Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
der gleichen Größe. Der Taxifahrer nahm nur einen der beiden Scheine und sagte: »Das stimmt so. Wenn Sie wollen, warte ich hier.«
»Nicht nötig. Fahr einfach weiter.«
Es war ein seltsames, zweistöckiges Geschäft, wo man auf den ersten Blick gar nicht erkennen konnte, was dort verkauft wurde. Im Erdgeschoß gab es Bekleidung, im Obergeschoß Bücher und Tonträger. Vor dem Eingang signierte ein Sänger seine Alben. Behzat Ç kannte sein Gesicht aus dem Fernsehen, wußte aber den Namen nicht. Weibliche Teenager drängten sich kreischend vor der Absperrung. Hin und wieder gelang es einem Mädchen, die kalkulierte Nachlässigkeit der Leibwächter auszunutzen und sich dem Sänger an den Hals zu werfen. Sobald sie mit ihm fotografiert worden war, fiel sie in Ohnmacht, wurde in eine Ecke getragen und begann erneut zu schreien, wenn die Ohnmacht vorüber war.
Das Ziel ist ziemlich klug. Er hat sich den perfekten Ort ausgesucht, um aus dem Taxi zu steigen
.
Zuerst suchte er die Männer, die das Ziel verfolgten. Er fand den Kompakten am Seitenausgang des Geschäfts, wie er die herausströmenden Kunden beobachteten. Er positionierte sich auf der anderen Seite des Ausgangs und begann zu warten. Pro Sekunde drängten sich rund zehn Personen durch die Tür. Behzat Ç schaute nur auf die Schuhe der Personen, die herauskamen. Währenddessen hielt der kompakte Idiot immer wieder seine Hand ans Ohr und kommunizierte mit seinen Kollegen. Plötzlich wurde es am Hauptausgang turbulent. Die Teenager durchbrachen die Absperrung und fielen über den Sänger her. Seine Leibwächter, die Kaufhaus-Security und die Kameraleute stürzten sich ins Gewühl.
Zwei schwarzgekleidete Schränke packten den Sänger bei den Armen, rissen ihn förmlich in die Luft und bahnten sich einen Weg zum Seitenausgang, indem sie alles um sich herum plattwalzten. Der Sänger zumindest hatte sich seinen Auftritt in den Abendnachrichten gesichert. Die Leibwächter brachten ihn wohlbehalten durch die Menge und setzten ihn in einen Jeep, der vor dem Seitenausgang vorfuhr. Die Kameraleute und die ekstatischen Teenager stürmten ihnen hinterher.
Genau der richtige Zeitpunkt
. Behzat Ç entdeckte die schwarzen Glanzlederstiefel wieder. Tatsächlich funkelten sie ihm schon aus beträchtlicher Entfernung entgegen. Er näherte sich, ohne die Augen von den Stiefeln zu lassen. Er stieß ein paar Leute fort, die sein Sichtfeld einschränkten. Der Kompakte rannte schon wieder in Panik auf und ab. Seine beiden Kollegen kamen aus dem Laden und gesellten sich zu ihm. Erhitzt diskutierten sie, was nun zu tun sei. Behzat Ç lief bereits hinter dem schwarzen Glanzleder über den Bürgersteig. Das Ziel war mit einem schwarzen Mantel und Bart hineingegangen und mit einem dunkelgrünen Anorak, einer Wollmütze und ohne Bart herausgekommen. Die beiden bogen von der Nene-Hatun-Straße in die Noktalı-Straße ab und gingen in Richtung des Einkaufszentrums Karum. Die Straßen waren voller Menschen, da es mittlerweile Mittagszeit war. Behzat Ç hielt großen Abstand zum Ziel. Er hatte einen doppelten Vorteil. Da das Ziel sich sicher war, nicht mehr verfolgt zu werden, ging es entspannter und langsamer. Genau vor dem Karum drehte er sich plötzlich um und kontrollierte die Straße hinter sich. Doch Behzat Ç war schon hinter einem Passanten verschwunden, der ihm gerade entgegenkam: »Kann ich mal Feuer haben?«
»Die brennt doch schon.«
»Ach, wirklich? Tut mir leid. Ich suche hier in der Gegend eine Mietwohnung. Wissen Sie vielleicht, wo welche leerstehen?«
Der Mann zeigte auf das schicke Einkaufszentrum und sagte: »Versuch es mal da drin. Du hast doch ’n Knall.«
Er sah, daß sein Ziel weiterging. Er nahm die Schirmmütze ab und steckte sie in die Tasche. »Danke, mein Herr«, sagte er und ließ den Mann stehen. Nun standen sie beide im Abstand von ungefähr fünfzehn Metern zueinander vor dem Karum und taten so, als warteten sie auf jemanden. Vielleicht wartete das Ziel wirklich auf jemanden; logisch erschien es Behzat Ç jedenfalls nicht, daß man ein Treffen vor dem Einkaufszentrum vereinbart hatte.
Er schaute unauffällig hinüber. Das Ziel blickte wieder auf seine Uhr. Er trug jetzt keine Plastiktüte mehr.
Was da wohl drin war?
Er versuchte, die Ereignisse zeitlich einzuordnen.
Er verließ die Wohnung mit einer Tüte. Der Mann, mit dem er sich im Schwanenpark traf, hatte die gleiche Tüte dabei. Vermutlich kannten sie sich nicht, sondern verständigten sich
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