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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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ab, er war sauber. Er steckte seine Waffe wieder ein, packte den Mann am Nacken und riß ihn hoch. Dem Kerzenschein folgend, zerrte er ihn zur Theke.
    »Ich bin’s doch, verdammt!«
    Er knallte den Mann gegen die Theke und drehte sein Gesicht zu sich.
    »Gottverdammte Scheiße, lieber Ramazan. Was suchst du denn hier?«
    Ramazan hielt sich stöhnend die Seite und keuchte: »In der anderen Bar war der Whisky alle. Ich wollte welchen aus dem Lager holen.«
    »Warum bist du hier reingekommen? Du hättest ihn aus dem Lager holen und wieder gehen können.«
    Der liebe Ramazan stotterte und strich sich über den Bart.
    »Es gab keinen mehr im Lager. Da wollte ich ihn von der Bar holen.«
    »Na, dann hol ihn.«
    Der liebe Ramazan trat durch die texanische Schwingtür in der Thekenmitte und nahm aus dem gläsernen Regal eine Flasche Jack Daniels. Er schielte durch die Gegend, als würde er gerade mit Mühe ausnüchtern. Von seinen Lippen perlten Worte wie: »Was machen… Herr Hauptkommissar…«
    »Was ich hier mache?«
    »Ähhh… Ja.«
    »Was geht dich das an, lieber Ramazan? Ich bin ermittelnder Beamter. Als wär es nicht schon genug, daß ihr das Mädchen da runtergeworfen habt, stellst du jetzt auch noch Fragen.«
    »Aber, ich bitte Sie.«
    »Sag nicht: ›Ich bitte Sie‹, sonst werd ich wütend. Komm mal her zu mir.«
    Der liebe Ramazan stützte sich auf dem Tresen ab und beugte sich zu Behzat Ç vor.
    »Hast du dich über uns beschwert?«
    »Aber nein, Herr Hauptkommissar, beschwert ganz sicher nicht.«
    »Halt’s Maul! Lüg nicht rum! Was machen diese Kerzen hier?«
    »Keine Ahnung. Ich hab meine Angestellten mal hergeschickt. Die haben bestimmt hier gesessen und Party gemacht, die Taugenichtse.«
    »Du schickst also Leute in ein versiegeltes Objekt! Wart nur, ich weiß schon, was ich mit dir machen werde.«
    »Nein, Herr Hauptkommissar, ich hab sie nur ins Lager geschickt, weil wir drüben keine Getränke mehr hatten. Kommen Sie doch heute abend zu mir und seien Sie mein Gast. Mein anderer Laden ist nicht so laut wie der hier. Da machen wir Livemusik. Reine türkische Klassik.«
    »Nein, danke. Los, wir gehen.«
    Der liebe Ramazan ging voran ins Getränkelager, Behzat Ç schaute sich die liegend gelagerten Weinflaschen und die Schnapsflaschen im Regal an.
    »Na, hier gibt es doch noch Whisky.«
    Der liebe Ramazan hob die Flasche Jack Daniels in seiner Hand hoch.
    »Aber nicht diesen.«
    Behzat Ç zeigte auf den Jack Daniels im Regal.
    »Und was ist das?«
    »Aber nicht in der Größe, Herr Hauptkommissar. Ich brauche eine Literflasche.«
    »Hau bloß ab, so’nen Lügner wie dich hab ich ja noch nie gesehen.«
    »Sie sind aber sehr vorschnell im Verdächtigen, Herr Hauptkommissar.«
    »Reiß dich zusammen, sonst brech ich dir den Kiefer.«
    Der liebe Ramazan schloß die Tür zum Getränkelager ab. Behzat Ç konnte sich erst auf der Terrasse ein wenig entspannen, als er die kalte, trockene Luft in seine teergeschwärzte Lunge zog.

19
    Der Kneipenwirt Hüseyin sah genauso aus wie seine Kneipe. Ein Gesicht wie eine alte, aber gepflegte Bruchbude, ein stiller, würdevoller Mann, ein vertrauter, erfahrener Bruder. Behzat Ç zog den Kopf ein, um durch die niedrige Tür zu kommen, und rief ihm zu: »Mach schon mal eine auf! Heute killen wir deinen Rakı.«
    Aus den Reihen der erschöpften Trinker, die ihre Ellenbogen auf die blumengemusterten Plastiktischdecken gestützt hatten, stiegen heisere Bemerkungen auf, allesamt Variationen über das Thema: Läßt du dich auch mal hier blicken? Er kannte vielleicht zehn von den elf Leuten, die in der Kneipe saßen, eine in Anisgeruch gehüllte Kundschaft, die sich nie änderte, solange nicht jemandem etwas zustieß.
    Die Kleine Kneipe war früher eine Teestube gewesen und lag im Souterrain. Von den beiden Fenstertischen aus konnte man die Füße der Passanten auf der Sakarya betrachten. Bahri vom Nebentisch grüßte ihn mit einem leichten Kopfnicken. Er hatte sein übriggebliebenes Haar von hinten über die Glatze gekämmt und seine Saz an den Tisch gelehnt. An diesem Tisch schlug er jede Nacht kurz vor zwölf mit einem Plektrum aus Kirschbaumrinde gegen die Saiten seiner alten Saz und sang dazu immer die gleichen Lieder. Nicht, weil er etwa dafür engagiert worden wäre, sondern nur, um die Gemüter zu erfreuen, wenn der Rakı seinem eigenen Schwingen aufsetzte. Er akzeptierte weder Rabatt auf seine Getränke noch ließ er anschreiben und zahlte jeden Abend seine Rechnung,

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