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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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er in einem ungewöhnlich singenden
Tonfall.
»Vassenden, aus Bergen«, sagte Svein Grorud hart. »Und sein
Liebster, Veum.«
Der Mann ging um Grorud herum und direkt auf Mons Vassenden zu, der automatisch ein paar Schritte zurückwich. »Ich
bin Axel Hauger, der, von dem du das Geld geliehen hast.« Sein
›r‹ war unnorwegisch, das ›e‹ genauso schmal wie sein Lächeln.
»Ich habe das Geld!« sagte Vassenden hastig im Falsett.
»Einen Tag zu spät«, sagte Svein Grorud und steckte sich eine
Zigarette in den Mund; mit einer plötzlichen Bewegung zündete
er sie an, als wolle er uns damit etwas sagen.
Axel Hauger warf einen raschen Blick auf Marit, die dasaß
und das Gespräch verfolgte wie die einzige Zuschauerin ein
unbedeutendes Tennismatch im Regen. »Laßt uns ins Büro
gehen.« Er sah auf die braune Tasche, die ich immer noch in der
Hand hielt. »Kommt beide mit.«
Einen Augenblick lang war es, als wolle niemand zuerst
gehen.
Svein Grorud trat zur Seite und machte uns Platz, aber Mons
Vassenden blieb auf dem Fleck stehen, als sei seine Batterie
leer.
Axel Hauger lachte, ein strammes, kleines Lachen. Was mich
anging, so war jedenfalls sicher: Ich wollte Grorud nicht direkt
hinter mir haben.
Schließlich ging Hauger zuerst, dann ich, und mir auf den
Fersen folgte Vassenden.
Grorud kam zum Schluß. Er schloß die Tür hart, mit einer
brüsken und entschiedenen Miene, als würden wir zum elektrischen Stuhl geführt.
Auch dieser Raum war spartanisch eingerichtet. Er enthielt
einen großen, schwarzlackierten Schreibtisch, auf dem kein
einziges Stück Papier lag, einen breitlehnigen, braunschwarzen
Lederstuhl, in dem man Mittagsschlaf halten konnte, und vier
pfirsichfarbene Drehsessel auf blankem Sockel um einen ovalen,
marmorierten Salontisch. Auf dem Tisch lag eine Ausgabe der
Zeitschrift »Das Kapital«.
Keiner von uns setzte sich. Ich trat zur Seite und stellte mich
mit dem Rücken zur Wand. Hauger ging zum Schreibtisch,
drehte sich zu uns herum und blieb, die eine Hand wie zufällig
auf der Schreibtischkante ruhend, stehen. Grorud blieb an der
Tür und federte leicht auf den Fußballen, als könne er sich
jederzeit in Bewegung setzen, und wenn, dann sicher nicht, um
uns auf die Wange zu küssen.
Mitten im Raum, wie ein hilfloser Clown in einer Manege,
stand Mons Vassenden, drehte den Kopf hin und her und wartete
vergeblich auf die erhofften Ovationen.
»Wollt ihr euch nicht setzen?« fragte Axel Hauger.
Vassenden drehte sich halb zu Grorud herum. »W-wir wollen
nur bezahlen.«
»Freut mich zu hören, Vassenden. Nichts erfreut Leute in
unserer Branche mehr als pünktliche Zahler.« Der Tonfall
verriet ihn. Auch er war zugewandert, wie so viele andere im
Viertel. Aber er kam nicht von weiter her als von der anderen
Seite der schwedischen Grenze, und er mußte eine geraume Zeit
im Land gelebt haben, denn er sprach deutlich besser Norwegisch als irgendein Norweger, der im schwedischen Fernsehen
oder Radio interviewt wurde.
Wieder drehte Vassenden sich ein Stück nach hinten. »Tut mir
leid, daß i-ich einen Tag über der Zeit bin, aber e-es war einfach
ganz unmöglich!«
Hauger lehnte sich vorsichtig nach vorn. »Wende dich ruhig
an mich, Vassenden. Grorud kommt erst ins Spiel, wenn die
Zahlungen ausbleiben, wenn du verstehst, was ich meine.«
»A-aber es stand doch Gror …«
»Ich war es, von dem du das Geld geliehen hast, stimmt’s?« Er
zog einen gefalteten Papierbogen aus der Innentasche seines
Jacketts und hielt ihn in die Luft. »Und ich habe auch deinen
Schuldschein!«
Vassenden sah sehnsüchtig auf das Papier, wie ein Hund, den
man mit einem Stück Fleisch lockt.
Svein Grorud beugte sich über den Tisch und drückte seine
Zigarette aus, ohne uns aus den Augen zu lassen. Es war ein
leerer Blick, so lebendig wie ein unterirdischer Lagerplatz für
Sondermüll.
Vassenden zeigte auf die Tasche in meiner Hand. »Wir hahaben das Geld hier.«
Axel Hauger streckte die Hand aus.
Ich sah zu Vassenden, der mich ungeduldig mit einer Kopfbewegung vorschickte.
Also gab ich die Tasche aus der Hand. Es war ein Gefühl, als
würde ich entwaffnet, und ich spannte automatisch die Bauchmuskeln an.
Grorud hatte beschlossen, seinen Blick auf mich zu konzentrieren. Das gefiel mir nicht.
Hauger stellte die Tasche auf dem Schreibtisch ab. Mit zwei
schnellen Schnapplauten öffnete er die Schlösser. Dann öffnete
er die Tasche und griff hinein. Gleich darauf kamen die Hände
wieder

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