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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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Autotür: »Geh!«
    »Warum laßt ihr mich laufen?«
    »Keine Fragen.«
    Gökhan stieg aus. Er tat zwei Schritte und wandte sich um. »Du hast das Magazin geleert, aber die Kugel im Lauf vergessen«, sagte er.
    »Hab ich nicht. Wenn sie dich erwischen, kannst du sie dir in den Kopf jagen. Falls sie nicht schneller schießen als du…«
    Gökhan hinterließ Fußspuren im Schnee. Er verlor sich im Gehölz der Forstfarm. Das Phantom drehte sich nach hinten. »Du hast ihn aufgrund seiner Glanzlederstiefel ausfindig gemacht, nicht wahr?«, fragte er.
    »Was?«
    »Er ist doch einmal in ein Kaufhaus gegangen und hat sich beim Rauskommen in der Menge versteckt. Da hast du die ganze Zeit auf die Füße geachtet, oder?«
    »Ja. Hab ich dir nicht gesagt, du sollst Halis Tokgöz aufspüren? Warum bist du mir nachgegangen?«
    »Ich hab ihn gefunden. Auf der Sakarya gibt es eine Kneipe, in der er immer sitzt. Er wird heute nacht dort sein.«
    »Gut. Ich geh ihn holen. Finde du die Ratte auf dem heißen Blechdach. Aber verhafte sie nicht, ohne mir Bescheid zu geben.«
    »Die Ratte auf dem heißen Blechdach?«
    »Genau. Bist du noch nicht dahintergekommen, wer das ist?«
    »Doch. Die Ratte auf dem heißen Blechdach ist durch das Fenster der Damentoilette auf die Terrasse gestiegen und hat die Seite, die sie aus Betüls Kladde gerissen hatte, in ihre Tasche gesteckt, damit es nach Selbstmord aussieht. Dann hat sie sie runtergestoßen. Bis hierhin ist alles klar. Nur, was hat die Waffe damit zu tun?«
    »Die Ratte auf dem heißen Blechdach hatte noch nie eine Waffe benutzt. Weil sie sich für besonders klug hält, hat sie den eigentlichen Plan durchkreuzt und ihren eigenen umgesetzt. Die Waffe ist ein Teil des ursprünglichen Plans, den die Ratte auf dem heißen Blechdach vereitelt hat.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hör zu…«

29
    Die frittierten Kartoffelscheiben kamen erst, als er schon sein halbes Bier ausgetrunken hatte. Die ersten Schlucke waren ihm sauer aufgestoßen und hatten ihn daran erinnert, daß er seit langem nichts mehr gegessen hatte. Halis Tokgöz saß mit seinen Kumpeln an einem Tisch weiter hinten. Wenn jemand neu dazukam, stießen sie einmal rechts und einmal links ihre Schädelbeine gegeneinander und prosteten sich danach mit ihren Bieren zu.
    Er schaute aus dem Fenster. Die Welt war von Rauhreif überzogen. Schneeflocken rieselten in Zeitlupe am Fenster vorbei wie die Wiederholung einer verpaßten Torchance, geräuschlos, schwerfällig, herzzerreißend. Im Gegensatz zu der stillen Welt vor dem Fenster herrschte in der überfüllten Kneipe ein geschäftiger Rummel. Er schaute sich die aneinandergedrängten Gäste an. Marmorgesichtige Männer, die erst nach dem zweiten Feierabendbier lächeln konnten. Er war über seinen toten Punkt hinweg; das Bier machte ihn wieder lebendig. Er lächelte zufrieden. Er war zwar mit seinen Kräften am Ende, aber er hatte verstanden, wie die Welt funktioniert. Während Halis Tokgöz sich am Bauch kratzte, kam Harun durch die Kneipentür. Er war nicht gerade begeistert, als er ihn sah, ließ sich aber nichts anmerken.
    »Was machst du denn hier?«
    »Das Phantom hat mir Bescheid gesagt. Ich bin da, falls du Hilfe brauchst.«
    Fünf Minuten lang sprachen sie kein Wort. Dann fielen sie sich in die Arme.
    »Es tut mir leid, Herr Vorgesetzter«, sagte Harun. »Ich hab sie ein für allemal abgeschrieben. Diesmal aber wirklich.«
    Behzat Ç bestellte ein Bier für Harun und erzählte ihm, wie die Ratte auf dem heißen Blechdach den ursprünglichen Plan durchkreuzt hatte. Harun stellte die gleiche Frage wie das Phantom: »Wie meinst du das?«
    »Hör zu… Diese Waffe, die der Organisation gehört und die wir auf der Toilette gefunden haben… Sie wurde bei der Operation beschlagnahmt, die Aybars geleitet hat. Sie haben sie aber nie als Beweismittel angegeben. Aybars hat die Waffe aufbewahrt. Er wollte sie einsetzen, um der Organisation irgendwann mal etwas anlasten zu können.«
    »Ach, komm!«, sagte Harun ungläubig.
    »Hast du noch nie von den Waffen gehört, deren Magazine leergeschossen wurden?«
    »Doch. Aber was hat das damit zu tun?«
    »Eine ganze Menge. Die Methode ist folgende: Du nimmst jemanden fest und findest bei ihm eine Waffe. Dann fährst du in die Pampa und schießt das ganze Magazin leer. Die Patronenhülsen sammelst du ein. Denn damit kannst du dem Verhafteten anhängen, was du willst. Du bringst sie zum Staatsanwalt und sagst, du hättest sie am Tatort gefunden.

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