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Begierde

Begierde

Titel: Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
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Abstand verteilt kleine Bilder mit dunkelgrünen Passepartouts, die Kupferstiche umrahmten. Ein überaus elegantes und edles Ambiente.
    Die Patrona saß am einen Tischende, im einzigen Stuhl mit Armlehnen, am anderen Ende Stefano. Die beiden Längsseiten des Tisches waren von den jungen Frauen besetzt, bis auf die beiden Stühle, die für Anna und Vicky freigehalten waren, und bis auf Tomaso, der rechts von der Patrona an der Längsseite Platz genommen hatte.
    Die Patrona fixierte die beiden Mädchen mit strengem Blick.
    Zu Vickys Überraschung machte Anna einen formvollendeten Knicks und murmelte mit gesenktem Kopf eine Entschuldigung. »
Scusa
, Patrona. Wir sind zu spät, aber wir mussten uns noch umziehen.«
    Die Patrona nickte gnädig, machte eine scheuchende Handbewegung und Anna atmete sichtlich auf. Sie schob Vicky zu ihrem Stuhl und nahm rechts von ihr Platz. »Salute und buon appetito«, begrüßte sie die anderen, die den Neuzugang neugierig in Augenschein nahmen.
    Ein allgemein gemurmeltes
Buon giorno
wurde Vicky entgegen gebracht und sie erwiderte es mit einem zögerlichen Lächeln. Normalerweise war sie nicht sehr gehemmt fremden Menschen gegenüber, aber es war alles zu neu für sie, um mit der Situation souverän umzugehen. Außerdem wurde ihr im selben Moment bewusst, dass ein Teil der Anwesenden sie bereits nach ihrer Ankunft nackt gesehen und womöglich an ihr herumgespielt hatten, ein Gedanke, den sie als äußerst peinlich empfand und der sie verlegen machte. Aber andererseits lenkte sie ihr knurrender Magen ab, denn sie hatte kein Frühstück erhalten und merkte erst jetzt, wie hungrig und durstig sie war.
    Vor ihr stand ein großer silberner Teller auf dem Tisch, darauf ein weißer Porzellanteller, darauf ein weiterer mit einem sehr schön angerichteten Salat. Links neben den Tellern befanden sich zwei Gabeln, rechts zwei Messer und ein Löffel, am Kopf des Tellers ein weiterer kleiner Löffel. Vicky griff wahllos nach der Gabel, die dem Teller als nächste lag, doch ehe sie dazu kam, diese anzuheben, legte sich von links sanft eine Hand auf die ihre.
    »Besteck immer von außen nach innen verwenden«, mahnte leise mit einem französischen Akzent die Stimme der jungen Frau neben ihr.
    Vicky schaute sie an.
    »Ich bin Michelle«, erklärte sich ihre Nachbarin. Dunkelbraune Augen erwiderten wohlwollend Vickys Blick. »Möschtest du etwas zu trinken?«
    »Ja, bitte«, antwortete Vicky.
    Michelle nickte. Sie griff nach einer Karaffe mit Wasser und goss Vicky davon ein. »Mittags gibt es nur Wasser, abends auch Wein«, erläuterte sie, ehe sie wieder zu ihrer Gabel griff und weiter aß.
    Während Vicky hungrig den Salat in sich hinein schlang und dankbar eine Scheibe Brot aus dem Korb nahm, den Anna ihr reichte, beobachtete sie die anderen. Alle Mädchen waren sorgfältig frisiert und geschminkt, waren gut gekleidet und trugen dazu passenden Schmuck aus Gold oder Perlen. Sie saßen aufrecht und es wirkte ein wenig gestelzt, wie sie aßen. Auf einmal fiel ihr auf, dass sie die einzige war, die das Essen in sich hineinstopfte. Bei den anderen wurde alles sehr klein geschnitten, wenig auf die Gabel genommen, und in einer eigentümlichen Art, fast wie im Zeitlupentempo, zum Mund geführt und sorgfältig gekaut.
    Auch während der nachfolgenden Gänge lief das Essen sehr niveauvoll ab. Es gab einen kleinen Vorspeisenteller, danach eine kleine Portion Fisch mit Gemüse, bis dahin alles kalorien- und fettarme Speisen. Zuletzt ein kleines Tartuffo und einen Espresso. Auf- und abgetragen wurden die Mahlzeiten von einer vollschlanken, freundlich lächelnden Frau, die mit schwarzem Rock, weißer Bluse und Schürze wie eine Kellnerin gekleidet, und abgesehen von der Patrona die einzige Ältere war. Das sei Rosa, die Köchin, hatte Anna ihr zugeflüstert. Zusammen mit zwei Mädchen wäre sie für die Küche zuständig, würde aber meistens selbst das Essen bringen, wozu sie einen chromblitzenden Servierwagen verwendete.
    Während sich Vicky noch ihre Gedanken darüber machte, ob wohl zu allen Mahlzeiten soviel Aufwand betrieben wurde, aber zu gehemmt war, irgendetwas zu fragen, spürte sie plötzlich einen heftigen Schlag ins Kreuz. Sie unterdrückte mit Mühe einen Schrei.
    »Haltung, Victoria, mehr Haltung. Gerade sitzen, beide Hände auf dem Tisch, die Arme im rechten Winkel, den Kopf aufrecht, und die Lippen werden nicht mit der Serviette abgerieben sondern nur abgetupft. Oder willst du jedes Mal deinen

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