten Zeit! Jeden Moment könnte einer der Männer zurückkommen! Wenn er Beate nicht überredete, sofort aufzustehen und brav hinter ihm her nach draußen zu gehen, müsste er sie mit Gewalt hier herausschleppen.
Allein schon die Vorstellung , sie zu etwas zwingen zu müssen, bereitete ihm Übelkeit. An die psychischen Folgen für sie mochte er gar nicht erst denken. Trotzdem würde er sie aus diesem Loch fortbringen. Unter allen Umständen. Er hatte sein Wort gegeben. Wenn er es heute nicht schaffte, würde sie keine weitere Chance bekommen.
„Bitte, Beate.“
Sie hob langsam den Blick und musterte den Mann, der noch immer reglos vor ihr kniete. „Wir müssen gehen, nicht
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