Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
würde, daß der Geheimdienst mich bei Bedarf verhaftet und ich ihnen dann verrate, wo welche Illegalen sich aufhalten, daß ich ein doppeltes Spiel treibe, und so weiter und so fort. Das ging so weit, daß ich mich sogar selbst verachtet habe. Am Ende hat sich Betül von mir getrennt und sich für eine Abtreibung entschieden.«
»Wer hat das Gerücht gestreut?«
»Das müßt ihr eure Kollegen fragen. Woher soll ich das wissen? Wenn jemand nur genug Dreck auf dich wirft, bleibt schon was hängen. Davon bleibt man bis auf ewig beschmutzt.«
»Warum bist du an dem Tag, an dem Betül Selbstmord begangen hat, in die Türkei gekommen?«
»Es war kein Selbstmord.«
»Ich weiß.«
»Ich dachte, ich könnte sie überzeugen und sie würde vielleicht mit mir zurückgehen. Ich bin vor ihrem Geburtstag hergekommen. Sie hatte für den dritten Januar einen Abtreibungstermin vereinbart. Ich fühlte mich verletzt, aber ich wollte sie sehen. Ich wollte einen letzten Versuch wagen. Aber ich bin gescheitert. Dann hab ich mich entschieden, nach England zurückzukehren. Als ich von der Tat erfuhr, gab ich es auf und blieb hier. Den Rest kennt ihr.«
»Du hast deinen Onkel um Unterstützung für deine Rachepläne gebeten.«
»Ja. Und ich würde es wieder tun.«
»Ihr habt die Wohnung in Ulus geräumt. Wo bist du danach untergekommen? Im Burgviertel?«
»Ja. Dank meiner alten Freunde. Ich bin dort großgeworden. Die Leute sind nicht sehr politisch, aber sie sind sehr mutig. Sie würden nie jemanden an die Polizei verpfeifen.«
»Wußtest du, daß Vahap Hoca Betül sexuell genötigt hat?«
»Vahap Hoca? Vahap Sarı? Wie hat er sie genötigt?«
»Nicht so wichtig. Vergiß es.«
Dieses Mal hätte Gökhan um ein Haar die Scheibe zerschmettert.
»Nein. Ich will es wissen. Wie hat er sie genötigt?«
»Er hat sie in seinem Büro bedrängt. Betül hat den Vorfall heimlich auf Band aufgenommen, um Beweise zu haben.«
Aus dem Mundwinkel murmelte Gökhan: »Arschloch.« Eine Zeitlang blickte er, den Kopf in die Hand gestützt, an die Decke des Autos.
»Es gibt da eine Waffe, die von eurer Organisation beim Überfall auf einen Juwelierladen benutzt wurde«, brach Behzat Ç die Stille. »Danach habt ihr einem Polizisten damit ins Bein geschossen. Euer Mann ist bei dem Schußwechsel umgekommen.«
»Das ist vor fünf Jahren passiert. Eine bewaffnete Auseinandersetzung. Er war ein tapferer Genosse. Wurde mit fünfundfünfzig Schüssen ermordet. Außergerichtliche Hinrichtung.«
»Schau mal, das ist ein wichtiger Punkt. Wenn wir den Fall aufklären können, dann von diesem Punkt aus. War noch jemand in der Wohnung? Was ist mit der Waffe passiert?«
»Es war nur eine Person in der Wohnung. Von der Waffe weiß ich nichts. Fragt diejenigen, die das Überfallkommando organisiert haben!«
Behzat Ç schloß die Augen und massierte eine Weile seine Nasenwurzel. Er öffnete die Fensterscheibe. Er zog die kalte Luft in seine Lungen.
»Woher wußtest du, wer Betül ermordet hat? Wer hat es dir gesagt? Betül?«, fragte er rasch hintereinander.
Gökhan lächelte bitter.
»Dafür muß man kein Genie sein«, sagte er. »Wir sind hier in der Türkei. Wie viele Mordmotive gibt es denn? Lest ihr denn nicht einmal Zeitung? Betül wußte genau, von wem sie bedroht wurde. Eigentlich ist das auch der Grund, warum ich gekommen bin. Ich wollte sie schützen, aber ich habe versagt… Ich hab einfach nicht erwartet, daß sie so kaltblütig und hinterlistig vorgehen würden. ›Dies ist nicht unser Land, sondern das derjenigen, die uns umbringen wollen.‹ Diesen Satz hat Betül sehr oft gebraucht. Am Anfang fand ich das pathetisch, aber sie hatte recht. Und es sieht so aus, als ob es so bleiben würde. So lange es solche Versager wie mich gibt…«
»Haßt du dich?«
»Ja.«
»Ich mich auch«, sagte Behzat Ç. »Dann haben wir wenigstens eine Sache gemeinsam.« Er tippte dem Phantom auf die Schulter. »Gib mir die Waffe. Und einen Lappen aus dem Handschuhfach.«
Das Phantom reichte ihm die Waffe, mit der Hayrettin angeschossen worden war. Gökhan machte ein angespanntes Gesicht.
»Was wird das? Wollt ihr mich erschießen?«
Behzat Ç antwortete nicht. Er nahm das Magazin aus der Waffe, leerte es in seine Hand und steckte die Patronen in seine Tasche. Mit dem Lappen wischte er die Spuren von der Pistole. Er hielt sie am Griff, reichte sie Gökhan und sagte: »Geh.«
Gökhan starrte ihn erstaunt an. Behzat Ç beugte sich über ihn und öffnete die
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