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Begierde

Begierde

Titel: Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
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frägt sich wohl jede, welcher Teufel sie dazu verführt hat, sich in die Hände dieser Erzieher zu begeben – aber du hast sie doch noch gar nicht kennengelernt, wieso regst du dich dann so auf? Sie sind eigentlich alle ganz nett.«
    »Ich bin nicht freiwillig hier. Ich will nicht hier bleiben«, kreischte Vicky hysterisch und setzte sich wieder auf. Sie wischte mit dem Handrücken über ihre Augen. Jetzt erst wurde ihr bewusst, was Anna gesagt hatte. »Was meinst du überhaupt damit,
du
bist
freiwillig
hier?«
    Anna zog kurz die Schultern hoch, als ob sich diese Aussage von alleine erklären müsste. Sie seufzte. »Du bist vielleicht ein komischer Vogel. Also, wir sind hier im Augenblick elf Mädchen, mit dir jetzt zwölf, die maximale Anzahl. Die meisten sind aufgrund einer Zeitungsannounce hier.« Sie sah Vicky ernst und um Zustimmung suchend an. »Du doch auch?«
    Vicky schüttelte energisch den Kopf und zog die letzten Tränen in der Nase hoch.
    Anna lächelte, sie schien ihr nicht zu glauben. »Nun, vielleicht leidest du ja ein wenig an – wie nennt man das, ach ja – an Amnesie? «
    »Ganz bestimmt nicht«, knurrte Vicky. »Was stand denn in dieser Anzeige?«
    »Oh, ich hab’s auswändig gelernt:
Du bist hübsch und intelligent, aber mittellos und nicht darauf erpicht, dich dein Leben lang abzurackern? Lieber wäre dir die Heirat mit deinem Traumprinzen, einem attraktiven und wohlhabenden Ehemann. Du magst Sonne, Wärme, Italien? Wie wäre es dann mit einem feurigen Italiener? Was du dafür tun musst, erfährst du in einem persönlichen Gespräch
. Natürlich dachte ich zuerst, das wäre ein Scherz. Eine neue Art, Mädchen in ein Bordell zu locken, und dann für immer und ewig irgendwo verschwinden zu lassen. Ich hatte echt Schiss. Aber dann habe ich doch angerufen und einen Termin ausgemacht, weil sie nichts dagegen einzuwenden hatten, dass ich jemanden mitbringe. Das fand ich sehr beruhigend.«
    Vickys Tränen waren inzwischen getrocknet. Sie hing wie hypnotisiert an Annas Lippen. Es handelte sich also um ein Ehevermittlungsinstitut, nicht um ein Bordell? Dann war ihre Lage ja vielleicht doch nicht hoffnungslos wie befürchtet. Obwohl sie immer noch nicht verstand, was Marc sich dabei gedacht hatte, sie entführen zu lassen, und warum sich alle hier so eigenartig verhielten.
    »Also habe ich einen Freund überredet mitzugehen. Na ja, und in dem Gespräch habe ich dann erfahren, dass sie einem hier tatsächlich einen reichen Ehemann suchen. Ich dachte, das sind bestimmt so notgeile alte Knacker. Aber nein, die Männer sind ja wirklich gut aussehend und im besten Alter.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Vicky misstrauisch.
    Anna grinste. »Weil sie mir Fotos gezeigt haben, jede Menge Fotos. Ich hatte nur eine Woche Zeit, mir alles in Ruhe zu überlegen, weil dann Annahmeschluss war. Tja, was soll ich noch dazu sagen, ich habe also den Vertrag unterschrieben und seitdem bin ich hier. Und wie war’s bei dir? Wieso haben Sie dich jetzt überhaupt noch genommen?«
    »Vertrag, was denn für einen Vertrag?«
    »Also komm, nun hör schon auf. Das ist jetzt wirklich albern. Der Vertrag halt, den du auch unterschrieben hast.«
    »Ich habe nichts unterschrieben. Also sag schon.«
    Anna verdrehte die Augen und seufzte. »Ist das hier ein Test, den Tomaso sich ausgedacht hat? Nun, in dem Vertrag steht, dass ich freiwillig hier bin, weil ich heiraten möchte und dass ich keinen Einfluss auf die Wahl habe, sondern mich dem Mann unterwerfen werde, der mich zur Frau nehmen will.«
    Vickys Mund entwich ein tiefes Stöhnen. »Oh nein, das kann doch nicht dein Ernst sein. Anna. Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du hast dich denen ausgeliefert. Das ist ja wie, wie – wie auf einem Sklavenmarkt.«
    Anna schien nun endgültig die Geduld zu verlieren. »Willst du etwa dein ganzes Leben lang schuften, jeden Monat überlegen, ob dir das Geld reicht und am Ende mit einer winzigen Rente dahin vegetieren? Hä? Ich will leben, verstehst du? Spaß haben und Geld ausgeben. Ich will reich sein und verwöhnt werden! Und wenn ich Kinder habe, will ich denen was bieten, und nicht jeden Cent dreimal umdrehen müssen.« Sie schnaubte. »Erzähl mal, was hast du gelernt, was arbeitest du?«
    Vicky schwieg zunächst, dann gab sie Annas aufforderndem Blick nach. »Ich bin Stewardess. Aber die Airline ist Pleite und hat alle entlassen. Jetzt bin ich auf der Suche nach einer neuen Stelle.«
    »Stewardess«, murmelte Anna.

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