Begehrter Feind
sah zur Seite, doch ihr entging nicht, dass seine Augen wütend funkelten. »Und in all den Tagen, die wir zusammen waren, hast du es nicht einmal erwähnt?«
Auch diese Frage hatte sie erwartet, und sie empfand eine schreckliche Schuld. »Um ehrlich zu sein, ich wusste nicht … wie ich es dir sagen sollte.«
Und ich hatte Angst vor dem, was du sagen könntest.
Er sah sie fragend an.
»Ich konnte es wohl schlecht an dem Abend erzählen, als wir gemeinsam bei Tisch saßen. ›Stell dir vor, Ewan ist dein Kind.‹ Oder doch?«
Dominic lachte, auch wenn es nicht amüsiert klang. »Du hättest einen Moment abpassen können, um es mir zu sagen.«
»Das wollte ich ja«, flüsterte sie unglücklich. »Ich hatte es mir fest vorgenommen, aber erst wenn ich mit dir allein reden könnte.«
»Ewan weiß es nicht?«
»Noch nicht.«
Dominic sah sie eine Weile schweigend an. Vermutlich glaubte er noch nicht recht, dass sie ihm die Wahrheit sagte. »Wann hast du bemerkt, dass du ein Kind erwartest?«
Unser Kind!,
schrie es in ihr.
Unseren Sohn, Dominic! Den Beweis unserer Liebe.
»Ich wusste es einige Wochen, nachdem du fortgegangen warst.« Sie schluckte. »Ach, Dominic, wie gern hätte ich dir die Neuigkeit mitgeteilt! Nicht, weil ich irgendetwas von dir erwartete«, fügte sie hastig hinzu. »Als ich mit dir zusammen war, wusste ich, dass ich empfangen könnte. Doch ich wusste auch, falls ich dein Kind bekommen sollte, würde ich für es sorgen, es lieben, es anbeten.« Sie zögerte, bevor sie sich zwang, fortzufahren. »Zu wissen, dass ich deine Tochter oder deinen Sohn in mir tragen könnte … das war aufregend und zugleich sehr beängstigend. Doch obwohl wir Lebewohl gesagt hatten und ich annahm, dass du bereits zum Kreuzzug aufgebrochen warst, bin ich zur Burg deines Vaters gegangen. Ich musste es einfach versuchen.«
Die Erinnerungen an ihren Besuch waren nach wie vor schmerzlich.
»Red weiter!«, ermutigte Dominic sie.
»Zuerst wollten die Wachen mich gar nicht anhören. Sie sagten mir, du wärst nicht mehr da und ich sollte verschwinden. Als ich sie anflehte, schickten sie einen Boten hinein, und kurz darauf wurde ich in die große Halle geführt, wo mich eine Frau begrüßte. Sie stellte sich mir als deine Stiefmutter vor.«
Dominics Miene wurde finster. »Eine verschlagene, falsche Frau.«
Gisela entsann sich der herben Schönheit und des selbstgefälligen Lächelns. »Sie fragte mich, was ich wollte. Als ich ihr erzählte, dass ich dir eine Nachricht zukommen lassen wollte, lächelte sie und sagte: ›Du musst Gisela sein.‹ Ich war überrascht, denn ich hatte keine Ahnung, dass sie von mir wusste, und dann … ich weiß auch nicht, warum, aber ich brach in Tränen aus. Nachdem ich mich ihr anvertraut hatte«, Gisela holte zitternd Atem, »sagte sie, ich könnte dir keine Nachricht senden und dürfte es auch nicht. Ich sollte sehen, wie ich deinen Bastard loswerde, und dich vergessen, weil …«
O Gott, wie die Worte bis heute weh taten! Jedes einzelne von ihnen war ein Dolch, der sie mitten ins Herz traf.
»Was, Gisela?«
»Weil du mich nie mehr wiedersehen wolltest.«
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Teufel noch mal! Niemals habe ich gesagt …«
»Falls du vom Kreuzzug zurückkämst, würdest du eine junge Dame von edler Herkunft heiraten, keine gemeine kleine Dirne wie mich.« Sie schluchzte auf.
»Gisela!«, rief Dominic betroffen aus. »Es tut mir leid!«
»Ich ging in der Gewissheit, dass unsere Liebe endgültig vorbei war«, fuhr sie matt fort und strich sich über den Bauch, »dass mir nichts mehr von dir – von uns – geblieben war außer unserem Kind. Und ich wollte das Baby unbedingt.«
Dominics Seufzen klang beinahe wie das Rascheln der Weidenblätter über ihnen.
»Als meine Eltern erfuhren, dass ich guter Hoffnung war«, erzählte sie weiter, »waren sie entsetzt. Meine Familie war in der Grafschaft bekannt, und sie hatten gehofft, mich mit einem wohlhabenden Kunden zu vermählen, auf dass mein Vater seinen Einfluss im Tuchhandel vergrößern konnte. Aber kein Mann würde mich nehmen, wenn ich von einem anderen schwanger war.«
»Dein Drachen von einem Ehemann hat dich geheiratet.«
»Ryle war ein Partner meines Vaters und viele Jahre älter als ich«, erklärte sie angewidert. »Er hatte keine Kinder mit seiner ersten Frau gehabt, die gestorben war. Er bot an, mein Kind als sein eigenes anzunehmen, wenn ich ihm im Gegenzug bei seinen Geschäften helfe. Mein
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