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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Todesanzeige in die Zeitung gesetzt. Sie konnte schlicht und einfach
diese Ehe nicht akzeptieren.«
»Ihre Mutter? Eine Todesanzeige?«
»Ja, als ein makabres Signal, daß ihre Tochter für sie gestorben war.«
»Meine Güte!«
»Wie geht es Lejon Vapen heute?«
»Schlecht, glaube ich. Ich habe Gerüchte von einem drohenden Konkurs gehört. Aber so geht es in Schweden im Moment ja
den meisten. Schon seit 1986 geht es bergab. Das ganze Land ist
geprägt von Depression und Desillusionierung. Man kann schon
sagen, daß der Mord an Olof Palme eine Art Wendepunkt in der
neueren schwedischen Geschichte darstellt – es gab ein Schweden vor dem Mord und ein ganz anderes danach. Es war der Tod
der Sozialdemokratie, sozusagen.«
»Also sind sie auf der Suche nach Geldern?«
»Ganz sicher.«
»Und wie steht es mit dem anderen Tagesordnungspunkt? Wer
war Pär Elias Jansson?«
Sie sah sich unwillkürlich um und senkte die Stimme. »P. E.
Jansson ist eine brandheiße Adresse, Veum.«
44
    Wir saßen wie unter einer Glasglocke. Ein junges Paar flirtete an
einem kleinen Tisch direkt neben uns. Ihr Lachen klang wie
silberne Glöckchen in dem verchromten Lokal. Direkt hinter
dem Rücken von Brita-Helén Rosenquist blätterte ein Mann in
der neusten Ausgabe von Dagens Nyheter. Es war eine schwere
Zeitung. Das hörte man an der Art, wie er umblätterte. Eine
Serviererin räumte einen verlassenen Tisch ab.
    Benutzte Teller klirrten, und das Geräusch ihrer Pfennigabsätze auf dem Weg zurück zur Glastheke stach wie Nadelspitzen in
unsere Haut. Durch eine Schiebeluke hörten wir die Geräusche
aus der Küche: Fleisch wurde in Scheiben gehackt mit einer fast
erschreckenden Effektivität, Eiswürfel fielen in ein Glas, ein
Wasserhahn wurde aufgedreht, Wasser sprudelte, und etwas
zischte in Schmalz. Für uns war es nur ein fernes Summen, die
Geräuschkulisse aus einem Spielfilm, für den wir keine Karten
mehr bekommen hatten. Wie bei einem Rendezvous hatten wir
nur Augen füreinander.
    Ich beugte mich über den Tisch. »Und was meinst du mit einer
heißen Adresse?«
Sie fuhr in derselben weichen Tonart fort, als habe sie Angst,
abgehört zu werden: »P. E. Jansson ist eine Unperson. Eine
Persona non grata. Ein Name, den man in gebildeter Gesellschaft nicht in den Mund nimmt.«
»Und warum nicht?«
Sie sah auf die Uhr. »Ich werde es kurz machen. So kurz ich
kann. Pär Elias Jansson wird immer nur ›Junge‹ Jansson
genannt, wohl schon seit seiner Kindheit. Und er selbst unterschreibt immer nur mit P. E. Jansson. Geboren in Ystad, 1944,
die Eltern wurden geschieden, die Mutter nahm ihn mit nach
Stockholm, als er sechs Jahre alt war. Er wuchs in Söder auf.
Die Mutter verdiente ihren Lebensunterhalt als ZigarettenVerkäuferin in einem Kino und als, so nimmt man an, eine Art
selbständige Prostituierte ohne Zuhälter. Er hatte mit anderen
Worten viele Onkels, und vielleicht war das der Grund, warum
er schon früh beschloß, selbst ein Onkel zu werden. Onkel
Polizist.«
»Er ist Polizist?«
» War. Ja, er begann mit – wie heißt das? – Krafttraining,
später Kampfsport, und ging auf die Polizeischule. Sobald er
fertig war, wurde er bei der Ordnungspolizei untergebracht, und
er tat sich schnell als sehr diensteifriger Wachtmeister hervor.
Viele würden sagen, zu eifrig. Er wurde Mitglied einer Gruppe
innerhalb der Polizei, die zu viele Dirty-Harry-Filme gesehen
hatte. Sie wurden ziemlich berüchtigt, einerseits in der Unterwelt, aber auch bei der politischen Linken, in der Friedensbewegung und bei Leuten, die an öffentlichen Demonstrationen
teilnahmen. P. E. Jansson tat sich so stark hervor, daß die
Säkerhetspoliti begann, sich für ihn zu interessieren.«
»Der Verfassungsschutz?«
»Ja. Aber nicht als eine Bedrohung für die Sicherheit des
Reiches. Ganz im Gegenteil. Sie rekrutierten ihn. Jetzt wechselte
er in einen anderen Arbeitsbereich, der unter anderem die Überwachung spezieller Gruppen der Gesellschaft beinhaltete. Und
er wurde selbst politisch aktiv. Es kam ans Tageslicht, daß er an
Treffen einer radikalen, ja rechtsextremen Gruppierung teilgenommen hatte, die auch in den obersten Gesellschaftsschichten
ihre Sympathisanten fand, unter anderem – und das wissen wir –
Fredrik Loewe.«
»Loewe gehörte auch zu dem Haufen?«
»Das Erbe von Vater und Großvater. Loewe hat immer zu den
Ultrarechten gehört.«
»Aha.«
»Aber zurück zu P. E. Die Vergangenheit holte ihn plötzlich
ein. Die

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