Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
einen Schalldämpfer gehabt. Bist du eine terroristische Vereinigung, mein lieber Ramazan?«
Ramazan schickte sich an, »Aber ich b…« zu sagen, ließ aber davon ab, als er Haruns geballte Fäuste sah.
»Du hast auf der Toilette eine Waffe versteckt, und du hast Pillen versteckt. Du hast allen möglichen Dreck da versteckt und erzählst uns, der gehört nicht dir. Dann werfen sie ein Mädchen von der Terrasse deiner Bar und du erzählst uns, daß du nichts mitgekriegt hast. Daß nur du einen Schlüssel zum Lager hast, das Mädchen nie vorher gesehen hast, warum solltest du auch das arme Mädchen da runterwerfen? Was bist du nur für ein mieser Geschäftsmann, was ist das nur für eine miese Aussage.«
Mit der rhetorischen Frage »Sagst du auch die Wahrheit?« schloß Behzat Ç seine Ausführungen.
»Möge Gott mich strafen, wenn ich nicht die Wahrheit sage, Herr Kommissar.«
Harun guckte nach seinem Vorgesetzten, und als er grünes Licht bekam, sagte er: »Läßt sich arrangieren. Beim Verhör bei der Drogenfahndung werden sie dir den Arsch wundficken. Du wirst dich noch nach uns zurücksehnen.«
Schweißgebadet und nach Haruns letzter verbaler Beleidigung tief in seinem Stolz verletzt, verließ der liebe Ramazan das Vernehmungszimmer. Bisher hatte er mit Polizisten jeglicher Rangstufe ein leidlich gutes Auskommen gehabt. Drinnen hatte er ja nichts gesagt, aber bei der erstbesten Gelegenheit wollte er sich beschweren. Nachdem Cevdet ihn hinausbegleitet hatte, holte er Ayşen herein. Ayşen hatte immer noch vom Weinen geschwollene Augen und konnte kaum auf ihren Beinen stehen. Damit sie nicht ohnmächtig würde, setzte man sie umgehend auf einen Stuhl. Mit ihren Einsfünfundsechzig, fülliger Figur und riesigen braunen Augen ging sie als attraktives Mädchen durch, und wenn man etwas Wodka getrunken hätte, würde sie einem gar den Kopf verdrehen.
Als sie fragte, ob sie eine Zigarette bekommen könnte, holte Harun sofort ein Päckchen Marlboro Light aus seiner Tasche hervor. Obwohl er innerhalb von drei Tagen nur zwei geraucht hatte, trug er immer eine Schachtel bei sich. Für Behzat Ç war dies der seltsamste Charakterzug an Harun, daß er mit absonderlichem Genuß rauchen konnte, ohne nikotinabhängig zu werden.
Während Harun Ayşens Zigarette anzündete, fragte er in vollkommen ruhigem Tonfall: »Warum hast du Betül da runtergeworfen?«
Ayşen blieb der Rauch ihrer Zigarette im Hals stecken. Sie hustete und fing erneut an zu weinen. Harun war charmant wie eh und je, er zog ein Papiertaschentuch hervor und reichte es ihr.
4
Im Lokal Rumeli auf der Sakarya, das vierundzwanzig Stunden geöffnet ist, befand sich niemand, außer ein paar hartgesottenen Trinkern, die die Nacht durchgezecht hatten. Behzat Ç las die Aufschrift auf der Tür rückwärts: »EPPUS EHCSIRF SNEGROM«. Der Hilfskellner, ein Junge aus Diyarbakır, knallte die Tür zu, als wollte er sie zerschlagen. Die Aufschrift verschwand aus seinem Blickfeld. Er stellte seine Linsensuppe beiseite, statt weiter in ihr herumzurühren, damit sie abkühlte, und begann, die Zeilen der Zeitung rückwärts zu lesen. Das entging Harun nicht, er reichte die farbige Sportzeitung
Fotomatch
, die er vor sich ausgebreitet hatte, seinem Vorgesetzten und machte sich wieder an seine Suppe von Lammkopf und Haxe.
Kurz vor Dienstbeginn hatte sich Eda nur einen Tee bestellt. In das schmalhüftige Gläschen warf sie sechs Würfel Zucker und rührte, den staunenden Blicken ihrer Kollegen ausgesetzt, lange darin herum. Abgesehen davon, daß sie als Frau bei der Mordkommission arbeitete, war das vielleicht ihre seltsamste Eigenschaft. Bis vor zwei Jahren, also bis Eda bei ihnen anfing, hatte Behzat Ç noch nie mit einer Polizistin zusammengearbeitet.
»Warum tust du sechs Zuckerwürfel in deinen Tee?«, fragte er.
»Weil sieben über der Sättigungsgrenze liegen. Bei kleinen Gläsern bringt alles über sechs Würfel keinen Geschmackszugewinn mehr.«
»Weiter so, Mädchen!«, sagte Behzat Ç und blätterte in der
Fotomatch
herum. Auch nachdem im letzten Jahr Spannungen aufgetreten waren, hatte er ihr nur einen Satz gesagt: »Schuld daran sind unsere Hornochsen«, und das Thema damit abgehakt. Er legte die Zeitung wieder vor Haruns Nase.
»Keine einzige Zeile über die Gençler.«
»Was soll schon drinstehen«, konterte Harun, bis er den strengen Blick seines Vorgesetzten sah und seinen Witz zurücknahm.
Behzat Ç hatte nie ein Spiel der Gençlerbirliği verpaßt,
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