Begehrter Feind
befehlt, Mylord.« Der blonde Krieger legte die Armbrust erneut an.
»Nein! Bitte, ich s-sage Euch a-alles!«, stammelte der Schurke.
»Wo ist Dominic?«, fragte de Lanceau.
»E-er … äh …«
De Lanceau nickte, worauf Aldwin auf die linke Seite des Kopfes zielte.
»Am Steg … u-unten am F-Fluss. N-nicht weit von hier.«
»Crenardieu?«
»A-auch da.«
»Warum bist du nach Clovebury geritten?«
»U-um R-Ryle Balewyne u-und die anderen zu holen.« Er sah kurz zu Gisela und gleich wieder weg.
De Lanceau runzelte die Stirn. »Sollen die anderen beim Tuchverkauf helfen?«
Der Mann nickte und schluckte. »Und a-außerdem …«
»Ja?«
»Dominic töten, sobald der Kauf a-abgeschlossen ist.«
»Mein Gott!«, flüsterte Gisela. Das leise Summen der Insekten auf der Wiese schien auf einmal dröhnend laut zu werden, so dass es in ihrem Kopf schrillte.
De Lanceau gab seinem Pferd die Sporen und ritt näher zu dem Lakaien. »Du bringst uns hin – unverzüglich! Ich warne dich: Falls du versuchst, uns in die Irre zu führen, oder auch nur flüsterst, um deine Kohorten zu warnen«, er nickte zu Aldwin, »schießt er dir die Ohren ab! Als Erstes. Verstanden?«
Der Mann wippte ängstlich mit dem Kopf.
De Lanceau sah zu Gisela und zu seinen Leuten. »Seid vorsichtig!«
Während Aldwin die Armbrust weiter auf Crenardieus Gehilfen richtete, band ein anderer Waffenknecht dessen Pferd los und führte es zurück auf den Weg. Dann setzte sich der ganze Tross wieder in Bewegung: de Lanceau ganz vorn, hinter sich seine Waffenknechte mit dem Schurken in der Mitte und zum Schluss Aldwin.
Gisela, die am ganzen Leib zitterte, seufzte leise.
Wir sind auf dem Weg, Dominic, Liebster! Gib die Hoffnung nicht auf! Wir finden dich!
Sie folgten der Straße am Fluss entlang. Der Wald wurde dichter, die Schatten tiefer, und vom Boden stieg der schwere Duft vermodernden Laubes und verrottenden Holzes auf.
Ungeduldig wandte de Lanceau sich zu seinem Gefangenen um. »Wie weit noch?«
»N-nicht mehr weit«, antwortete der Mann.
»Um deinetwillen hoffe ich, dass du uns nicht belügst«, raunte Aldwin ihm zu.
Sie ritten weiter den Weg entlang, der sich durch den Wald schlängelte. Plötzlich bemerkte Gisela etwas im Schatten. Sie beugte sich vor, um es genauer zu erkennen. »Seht nur!«
De Lanceau blickte in die Richtung, in die sie zeigte. »Frischer Schmutz, der von einem Wagenrad aufgewirbelt wurde. Hier muss ein Karren im Schlamm stecken geblieben sein.«
»Und dort ist eine Fackel«, sagte einer der Waffenknechte. »Vielleicht sind sie vor Morgengrauen hier entlanggekommen. Crenardieu wird lieber den Schutz der Dunkelheit genutzt haben.«
»Jeder Reisende kann die Fackel weggeworfen haben«, entgegnete de Lanceau und trieb seine Männer weiter.
»Wartet!« Gisela hielt ihr Pferd an und stieg ab.
»Gisela!«, knurrte de Lanceau verärgert.
Sie lief nach vorn, bückte sich und hob den Gegenstand auf, der im Schmutz leuchtete.
Ein Streifen blaue Seide – das Stück, das Dominic von Ewans Schwert abgewickelt hatte, dessen war sie sich sicher.
Vorsichtig strich sie den Schmutz von dem Stoff. »Mylord, das hat Dominic hiergelassen!«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil er es bei mir zu Hause fand. Ein Beweis, dass ich Euch betrog.«
De Lanceau sah sie an, doch statt etwas zu ihrem Geständnis zu sagen, murmelte er: »Dominic hat es absichtlich fallen gelassen.«
»Ja, das denke ich auch.« Gisela stand auf dem Weg, blickte zu de Lanceau auf und musste lächeln.
Er grinste sie aufmunternd an. »Wir finden ihn, Gisela«, sprach er ihr Mut zu und zog eine Braue hoch, »sobald du wieder auf deinem Pferd sitzt.«
Eilig kehrte sie zu ihrem Pferd zurück und beschloss, die Seide in ihren Beutel zu stecken. »Ja, Mylord«, rief sie, »wir finden ihn!«
Kapitel 21
S eine Wut und seine Sorge drohten Dominic zu ersticken, als er beobachtete, wie Ryle von seinem Pferd stieg und es an einen Baum band. Jede einzelne von Ryles Bewegungen verriet seinen Zorn, und sein Gesicht, das manche Frauen als gutaussehend bezeichnen würden, war rot und angespannt.
Eine eisige Angst packte Dominic. Was hatte Ryle derart verärgert? Was war in Giselas Haus geschehen?
Nachdem er die Münzen gezählt hatte, füllte der Franzose sie wieder in den Beutel zurück und stand auf. Er nickte dem Londoner Kaufmann zu. »Das Tuch gehört Ihnen.«
Der Mann bedeutete seinen Lakaien, aus dem Unterholz zu kommen. »Ladet die Ballen auf die Boote!«,
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