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Begierde

Begierde

Titel: Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
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Lippenstift ruinieren?«
    Eine wahre Kanonade an Verhaltensregeln prasselte auf Vicky nieder. Sie traute sich nicht, sich umzudrehen, und zu schauen, wem die fremde Stimme gehörte. Aber sie erkannte sie wieder. Es war die Stimme, die ihr ins Ohr geflüstert hatte, als sie angebunden im Foyer gestanden hatte. Nach wie vor bohrte sich etwas mit Druck in ihren Rücken. Eine Hand mit langen schlanken Fingern und dunkelrot lackierten Nägeln erschien in ihrem Sichtfeld und legte ein Blatt vor ihr ab.
    Ein Stundenplan. Wie in der Schule. Verächtlich musterte Vicky das Papier.
    »Anna wird dir alles erklären, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich, Signora Vicosa«, versicherte Anna mit gesenktem Blick.
    Vicky hörte den Respekt aus ihrer Stimme heraus, den sie der Signora entgegen brachte.
    Während die anderen allmählich aufstanden und den Raum verließen, blieben Michelle, Vicky, Anna und die ihnen gegenüber sitzende Gabriella.
    »Wer war das denn eben? Ich fühle immer noch dieses ekelhafte Bohren im Kreuz«, stöhnte Vicky.
    »Signora Vicosa bringt uns bei, wie man sich zu jeder Gelegenheit richtig schminkt und kleidet, wie man sich elegant verhält, beim Essen nicht blamiert und so weiter. Sie ist eigentlich ganz nett. Nun zeig mal her«, forderte Anna und studierte aufmerksam die Kürzel auf dem Stundenplan. »Also, I steht für Italienischunterricht. Ist ja auch klar, wenn wir hier in Italien sind und unsere künftigen Männer bevorzugt Italiener sind, dass wir alle diese Sprache lernen müssen. Hm, Fit steht für Fitnesstraining. K bedeutet Kosmetik und St für Style. Beides bei Signora Vicosa. Vieles machen wir gemeinsam, aber einiges ist halt auch Einzelunterricht, und –«
    Gabriella fiel ihr ins Wort. »Oh, das ist so toll. Man lernt bei ihr, wie man sich für jede Gelegenheit richtig schminkt. Davon habe ich immer geträumt.« In ihre Augen trat vor lauter Begeisterung ein unwirklicher Glanz. Vicky betrachtete Gabriella genau. Ihr Gegenüber hatte eine natürliche Schönheit, eine reine Haut, die eigentlich keines besonderen Makeups bedurfte. Für einen Moment überlegte sie, ob Gabriella wohl auch zu denen gehörte, die sie am Abend zuvor bemustert und befummelt hatten. Der Gedanke bereitete ihr körperliches Unbehagen.
    Gabriellas Augen waren von einem seltenen hellen Blau, wie Glasmurmeln, durchzogen von feinen blauen Fäden. Sie wurden von einem dezenten hellblauen Lidschatten unterstrichen. Ihre glatten Haare waren naturblond, mit dünnen helleren Strähnchen und beinahe hüftlang. Sie wirkte fast wie eine Fee. Ihr zart gebräunter Teint bildete dazu einen angenehmen Kontrast und gab ihr etwas mädchenhaftes, obwohl sie schon achtundzwanzig war, wie Anna ihr ins Ohr flüsterte.
    Michelle studierte Vickys Stundenplan. »Merkwürdig«, murmelte sie abschließend.
    »Was, was ist merkwürdig?«, fragte Vicky.
    »Fällt euch nichts auf?« Michelle sah abwechselnd von Gabriella zu Anna und zurück.
    Anna zog den Stundenplan näher zu sich. Ihre Lippen formulierten tonlos die Fächer. Dann zog sie die Augenbrauen hoch und sah Vicky verwundert an. »Michelle hat recht.«
    »Was denn?« Vicky ging das alles fürchterlich auf die Nerven. Sie würde an dem Unterricht sowieso nicht teilnehmen. Überhaupt
Unterricht
? Die Mädchen erschienen ihr alle vollkommen bescheuert. Ja – das war der richtige Ausdruck. Leise murmelte sie es vor sich hin, ohne dass die anderen davon Notiz nahmen. »Bescheuert …«
    »Oh je.« Michelle hatte nun wieder den Plan in der Hand und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. »Auf deinem Stundenplan fehlt E, der Erotikunterricht, das Wichtigste überhaupt.«
    »Na, wahrscheinlich benötigt sie den nicht, weil sie schon soviel Erfahrung in ihrem jungen Leben gesammelt hat.«
    Die Mädchen blickten erschrocken auf. Sie hatten nicht bemerkt, dass jemand herein gekommen war. Der Mann war etwa Ende zwanzig, nicht besonders groß und ein wenig korpulent, wirkte jedoch in seinem modernen hellen Sommeranzug und mit den kurz geschnittenen schwarzen Haaren sehr gepflegt. Vicky erkannte in ihm den zweiten der Entführer, der sehr still gewesen war und sich eher im Hintergrund gehalten hatte.
    Er trat hinter Gabriella, strich ihre Haare zur Seite und kraulte ihr sanft den Nacken. Sie klimperte mit den Augen, spitzte ihre Lippen und schien die Berührung zu genießen.
    Vicky biss sich trotzig auf die Lippen.
    »Aber Signor Stefano, auch Vicky kann doch bestimmt noch etwas hinzulernen?«, fragte

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