Begehrter Feind
für ihn tun«, entgegnete sie. »Du musst jetzt ein starker Krieger sein, Knöpfchen. Ada braucht den Schutz eines Ritters.«
Ihre Freundin nickte und zog den Kleinen von ihr weg. »Wir passen gegenseitig auf uns auf, ja?«
Aufgebrachte Stimmen drangen von draußen herein, dann wieder ein lautes
Rumms
. Das Türholz knarzte.
Gisela hielt sich die Hand vor den Mund. Crenardieu befahl seinen Männern doch nicht etwa, ihre Tür einzuschlagen? Wusste er denn nicht, wie viel sie die Reparatur kosten würde?
»Crenardieu!«, schrie sie.
Noch ein
Rumms.
Holz splitterte. Die gusseiserne Halterung des obersten Riegels gab nach.
»Mama!«
Gisela wich zurück und schob Ada und Ewan nach hinten.
Rumms.
Ein lautes Splittern erklang, dann schoss der Riegel aus der Tür und landete scheppernd auf dem Boden.
»Crenardieu!«, rief sie. »Aufhören!«
Es gab noch ein lautes Krachen, und das Schloss zerbarst. Nun gab auch der untere Riegel nach, worauf die Tür quietschend nach innen schwang.
Als Nächstes erschien Crenardieu auf der Schwelle, dessen zorniger Blick Gisela erstarren ließ. Hinter ihr knallte die Tür zum Wohnraum zu.
Der Franzose trat in ihren Laden. Auf sein energisches Nicken hin folgten ihm zwei seiner Männer, die Dominic zwischen sich hielten. Sein Kopf hing herunter, und er stolperte, als wäre er außerstande, sich allein aufrecht zu halten.
»O mein Gott!«, hauchte Gisela, die unweigerlich schluchzte.
Dominic hob sichtlich angestrengt den Kopf. Sein rechtes Auge war fast zugeschwollen, und Blut tropfte ihm von der Unterlippe. Die beiden Männer schubsten ihn grob nach vorn und grinsten, als er vor Schmerz stöhnte.
»Gisela«, ächzte er mit beängstigend matter Stimme, »sei … nicht …«
»Dominic!«, schluchzte sie und ging auf ihn zu. »Was haben sie mit dir gemacht?«
Crenardieu schwenkte eine Hand, worauf die beiden Männer ihn losließen. Dominic richtete sich mühsam auf und versuchte, die Schultern zu straffen, doch es schien ihn zu viel Kraft zu kosten, denn er sackte auf die Knie.
Mit einem stummen Schrei eilte Gisela zu ihm, kniete sich hin und strich ihm das Haar aus dem Gesicht. Ganz sanft legte sie ihre Hände an seine Wangen und hob sein Kinn vorsichtig an, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. Sie fühlte eine klebrige Feuchtigkeit an ihren Fingern.
Blut.
Vor lauter Tränen erkannte sie ihn nur verschwommen. »Dominic!«
Er lächelte schwach.
»Warum haben sie dir das angetan?« Allmählich wich ihre Furcht rasender Wut. »Wie können Sie es wagen!«, zischte sie erbost und sah zuerst die beiden Schläger, dann Crenardieu an.
»Wie ich es wagen kann?« Crenardieu kicherte. »Ich hatte guten Grund dazu.«
»Welchen Grund?«, fragte sie barsch und verdrängte ihre Angst. Der Franzose wusste also, weshalb Dominic hier war. Er wusste, dass Dominic ihn und seine Schergen überführen wollte.
Sie sah weiter nur Dominic an, dessen Augenlider flatterten. Er war eindeutig kurz davor, ohnmächtig zu werden, wogegen er mit aller Macht ankämpfte, ebenso wie gegen den Schmerz, den er erleiden musste. Seine Finger krallten sich in ihre Ärmel, als wollte er unbedingt verhindern, dass er zusammenbrach.
Atemlos raunte er etwas, das dringlich klang, aber leider verstand sie ihn nicht.
Ich liebe dich,
bedeutete sie ihm mit ihrem Blick, während sie ihm sanft über das Kinn strich.
Dominic, ich liebe dich!
Ein sanftes Rascheln lenkte ihren Blick zu Crenardieu, der etwas aus seinem Umhang zog. Er hielt einen aufgerollten Pergamentbogen hoch, der mit Wachs versiegelt war. Das Siegel war gebrochen.
Verächtlich rollte der Franzose den Bogen auseinander. »›Mein teurer Freund und verehrter Lord Geoffrey de Lanceau‹«, las er hämisch. »›Mit größter Freude schreibe ich Dir, um Dir mitzuteilen, dass ich einen Teil Deiner gestohlenen Seide entdecken konnte.‹« Dann sah er zu Gisela. »Stellen Sie sich vor. Er ist gar kein unbedarfter Kaufmann, der nach Seide für einen Kunden sucht! Er ist de Lanceaus Spion.«
»Woher wissen Sie, dass er den Brief geschrieben hat?«, fragte Gisela. »Jemand hätte ihn ihm gegeben haben können.«
»Zeig’s ihr.«
Einer der Grobiane griff nach unten, packte Dominics Hand und hielt sie in die Höhe, damit Gisela sie sah. Schwarze Tinte befleckte Dominics Daumen und Zeigefinger.
»Er hat ihn geschrieben«, bekräftigte Crenardieu. »Eine Bardame im Stubborn Mule hat gesehen, wie er ihn schrieb.«
Dominic murmelte wieder etwas, diesmal
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