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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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bevor er ging. Wenn er die Kneipe verließ, wurden die Stühle auf die Tische gestellt und jeder trank aus, was er noch im Glas hatte. Es bedurfte nicht mehr der Ansage: So meine Herren, wir schließen.
    Hüseyin öffnete eine 0,7-Flasche Yeni Rakı und schenkte ein. Als er mit seinen blau geäderten Händen das Wasser dazugoß, nahm das Getränk eine milchige Farbe an.
    »Na dann auf dich, mein Wertvoller!«
    Die Gläser fanden auf gleicher Höhe zueinander und stießen lautlos zusammen.
    »Du guckst ja heute wie bestellt und nicht abgeholt…«
    Hüseyin merkte so etwas immer. Unaufdringlich, ohne in den Wunden herumzustochern, fragte er nach und erweckte den Wunsch, ihm zu erzählen. Seine Stimme flößte Vertrauen ein; seine Augen teilten seinem Gegenüber mit, daß auch er selbst vom Gang des Weltenrades gebeutelt war.
    »Du hast es richtig gemacht«, sagte Behzat Ç. »Du hast den Beruf gleich am Anfang an den Nagel gehängt.«
    »Nicht gleich am Anfang. Nach drei Jahren.«
    Sie waren auf der Akademie im gleichen Jahrgang gewesen. Drei Jahre hatte auch Hüseyin Polizeidienst verrichtet und war dann eines Tages ganz im Stillen ausgeschieden.
    »Paß auf«, sagte er, »wenn du willst, kann ich dir sagen: Du hast nur noch ein paar Jahre bis zum Ruhestand, halt doch das Bißchen noch durch. Falls du das hören willst. Aber es steht mir nicht zu. All diese Morde haben dich fertiggemacht. Du siehst viel älter aus, als du bist. So warst du früher nicht. Du warst auch damals streitsüchtig, das ja, aber immer ein fröhlicher Mensch. Soweit ich mich erinnern kann. Hab dich ja jahrelang nicht mehr lachen gesehen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Was weiß ich. Hier, unser Necep, der sucht einen Trainer, wenn du willst, sag ich ihm Bescheid. Das ist schließlich deine Mannschaft, da hast du selber gespielt. Meinst du, die finden einen besseren als dich?«
    »Ach, hör doch auf. Du willst mich nur foppen.«
    »Warum sollt’ ich dich denn foppen wollen, du hast doch einen Trainerschein. Hast du den nur zum Spaß gemacht?«
    »Nee, aber für die Zeit nach der Pensionierung.«
    »Für einen Vereinschef wie Necep bist du die erste Wahl, das sag ich dir. Er zahlt auch. Vielleicht nicht soviel, wie du jetzt verdienst. Die erste Amateurliga ist nicht mehr so ein Saftladen wie früher, die werden dich nicht mit einem Trikot und einem Paar Stollenschuhen abspeisen. Und das Wichtigste ist: Du kommst endlich mal auf andere Gedanken.«
    »Ich hab null Erfahrung.«
    »Erfahrung bekommst du mit der Zeit. Du sollst ja nicht Arsenal übernehmen. Das hier ist eine Amateurmannschaft, und wenn die so weitermachen, steigen sie in die zweite Amateurliga ab.«
    »Meinst du, ich krieg das hin?«
    »Klar kriegst du das hin. Vor deinen Freistößen ist doch jeder in Deckung gegangen.«
    Als Hüseyin aus heiterem Himmel losschrie: »Einer geht noch, einer geht noch rein«, richteten sich alle Blicke auf ihn. »Weißt du noch?«
    »Wie kann ich es vergessen?«
    »Du hättest sogar zu Şekerspor gehen können. Aber dann hast du den Ball links liegenlassen und angefangen, auf die Bürger einzutreten. Und dann auch noch geheiratet.«
    »Das war ein Fehler.«
    »Sag das nicht. Du hast sie doch aus Liebe geheiratet, hast ein Kind in die Welt gesetzt, bist ein treuer Ehemann und liebender Vater gewesen.«
    Behzat Ç lächelte verkrampft.
    »Laß dir das mal durch den Kopf gehen«, sagte Hüseyin. »Es hat keine Eile, aber Necep hat schon mal mit jemandem Gespräche geführt für die nächste Saison. Wenn du den Job willst, seh ich kein Hindernis, daß du ihn auch kriegst. Ihr werdet euch verstehen.«
    »Das wär ja mal was. Ich glaub, Tahsin will mir sowieso ein Bein stellen.«
    »Ach, die alte Schwuchtel! Der ändert sich nie. Ich kümmer mich mal kurz um die Köfte.«
    Hüseyin stand auf und ging hinter die Theke. Behzat Ç fühlte sich vom Rakı erfrischt und fand Spaß daran, das Angebot im Kopf abzuwägen.
Ob ich das hinkriege? Das ist etwas anderes als auf der Tribüne oder vorm Fernseher zuzuschauen. Ich müßte mir die Techniken nochmal angucken
. Sofort entwarf er im Kopf einen Mannschaftsaufbau. Powerplay, Raumdeckung, ein bewegliches, junges Team, das auch mal hart rangehen konnte. Dann müßte er wohl auch die 216 aufgeben. Oder zumindest den Konsum drastisch verringern. Mit einer Kippe im Mund konnte man schlecht auf den Rasen. Er nahm einen tiefen, aber bereits distanzierten Zug von seinem alten Freund, als müßte er schon morgen mit dem

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